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# taz.de -- Tyler Hamilton vs. Lance Armstrong: Showdown im Cache Cache
> Lance Armstrong inszeniert sich immer noch als Unschuldsengel. In einer
> Bar in Colorado trifft er auf seinen früheren Kollegen Tyler Hamilton –
> und droht ihm "die Hölle" an.
Bild: In Aspen sind die Preise hoch. Die Berge auch.
BERLIN taz | Tyler Hamilton hat Hausverbot im Cache Cache. Der ehemalige
Radprofi soll bei seinem letzten Besuch in dem französischen Restaurant in
Aspen (Colorado) zu wenig Trinkgeld gegeben haben.
So hat es Jodi Larner, die Wirtin des Lokals, in dem die reichen Stammgäste
gerne einmal mehr als 1.000 US-Dollar für eine Flasche Wein bezahlen, in
der man aber auch ein Glas Riesling von der Mosel für 8 US-Dollar kaufen
kann, der Lokalzeitung Aspen Times erzählt.
Einer der Stammgäste ist Lance Armstrong. Auch er ist ein ehemaliger
Radprofi. Er war am selben Tag wie Hamilton im Cache Cache und soll diesen
verbal bedroht haben. Nun streiten sich die Anwälte der beiden Radler
darüber, ob es in Aspen an jenem Abend zu einem Streit gekommen ist oder
nicht. Auch das FBI ermittelt und hat von der Wirtin die Aufzeichnungen
einer Überwachungskamera angefordert. Das Hausverbot, so meint die Wirtin,
die von sich sagt, sie sei eine Freundin von Armstrong, habe nichts mit der
Begegnung der zwei ehemaligen Sportler zu tun.
## Hamilton: "Ich sah Epo in seinem Kühlschrank"
Armstrong und Hamilton sind einmal im selben Team gefahren. Von 1999 bis
2001 war das. Hamilton, der mehrfach des Dopings überführt worden ist, hat
jüngst in einem Fernsehinterview des US-Senders CBS über die
Dopingpraktiken in jenem gemeinsamen Team US Postal gesprochen und mehr als
nur angedeutet, dass auch Armstrong gedopt hat: "Ich sah Epo in seinem
Kühlschrank. Ich sah mehr als einmal, wie er es sich gespritzt hat."
Das war drei Wochen vor der Begegnung der beiden am Wochenende in Aspen.
Der siebenmalige Sieger der Tour de France behauptet immer noch, nie etwas
Verbotenes eingeworfen zu haben. "Wie viel hast du für das Interview
bekommen?" Immer wieder soll Armstrong seinem früheren Edelhelfer in den
Bergen diese Frage gestellt haben. So beschrieb Hamilton das Treffen im
Freizeitmagazin Outside.
## Armstrong: "Meine Anwälte werden dich zerstören"
Zuvor hatte sein Anwalt bereits den Rest des Gespräches öffentlich gemacht.
"Meine Anwälte werden dich zerstören und im Zeugenstand in Stücke reißen",
soll Armstrong gesagt haben. Und: "Dein Leben wird die Hölle sein." Das hat
Chris Manderson, Hamiltons Anwalt, angezeigt. Schließlich laufe, so meinte
er, eine staatliche Untersuchung gegen die Dopingpraktiken im früheren
Rennstall US-Postal, in der Lance Armstrong die zentrale Rolle spielt.
Hamilton hatte im vergangenen Jahr vor dieser Untersuchungskommission als
Zeuge gegen Armstrong ausgesagt. Anwalt Manderson stellte klar: Wenn ein
Zeuge während eines laufenden Verfahrens derart angegangen werde, dann sei
es seine Pflicht, das anzuzeigen.
"Es war sicherlich peinlich für uns beide, aber da ist nichts passiert",
sagte dagegen Armstrong ebenfalls in Outside. Er hat bereits eine Reihe von
Zeugen organisiert, die zwar alle nicht gehört haben, was genau gesprochen
wurde bei jener Begegnung im Cache Cache, die aber alle weit von sich
weisen, dass es einen Streit gegeben habe. Eine davon ist Jodi Larner, die
Wirtin und bekennende Armstrong-Freundin. Dann ist da noch ein
Immobilienmakler, der neben Armstrong, der an ein paar Tequila-Drinks
gesüffelt haben soll, an der Bar des Restaurants gestanden haben soll. Er
sagt, dass Armstrong nicht einmal von seinem Stuhl aufgestanden sei, als
Hamilton an der Bar vorbeigekommen ist.
## Alles der New York Times erzählt
Das hat er der New York Times erzählt. Da steht auch, dass der
Immobilienmakler, nach der vermeintlichen Auseinandersetzung von Armstrong,
der in Begleitung seiner Freundin im Cache Cache war, auf einen Drink
eingeladen worden ist. Wie es wirklich war, wird auch das vom FBI
angeforderte Überwachungsvideo kaum klarstellen können. Dort sei nur der
Küchenbereich zu sehen, sagt Wirtin Jodi Larner.
Mit der Begegnung der beiden ehemaligen Radfahrer in einem Restaurant in
Aspen ist aus einem zähen Dopingfall ein Provinzkrimi geworden, der den
noblen Skiort in Colorado noch eine Weile in Atem halten könnte. So heulte
sich Wirtin Larner in der Lokalpresse darüber aus, dass ihr
Anrufbeantworter voll sei mit Beleidigungen von Menschen, die nicht
verstehen könnten, dass sie auf der Seite Armstrongs steht.
## Glaubenskrieg um Armstrong
Der Kleinkrieg von Aspen ist ein Sinnbild dafür, wie sich gerade die
amerikanische Sportöffentlichkeit formiert. Während es lange Zeit den
meisten Sportfans egal war, was man im fernen Europa über die
Rechtmäßigkeit der Erfolge von Lance Armstrong gedacht hat, ist in den USA
nun ein regelrechter Glaubenskrieg ausgebrochen. Die einen warten voller
Ungeduld auf die Ergebnisse der Ermittlungsbehörden, die seit mehr als
einem Jahr Beweismittel und Zeugenaussagen sammeln, und entfernen sich mit
jedem Indiz, das an die Öffentlichkeit gelangt, ein Stück weiter von ihrem
ehemaligen Helden. Die anderen halten in Treue fest zu Armstrong. Es werden
immer weniger.
Armstrongs Drohungen, sollte es sie denn gegeben haben, scheinen Hamilton
die Laune nicht verhageln zu können. Am Sonntag fuhr er mit einer Gruppe
ambitionierter Freizeitradler über den 3.868 Meter hohen Independence-Pass,
der Aspen mit Leadville verbindet. Abe Streep war dabei und hat die Tour in
seinem Blog für das Magazin Outside beschrieben. Während einer Pause habe
Hamilton Schneebälle geworfen, mit Stock und Stein Baseball gespielt und
Witze gerissen. Am Ende ist noch ein Erinnerungsfoto geschossen worden. Der
Fotograf bat die Gruppe, irgendetwas Lustiges zu sagen. Die tat, wie ihr
geheißen ward, und sagte: "Lance!"
15 Jun 2011
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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