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# taz.de -- Giro d'Italia 2012: Die großen Pedaleure fehlen
> Der Giro d'Italia ist internationaler denn je. Auf Weltklassefahrer
> müssen die Veranstalter aber dieses Mal verzichten. Touraspiranten zieht
> es eher nach Kalifornien.
Bild: Er ist der erste Kanadier im Rosa Trikot des Gesamtführenden beim Giro �…
LAGO LACENO taz | Lange Zeit als Italiener-internes Rennen gescholten, hat
sich der Giro d’Italia in den letzten Jahren beträchtlich
internationalisiert. Die aktuelle Ausgabe dominierten die Ausländer mit
sechs von acht Etappensiegen und sieben Tagen im Rosa Trikot sogar. Pech
nur, dass es sich bei den Triumphatoren kaum um große Vertreter des
internationalen Radsports handelte.
Schien die Italienrundfahrt in den letzten Jahren mit spektakulären Etappen
und einigen Stars im Peloton den Abstand zum Branchenführer Tour de France
verkürzen zu können, so kehrt sich diese Tendenz jetzt wieder um. Italiener
lieben Landkarten als Belege für Bedeutung. Schon den Imperatoren des alten
Rom gefiel diese geografische Machtgeste.
Als am Samstag mit Ryder Hesjedal der erste Kanadier überhaupt das Rosa
Trikot des Gesamtführenden überstreifen konnte, publizierte die zum
Imperium des Rennorganisators RCS gehörende Gazzetta dello Sport eine
Weltkarte der Rosa-Träger. Bis auf Südamerika waren alle Kontinente
vertreten.
Neu hinzu kam in diesem Jahr dank Ramunas Navardauskas und dem Zeitfahrsieg
von dessen Team Garmin Barracuda noch Litauen. Zuvor feierte die junge
Radsportnation USA mit Taylor Phinney ihren dritten Rosa-Mann (nach
Hampsten 1988 und Vandevelde 2008).
## Profiproletariat
Auch bei den Etappensiegern ging es mit Phinney, dem Briten Cavendish, dem
Australier Goss, dem Kolumbianer Rubiano sowie dem US- Team Garmin sehr
international zu. Bis auf Cavendish, den bislang 32fachen Etappensieger bei
großen Rundfahrten, und Goss, 2011 immerhin Sieger von Mailand–Sanremo,
gehören diese Männer aber zum Profiproletariat und dürften ihre Erfolge
beim Giro einer späteren Nachkommenschaft als Karriere-Highlights
präsentieren.
Bei den Anwärtern auf den Gesamtsieg ist die Lage ähnlich. Das einzige
größere Kaliber Fränk Schleck ist eben nur der weniger talentiertere Bruder
des blonden Herzensbrechers Andy. Weil die einheimischen Favoriten Ivan
Basso und Michele Scarponi aus einem Formtief kommen, hat der aus dem
Urlaub heraus zum Giro nominierte Luxemburger sogar gute Aussichten auf
einen Mitnahmeerfolg bei einer modifizierten Tourvorbereitung.
Er profitiert davon, dass viele Rundfahrtcracks nach den letztjährigen
schlechten Erfahrungen Alberto Contadors – auf den nachträglich aberkannten
Giro-Sieg folgte ein nachträglich ebenso gestrichener 5. Platz in
Frankreich – auf einen Doppelstart verzichten. Dass diesem Herdentrieb
nicht unbedingt eine kluge Beurteilung zugrunde liegt, deutete der
Doppelgewinner von 1987 – und zusätzlich noch Weltmeister in jenem Jahr –,
Stephen Roche, an.
„Man kann das Double schaffen, wenn man die Vorbereitung gut plant. Man
muss dann auf die nationalen Meisterschaften und auf die Tour de Suisse,
die zwischen beiden großen Rundfahrten liegen, verzichten. Als Vorteil kann
sich herausstellen, dass man nach einem Giro-Sieg mit viel weniger Druck
zur Tour kommt“, wurde der Ire bei cyclingnews zitiert.
## Wichtiger Radsportmarkt USA
Doch Roche ist ein einsamer Rufer in der Wüste. Touraspiranten, die
Wettkampfspannung suchen, ziehen die parallel stattfindende
Kalifornienrundfahrt vor. Hollands Jungstar Robert Gesink gehört zu ihnen,
fast der komplette Tourkader des Ciolek-Rennstalls Omega Pharma (u. a. mit
Leipheimer, Boonen und Velits), dazu noch der nominelle Kapitän des neuen
australischen Superrennstalls Orica-Greenedge, Cameron Meyer.
Und selbst Italiens größte Rundfahrthoffnung, Vincenzo Nibali, präferiert
die Pazifikküste. Auch viele Rennstallchefs sind lieber bei der
Parallelveranstaltung auf dem wichtigen Radsportmarkt USA.
Bei RadioShack-Boss Johan Bruyneel kam als Grund für den Aufenthalt in
Amerika noch hinzu, dass ihn – laut Informationen des Branchendiensts
velonation – die US-Antidopingagentur Usada mit einer Subpoena, einer
Vorladung mit Strafandrohung, in einer neuerlichen Ermittlung in Sachen
Doping & Armstrong belegte.
Armstrong deutete in einem Interview sogar an, er werde mit einer
Aberkennung seines letzten Toursiegs leben können. Die Abwesenheit dieses
Teils der Radsportprominenz erweist sich für die italienischen Veranstalter
nun sogar von Vorteil. Es ist aber nur ein Vorteil sekundärer Art.
15 May 2012
## AUTOREN
Tom Mustroph
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