# taz.de -- Lustloser Radfahrer Fränk Schleck: „Schmerzen gehören zum Job d… | |
> Fränk Schleck will nicht mehr durch Italien radeln und verlässt den Giro. | |
> In seinem team Radioshack Nissan ist ein Machtkampf ausgebrochen. | |
Bild: Schlechtes Klima auch im eigenen Team: Fränk Schleck macht beim Giro d'I… | |
PIAN DEI RESINELLI taz | Fränk Schleck hat keine Lust mehr auf Italien. Zu | |
viel Regen prasselt hier momentan herunter. Der Fiskus treibt die Steuern | |
ein, so dass eine Emigrationswelle nach Monaco, San Marino und – warum | |
nicht? – auch Luxemburg droht. Außerdem bebte die Erde. Und so ganz passte | |
der Giro d’Italia sowieso nicht in die Tourvorbereitung des älteren | |
Schleck-Bruders. | |
Also verließ der vermeintliche Anwärter aufs rosa Trikot das bunte Peloton | |
der Italienrundfahrt, bevor die ersten echten Berge kamen. So dürr die | |
Nachricht war, mit der sein Team Radioshack Nissan den Ausstieg nach 28 | |
Kilometern der 15. Etappe des Giro verkündete, so lang waren die Gesichter | |
bei den Teamchefs. | |
Johan Bruyneel war extra aus den USA herübergejettet, um die aufkeimenden | |
Abreisegelüste des Luxemburgers zu ersticken. Bruder Andy hatte am | |
Wochenende in Luxemburg mit Bemerkungen über eine baldige Heimkehr seines | |
Bruders dafür gesorgt. Die Arbeitgeber waren davon freilich alles andere | |
als begeistert. | |
„Fränk Schleck ist hergekommen, um als unser Kapitän ein gutes Resultat | |
beim Giro d’Italia zu erzielen. Er ist ein wenig eingeschränkt durch einen | |
Sturz, das stimmt. Aber er ist gut genug für einen Podiumsplatz in Mailand. | |
Und das streben wir auch an“, sagte Teammanager Johan Bruyneel der taz vor | |
dem Start zur besagten 15. Etappe. | |
## Schlachtplan für die Nummer eins | |
Auf die Schulterverletzung angesprochen, die Schleck sich bei einem Sturz | |
auf der 11. Etappe zugezogen hatte – und die später als Begründung für die | |
Heimreise angegeben wurde –, meinte Bruyneel nur: „Schmerzen gehören zu dem | |
Job dazu.“ | |
Auch Kim Anderson, zweiter sportlicher Leiter von Radioshack und der | |
eigentliche Vertraute der Schlecks in der Teamleitung, ging von einer guten | |
Performance seines Schützlings in der dritten Rundfahrtwoche bei den | |
schweren Alpenetappen aus. | |
Als er auf der Kühlerhaube seines Wagens den Etappenplan ausbreitete und | |
studierte, tat er dies nicht in der Absicht, den besten Parkplatz zur | |
Aufnahme seines aufgebenden Rennfahrers auszubaldowern. Vielmehr legte er | |
sich einen Schlachtplan für seine Nummer eins zurecht. Doch der ist nun | |
Makulatur. | |
Ebenso die Absicht, beim Giro der bislang enttäuschenden Saison einen | |
anderen Akzent zu verleihen. In der Gesamtwertung ist der Belgier Jan | |
Bakelants mit über 18 Minuten Rückstand auf den führenden Spanier Joaguin | |
Rodriguez noch der beste. Er liegt auf Rang 37. | |
## Real Madrid des Radsports | |
„Wir hatten in dieser Saison bislang wenig Erfolge. Ein Team wie das unsere | |
braucht Resultate“, machte Bruyneel auf eigene Unzufriedenheit und den | |
zunehmenden Druck von Sponsoren aufmerksam. | |
Flavio Becca, Luxemburger Finanzier des Leopard-Rennstalls mit den | |
Schlecks, Zeitfahr-Dominator Fabian Cancellara und Routinier Jens Voigt, | |
hatte diesen in der vergangenen Saison wegen überraschender Erfolglosigkeit | |
mit Bruyneels Radioshack-Truppe zu einer Art Real Madrid des Radsports | |
fusionieren lassen. | |
Nun droht hier eine Wiederholung der Vorjahresgeschichte. Weil die Brüder | |
Schleck für eigenmächtige Entscheidungen bekannt sind – bereits 2010 | |
verließ Andy auf eigenen Entschluss und zur übergroßen Frustration vom | |
damaligen Teamchef Bjarne Riis die Spanienrundfahrt –, gelten die | |
Luxemburger inzwischen als unsichere Kantonisten im Geschäft. | |
## Der Weg für Basso ist frei | |
„Keinen Vergleich gäbe es zwischen den Brüdern Schleck und Alberto | |
Contador“, zitierte süffisant die Gazzetta dello Sport Bruyneel. Das rosa | |
Sportblatt sieht das Superteam nun vor einer Spaltung und prognostiziert, | |
dass Fränk Schleck womöglich auch nicht für die Tour de France nominiert | |
werde. Der Machtkampf bei Radioshack ist ausgebrochen. | |
Ins Fäustchen lachen darf sich die Gegnerschaft. Beim Giro ist nun der Weg | |
endgültig frei für den zweimaligen Rundfahrtsieger Ivan Basso. Nur die | |
Giro-Organisatoren selbst dürften etwas traurig sein. Denn mit Fränk | |
Schleck hat sich ein Schlagzeilengenerator – im Guten wie im Schlechten – | |
von der Rundfahrt absentiert. Der Arbeitskampf Schleck vs. Radioshack | |
verläuft nun erst einmal abseits der Rennstrecken. | |
21 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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