# taz.de -- Sprinteretappe auf der Tour de France: Cavendish kann’s auch ohne… | |
> Mark Cavendish siegt vor André Greipel. Der Brite gewinnt die erste | |
> Sprinteretappe, obwohl sein Team in diesem Jahr kaum für ihn arbeitet und | |
> die Konkurrenz stärker geworden ist. | |
Bild: Auf der Suche nach einem Bildausschnitt des britischen Radrennfahres Mark… | |
TOURNAI taz | Als Solist, im Stile eines Keirin-Sprinters, surfte der | |
Weltmeister im Finale der ersten Sprinteretappe der Tour de France 2012 | |
durch die vorderen Reihen des Feldes, setzte sich am Hinterrad seines | |
ärgsten Rivalen André Greipel fest und nahm dem Rostocker schließlich die | |
entscheidenden Zentimeter ab, die zum Sieg reichten. | |
Damit brachte der freche Brite all die Unken zum Verstummen, die ihm | |
Schwierigkeiten prophezeit hatten. „In diesem Jahr wird es eng für | |
Cavendish, denn er hat seinen gewohnten Zug nicht zur Verfügung. Die | |
Mannschaft von Sky kümmert sich ja in erster Linie um Wiggins und das | |
Projekt gelb“, hatte Sprinteroldie Oscar Freire der taz gegenüber gehofft. | |
Rolf Aldag, ehemaliger sportlicher Leiter von Cavendish, meinte: | |
„Erfahrungsgemäß kommt Mark schwer in die Tour rein. Bei der ersten Etappe | |
kann André Greipel sich Hoffnungen machen.“ Nichts war’s mit den | |
Hoffnungen. Greipels Lotto-Express setzte sich zwar an die Spitze des | |
Pelotons und nahm damit jene Position ein, die im vergangenen Jahr noch die | |
Mannen um Cavendish besetzt hielten. | |
„Aber Mark ist so schlau. Er trifft oft die richtigen Entscheidungen, was | |
seine Position im Feld angeht. Auch jetzt hat er wieder alles richtig | |
gemacht“, lobte ihn sein Teamchef Dave Brailsford. Cavendish selbst zeigte | |
sich bei der Pressekonferenz unbeeindruckt von der Aufgabenteilung bei Sky. | |
„Ich bin stolz, in einer Mannschaft mitzufahren, die um den Gesamtsieg in | |
Paris kämpft. Ich wusste ja, worauf ich mich einlasse.“ | |
## Selbstbewusster Spitzbube | |
Spitzbübisch setzte er noch einen drauf: „Ich bin ja am liebsten allein. Im | |
Finale habe ich Bernard Eisel und Edvald Boasson Hagen noch weggeschickt. | |
Zwei Leute sind nicht so gut wie ein Zug. Ich wollte lieber selber meinen | |
Weg finden. Schließlich bin ich es, ich allein, der entscheidet, welcher | |
Platz für mich der richtige ist.“ Deutlicher kann man Selbstbewusstsein | |
nicht kundtun. | |
Greipel, der konventionelle Powermann von der Ostsee, war stinksauer. | |
„Natürlich bin ich enttäuscht. Aber ich kann ja niemandem verbieten, an | |
meinem Hinterrad zu sein“, knurrte er. Noch geknickter als Greipel war | |
Marcel Kittel. Der blonde Coverboy aus Arnstadt hatte sich so viel für | |
seine Tourpremiere vorgenommen. | |
Kittel jedoch zockelte am Ende des Feldes ins Ziel. Ein Magen-Darm-Virus | |
hatte ihn erwischt. „Wir haben gesehen, dass es ihm schlecht geht, und | |
entschieden, dass er sich schonen soll. Aber ärgerlich ist das schon. Wenn | |
sein Anfahrer Veelers auf Platz vier fährt, dann hätte Kittel die Etappe | |
gewinnen können“, meinte ein Betreuer. | |
## Knabbern an der Enttäuschung | |
Während Kittel darauf warten muss, dass sich sein Körper wieder erholt und | |
Greipel an der Enttäuschung knabbert, dass auch ein perfekter Zug keinen | |
Sieg garantiert, bleibt als einziger Kandidat, der es an Gewitztheit und | |
Geschwindigkeit mit King Mark aufzunehmen weiß, nur der Slowake Peter Sagan | |
übrig. | |
Der Liquigas-Fahrer düpierte bereits Fabian Cancellara bei der | |
Klassikeretappe nach Seraing. Sagan braucht ebenfalls keinen vorbereitenden | |
Zug. Zu viel Fürsorge ist ihm lästig. Lieber setzt er sich über | |
Teamabsprachen hinweg, wenn die seinen Siegesabsichten im Wege stehen. | |
Liquigas-Kapitän Vincenzo Nibali könnte eine Broschüre mit den | |
Eigenmächtigkeiten seines Kollegen füllen. | |
Aber es ist genau diese Mischung aus Siegeswille, Unbekümmertheit und | |
Intuition, die Sagan neben der notwendigen Schnelligkeit so gefährlich für | |
Cavendish macht und dem Publikum bei den Flachetappen bis Freitag mehr | |
Aufregung spendiert. Cavendish ist der König der schnellen Männer. Aber er | |
kann sich seines Throns weniger sicher sein als noch im letzten Jahr. Für | |
den Sport ist das prima. | |
4 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
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