# taz.de -- Afghanistan bekämpft Opiumanbau: Einst blühende Mohnlandschaften | |
> Die Taliban haben den Drogenanbau verboten. So erreichen sie, woran die | |
> Staatengemeinschaft gescheitert ist. Die Produktion ist stark gesunken. | |
Bild: Die Opiumgewinnung in Afghanistan wurde von den Taliban unter Strafe gest… | |
BERLIN taz | „Im Ergebnis der anhaltenden Bemühungen des Islamischen | |
Emirats ist der Anbau von Opiummohn im Land ausgetilgt worden.“ Etliche | |
Expert*innen bestätigen diese Aussage von Talibanchef Hebatullah | |
Achundsada aus seiner Botschaft zum am Mittwoch begonnenen islamischen | |
Opferfest. | |
Als Hebatullah im April 2022 den Mohnanbau sowohl zur Herstellung von Opium | |
wie generell den Gebrauch, Transport und Handel aller illegalen Narkotika | |
unter Strafe stellte, herrschte Skepsis: Meinte er es wirklich ernst? | |
Immerhin gehörten viele Opiumbauern und -händler sowie in den Handel | |
verwickelte Transportunternehmer zu den Hauptstützen der Islamisten während | |
ihres Aufstands gegen den US-geführten Afghanistan-Einsatz seit 2001. | |
Hebatullah machte auch fast sofort schon einen Rückzieher: Da gerade die | |
[1][Mohnernte] begonnen hatte, gewährten er den Bauern noch einmal zwei | |
Monate Aufschub. Damit konnten sie diese Ernte noch ungestört einbringen. | |
Laut UNO waren das 6.200 Tonnen, 80 Prozent der Weltopiumproduktion und die | |
drittgrößte Menge seit Beginn ihrer Erhebungen 1995 und zugleich ein | |
Drittel mehr als im Vorjahr. Daraus wurden 95 Prozent des Heroins auf den | |
Europas Märkten gekocht. | |
## Bald war klar: Das Mohnanbauverbot gilt wirklich | |
Im vergangenen Sommer [2][erneuerte der Talibanchef das Verbot]. Zur | |
Bekräftigung schickte er seine Kämpfer zu Bauern, die – ebenfalls im | |
Zweifel ob seiner Pläne – wieder Opiummohn anpflanzten. Zunächst gab es | |
Widerstand, aber nachdem die Taliban einige Pflanzer töteten, wurde klar: | |
Das Verbot gilt. | |
Viele erinnerten sich, dass die Taliban während ihrer ersten Herrschaft | |
2001 mit denselben Methoden die Produktion fast auf null gedrückt hatten. | |
Zum Ende der Sommeraussaat 2022 gab es „nur noch kleine Inseln des | |
Mohnanbaus“, sagt David Mansfield, ein führender Drogenexperte zu | |
Afghanistan. Die Opiumproduktion sei auf ein Niveau gesunken, „das man seit | |
2001 nicht mehr gesehen hat“. | |
In der Südprovinz Helmand, woher etwa die Hälfte des afghanischen Opiums | |
stammt, fiel die dafür genutzte Fläche von 120.000 auf unter 1.000 Hektar. | |
Vor dem UN-Sicherheitsrat sagte die UN-Sondergesandte für Afghanistan, | |
Kirgistans Ex-Präsidentin Rosa Otunbajewa, Mitte Juni, Hebatullahs Dekret | |
sei „effektiv durchgesetzt“ worden. | |
## Die USA waren selbst mit Druglords verbündet | |
Die Taliban erreichten, was sich [3][die internationale | |
Staatengemeinschaft] während ihres zwanzigjährigen Einsatzes in Afghanistan | |
vorgenommen, aber nicht geschafft hat. | |
Im Gegenteil: Unter ihren Augen stieg Afghanistans Opiumproduktion auf | |
zeitweise über 9.000 Tonnen im Jahr, obwohl allein die USA zwischen 2002 | |
und 2017 8,62 Milliarden Dollar zur angeblichen Bekämpfung der dortigen | |
Drogenwirtschaft ausgaben. | |
Doch tolerierten sie zugleich, dass vieler ihrer afghanischen Verbündeten – | |
von den notorischen Warlords bis zur Familie des langjährigen Präsidenten | |
Hamid Karsai – den Großteil der afghanischen Drogenprofite einsteckten. | |
Gleichzeitig verwiesen sie wider besseres Wissen ausschließlich auf die | |
Taliban, die als Juniorpartner auch daran partizipierten. | |
Der „Test für die Antidrogenpolitik der Taliban“ werde erst ab 2024 kommen, | |
schreiben Jelena Bjelica und Fabrizio Foschini vom Thinktank Afghanistan | |
Analysts Network. Vor allem werde die krisenhafte Wirtschaft dadurch weiter | |
schrumpfen. Müsste das Verbot gewaltsam gegen weiterverarmende | |
Afghan*innen durchgesetzt werden, könnte das die Stabilität des | |
Taliban-Regimes untergraben. | |
Transparenzhinweis: Der Autor ist Mitbegründer von AAN, war an der | |
zitierten Studie aber nicht beteiligt. | |
30 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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