# taz.de -- Probleme für Lance Armstrong: Kein verdienter Radsport-Feierabend | |
> Die US-Antidopingbehörde eröffnet ein Verfahren gegen den Ex-Toursieger | |
> Lance Armstrong. Die Mühlen der Gerechtigkeit mahlen langsam. Immerhin | |
> mahlen sie. | |
Bild: Doch noch erwischt – Lance Armstrong steht unter Dopingverdacht. | |
Die gesamten 12 Jahre ihrer Existenz hat es die nationale Antidopingbehörde | |
der USA, die USADA, nicht für notwendig befunden, den zahlreichen | |
Verdachtsmomenten gegen den prominentesten Radsportler der letzten zwei | |
Dekaden nachzugehen. | |
Jetzt, da Lance Armstrong dem 41. Lebensjahr entgegengeht, über ein Jahr | |
lang nicht mehr im Zirkus des Profiradsports aufgetreten ist und nur noch | |
bei den Halbmarathons im Triathlon die dortige Szene ein wenig das Fürchten | |
lehrt, besinnt sich die USADA tatsächlich ihrer Aufgaben. | |
Am Dienstag sandte sie Armstrong und fünf seiner Betreuer, darunter der | |
jetzige Radioshack-Teamchef Johan Bruyneel und der berüchtigte italienische | |
Präparator Michele Ferrari, die Nachricht mit der drohenden Anklageerhebung | |
zu. Sie wirft dem Sextett laut Washington Post vor, „von 1998 bis 2007 ein | |
Dopingnetzwerk betrieben zu haben“. | |
Sie stützt sich dabei auf „Zeugenaussagen aus erster Hand von zahlreichen | |
Fahrern“, die besagen sollen, dass Armstrong nicht nur verschiedene | |
Dopingpräparate wie EPO und Testosteron sowie Maskierungsmittel gebrauchte, | |
sondern sie auch an andere Profis verteilte. Insgesamt zehn frühere | |
Kollegen von Armstrong hatten in dem von der US- Staatsanwaltschaft | |
betriebenen und vor vier Monaten überraschend eigestellten | |
Ermittlungsverfahren gegen den Rennstall US Postal Vorwürfe gegen Armstromg | |
erhoben und eigenes Doping unter Anleitung des Texaners zugegeben. | |
Die bekanntesten unter ihnen sind der – nachträglich sanktionierte – | |
Toursieger von 2006, Floyd Landis, und der Olympiasieger im Zeitfahren von | |
2004, Tyler Hamilton. Sie hatten in drastischen Worten das Doping mit und | |
unter Armstrong in den Jahren bis 2004 geschildert. Das aktuelle Schreiben | |
der USADA führte auch Hinweise auf Blutmanipulationen in Dopingproben von | |
Armstrong aus den Jahren 2009 und 2010 an. Zudem soll er bereits vor 1996 | |
das ebenfalls verbotene Wachstumshormon genutzt haben. Damit steht die | |
gesamte Karriere des Texaners unter offiziellem Dopingverdacht. | |
## Alle sieben Tour-Siege gefärdet | |
Die Washington Post spekulierte, dass er damit alle seine sieben Tour de | |
France-Siege aberkannt bekommen könnte. Mit sofortiger Wirkung ist ihm die | |
Teilnahme an Sportwettkämpfen untersagt. Unter dieses Verbot fällt auch der | |
von Armstrong geplante Start bei seinem ersten Triathlon über die volle | |
Ironman-Distanz am 24. Juni in Nizza. | |
Armstrong wehrte sich mit durchsichtigen Argumenten gegen die Vorwürfe. In | |
einem Statement verwies er auf über 500 negative Dopingproben und versuchte | |
die Zeugen als ehemalige Doper zu diskreditieren. Der USADA warf er | |
„Rachsucht und Mangel an Fairness“ vor. Er vergaß freilich zu erwähnen, | |
dass das Pariser Antidopinglabor bei Nachtests EPO-Spuren in seinen | |
Dopingproben aus dem Jahre 1999 gefunden hatte. Im letzten Jahr bezeichnete | |
auch der Leiter des Labors aus Lausanne, Martial Saugy, eine | |
Armstrong-Probe von 2001 als „sehr verdächtig“. Saugy bekannte freilich, | |
dass diese Probe für Nachtests nicht mehr verfügbar sei. | |
Die USADA wies Armstrongs Anschuldigungen, aus niederen Motiven zu handeln, | |
zurück. „Wir machen unsere Arbeit nicht aufgrund von Druck von außen, | |
Bedrohung oder anderen Gründen. USADA eröffnet ein Verfahren nur auf der | |
Basis von Beweisen“, ließ USADA-Chef Travis Tygart in einem Statement am | |
Donnerstag verbreiten. Tygart hatte nach der überraschenden Einstellung des | |
Verfahrens der Strafjustiz gegen US Postal wegen des vermuteten Einsatz von | |
Steuergeldern für Dopingzwecke ein eigenes Verfahren in den Raum gestellt. | |
Diese Ankündigung war angesichts der früheren Passivität der Behörde aber | |
allgemein als Teil eines Rückzugsgefechts gewertet worden. Offenbar hatten | |
Tygart aber die dort gefundenen Beweismittel überzeugt. Er war, wie | |
Armstrongs Anwälte verbreiteten, auch mehrfach bei Vernehmungen von | |
früherer Radprofis anwesend. | |
Es ist gut möglich, dass sich ein finsteres Kapitel Radsportgeschichte nun | |
doch noch klärt. Ob damit Gerechtigkeit einkehrt, ist angesichts der Liste | |
der möglicherweise nachrückenden Zweiten allerdings fraglich. Alex Zuelle | |
(1999), Jan Ullrich (2000, 2001 und 2003) und Ivan Basso (2005) wurden | |
wegen Dopings sanktioniert. Gegen Joseba Beloki (2002) liegen Indizien im | |
Verfahren um den Dopingarzt Eufemiano Fuentes vor und Andreas Klöden (2004) | |
wurde im Freiburger Dopingsskandel belastet. Aber dieser Aspekt sollte im | |
nun neu aufgelegten Armstrong-Verfahren keine Rolle spielen. | |
14 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
## TAGS | |
Lance Armstrong | |
Radsport | |
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