# taz.de -- Tour de France: Slapstick-Nummer am Straßengraben | |
> Ein Zuschauer sorgt mit einer Nagelattacke für viele Platten und große | |
> Aufregung. 30 Fahrer mussten mit einem Platten kämpfen, einige landeten | |
> im Straßengraben. | |
Bild: Cadel Evans stand über eine Minute hilflos mit seinem Rad am Straßenran… | |
SAMATAN taz | Gesprächsthema das Tages waren bei der Tour de France nicht | |
die gemästeten Gänse, die auf dem traditionellen Wochenmarkt im Startort | |
Samatan in Käfigen steckend den Besuchern beim Verzehr von dicken Scheiben | |
der regionalen Leibspeise Foie gras zusahen und dabei gleich eine Ahnung | |
von ihrem Ende bekommen konnten, sondern die Teppichnägel. Eine ganze | |
Handvoll solcher spitzen Metallstifte hatte ein „völliger Blödmann“, wie | |
ASO-Marketingchef Philippe Sudres gegenüber der taz meinte, am Sonntag auf | |
dem Gipfel zur Mur de Peguere ausgestreut. „30 Fahrer hatten einen Platten. | |
Wir konnten das Rennen nicht neutralisieren. Es ging alles so schnell“, | |
erklärte Renndirektor Jean-François Pecheux die Situation. | |
Erster Leidtragender war die Nummer 1. Titelverteidiger Cadel Evans stand | |
über eine Minute hilflos mit seinem Rad am Straßenrand, bevor ihn ein | |
Teamauto erreichte. In dem steckte zu allem Unglück nicht einmal ein | |
Mechaniker. Teamchef Jim Ochowicz stürzte bei der Hilfeleistung gleich | |
zweimal in den Straßengraben. | |
Diese Slapsticknummer wurde Evans aber nicht zum Verhängnis. Auch zwei | |
weitere Platten kurz danach vereitelten seine Podiumshoffnungen nicht | |
vollständig. Weil es vielen anderen seiner Berufskollegen ähnlich erging, | |
übernahm Bradley Wiggins kurz entschlossen das Kommando und verlangsamte | |
die Fahrt des Pelotons. „Man hat ja gesehen, dass etwas nicht stimmte. Das | |
war keine sportliche Situation mehr“, sagte der Brite. | |
Am Tag danach gestikulierten Mechaniker beim Nacherzählen mit den Händen, | |
wie sie Laufräder aus dem Auto gereicht und eingebaut hatten, nur um es | |
kurz darauf zu ersetzen. „Wir hatten zehn Ausfälle, die fünf Fahrer | |
betrafen. Cadel gleich dreimal“, berichtete BMC-Chef Jim Ochowicz der taz. | |
Der Amerikaner konnte wieder gelassen von seinen Erlebnissen am Straßenrand | |
berichten: „Ich habe so einen Radwechsel zum ersten Mal beim Rennen | |
versucht. Da kann so etwas passieren. Wir waren alle aufgeregt.“ | |
Entspannter war die Stimmung bei Lotto. „Bei uns hat es nur einen Fahrer | |
erwischt. Unser Materialwagen war gleich zur Stelle. Alles kein Problem“, | |
sagte der sportliche Leiter, Henrik Redant, und verwies lachend auf den Bus | |
von BMC. | |
Den Humor verloren hatte auch Marcel Sieberg nicht. Der „Greipel aus dem | |
Wind“-Fahrer hatte die Nägel nicht einmal gesehen. „Die müssen wohl die | |
anderen vor mir aufgesammelt haben“, meinte er. Als solch ein | |
Teppichnagelsammler entpuppte sich ein Teamfahrzeug von Sky. Gleich zwölf | |
Nägel steckte in einem Reifen eines Materialwagens. „Das ist sehr | |
gefährlich in der Abfahrt“, meinte der Mechaniker und hatte wie alle kein | |
Verständnis für den Anschlag. Zum Glück passiert dies eher selten. Zu | |
Beginn der Tour, im Jahr 1904, hatte dies schon einmal ein Zuschauer | |
versucht. Weil damals keine technische Hilfe für die Fahrer erlaubt war, | |
musste der damalige Sieger die letzten 40 km auf Platten zurücklegen, | |
blätterte die L’Équipe in den Annalen. Es gibt doch Fortschritte zu | |
vermelden. | |
17 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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