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# taz.de -- Unruhen in Frankreich: 150 Angriffe auf Rathäuser
> Angesichts zahlreicher Angriffe auf Rathäuser seit Beginn der Unruhen
> rufen Bürgermeister zu Solidarität auf. Die Nacht zu Montag verlief
> vergleichsweise ruhig.
Bild: Ausschreitungen in Nanterre Ende Juni
Nanterre afp | Nach den [1][tagelangen Krawallen in Frankreich infolge des
tödlichen Schusses eines Polizisten auf einen 17-Jährigen] hat sich die
Lage in der Nacht zum Montag offenbar etwas beruhigt. Nach Angaben des
Innenministeriums wurden keine größeren Vorfälle gemeldet, bis 01.30 Uhr
wurden landesweit 78 Festnahmen gezählt. Präsident Emmanuel Macron will
sich wegen der Ereignisse mit den Parlamentspräsidenten beraten. Angesichts
Dutzender Angriffe auf Rathäuser sowie mindestens ein Wohnhaus eines
Bürgermeisters rief die Vereinigung der Bürgermeister derweil zu
Solidaritätskundgebungen auf.
Nach Angaben des Elysée-Palasts wird Macron am Montag die Präsidentin der
Nationalversammlung, Yaël Braun-Pivet, und den Präsidenten des Senats,
Gérard Larcher, empfangen. Am Dienstag sei dann ein Treffen mit den
Bürgermeistern von mehr als 220 Gemeinden geplant, in denen es
Ausschreitungen gegeben habe. Macron habe zudem Premierministerin Elisabeth
Borne gebeten, am Montag die Vorsitzenden der Fraktionen im Parlament zu
empfangen.
Macron wolle mit einer „sorgfältigen und längerfristigen Arbeit beginnen,
um die Gründe, die zu diesen Ereignissen geführt haben, gründlich zu
verstehen“, erklärte das Präsidialamt. Die Regierung wolle erst die
Ereignisse analysieren und dann Schlussfolgerungen ziehen. Neben Macron und
Borne nahmen sieben Ministerinnen und Minister an dem Krisentreffen am
Sonntagabend teil. Binnen 48 Stunden soll die nächste Krisensitzung
stattfinden.
Die Vereinigung der Bürgermeister Frankreichs rief für Montagmittag zu
Solidaritätskundgebungen vor allen Rathäusern des Landes auf. Seit Dienstag
seien 150 Rathäuser oder Gemeindegebäude angegriffen worden, sagte der
Verbandsvorsitzende David Lisnard.
## Schüsse auf Polizisten
Die dritte Nacht in Folge waren landesweit 45.000 Sicherheitskräfte im
Einsatz. In den fünf vorhergehenden Nächten wurden laut Innenministerium
insgesamt rund 5000 brennende Autos, 10.000 brennende Mülleimer, fast 1000
in Brand gesetzte oder beschädigte Gebäude sowie 250 Angriffe auf
Polizeiwachen gezählt.
Mehr als 700 Sicherheitskräfte wurden verletzt. In Paris wurden zwei
Polizisten von „Bleikugeln ähnelnden“ Geschossen getroffen, wie aus
Polizeikreisen verlautete. Im südfranzösischen Nîmes überlebte ein Polizist
einen Schusswaffenangriff in der Nacht zum Samstag nur dank seiner
kugelsicheren Weste.
Der 17-jährige Nahel M. war am Dienstag von einem Polizisten bei einer
Verkehrskontrolle [2][in der Pariser Vorstadt] Nanterre erschossen worden.
Der Jugendliche, dessen Familie aus Algerien stammt, wurde am Samstag in
seiner Heimatstadt Nanterre beigesetzt. Der mutmaßliche Schütze befindet
sich in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen
Totschlags gegen ihn.
Seit Nahels Tod kam es vor allem in Pariser Vorstädten, aber auch in vielen
anderen Städten und Gemeinden zu gewaltsamen Protesten, die zuletzt etwas
nachließen. Die Großmutter des Opfers hatte am Sonntag zur Beendigung der
gewaltsamen Proteste aufgerufen.
Für Entsetzen sorgte am Sonntag ein nächtlicher Anschlag auf das Haus des
Bürgermeisters der im Großraum Paris liegenden Gemeinde L'Haÿ-les-Roses,
Vincent Jeanbrun. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen „Mordversuchs“.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft drang ein brennendes Fahrzeug auf das
Grundstück vor. Offenbar sollte es das Haus in Brand setzen, doch wurde es
laut dem Staatsanwalt von einer kleinen Mauer gestoppt.
Am Sonntagabend teilte das Rathaus der Gemeinde Charly südlich von Lyon
mit, dass am Morgen am Haus des Bürgermeisters etwas gefunden worden sei,
das „zweifellos“ dazu bestimmt gewesen sei, einen Brand auszulösen.
Die anhaltenden Unruhen haben Macrons Regierung nach den Protesten der
Gelbwesten und gegen seine [3][Rentenreform] in eine weitere schwere Krise
gestürzt. Am Samstag sah sich der Präsident gezwungen, seinen ab Sonntag
geplanten Staatsbesuch in Deutschland abzusagen.
3 Jul 2023
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