| # taz.de -- Serie „The Idol“ auf Sky: Ein Plot zerstört durch Männeregos | |
| > Ursprünglich sollte "The Idol" eine Serie über Machtmissbrauch werden. | |
| > Doch dann wurde Regisseurin Amy Seimetz entlassen. | |
| Bild: Entlassung der Regisseurin hat viel mit Männer-Egos zu tun | |
| In der gehypten Serie „The Idol“ mit Abel Tesfaye (auch bekannt als The | |
| Weeknd) kam es zu Verwerfungen innerhalb der Produktion, an der massenhaft | |
| Frauen beteiligt sind. Als die Serie schon fast abgedreht war, wurde die | |
| ursprünglich engagierten Regisseurin Amy Seimetz ([1][“The Girlfriend | |
| Experience“]) entlassen. Das hat viel mit gekränkten Männer-Egos zu tun. | |
| Aber der Reihe nach. | |
| Tesfaye pitchte das Konzept zur Serie über die [2][Abgründe der | |
| Musikindustrie] 2020. Inspiriert durch [3][Britney Spears’] Mental | |
| Breakdown von 2006, sollte anhand des Schicksals der jungen Künstlerin | |
| Jocelyn (Lily-Rose Depp) beschrieben werden, durch welche Fleischwölfe die | |
| Cashcows der Branche mitunter gedreht werden. | |
| Der seit dem Erfolg seiner Serie „Euphoria“ auf dem Erfolgsthron sitzende | |
| Regisseur und Produzent Sam Levinson wurde mit ins Boot geholt und los | |
| ging’s (teils ohne fertige Scripts und unter chaotischen Umständen, wie | |
| Crew-Mitglieder später dem amerikanischen Rolling Stone berichteten). | |
| ## Zu feministisch für Abel Tesfaye | |
| Das Endergebnis ist nun nicht mehr die Geschichte des Abrutschens in die | |
| Abhängigkeit zum ursprünglich albern angelegten Möchtegern Tedros (gespielt | |
| von Tesfaye). Sie ist stattdessen die Zurschaustellung einer brutalen | |
| heterotoxischen Beziehung. Seimetz, die geschasste Regisseurin, hatte eine | |
| ganz andere Vision von der Story. Sie wollte auf satirische Art und Weise | |
| an die Sache herangehen. | |
| Fast 80 Prozent der Serie waren schon abgedreht, als Abel Tesfaye einfiel, | |
| dass ihm das Ganze zu sehr aus „feministischer Perspektive“ erzählt würde. | |
| Er käme zu wenig vor, fühle sich zur Randfigur degradiert. Auch Produzent | |
| Levinson schloss sich dieser Sichtweise an, ersetzte flugs die Regisseurin | |
| durch sich selbst, änderte rückwirkend Drehbücher und gab dem Ganzen einen | |
| anderen Twist. | |
| Es wurde fast komplett neu gedreht. Das unschöne, verstörende Verhältnis | |
| zwischen der jungen Sängerin und dem übergriffigen Nachtclubbetreiber und | |
| Mansplainer-Guru Tedros, unter dessen Einfluss sie im Verlauf der Handlung | |
| immer mehr gerät, wird zwar erzählt, der Fokus liegt aber auf der sexuellen | |
| Ebene, die durch überästhetisierte Bilder permanent reproduziert wird. | |
| Levinson orientiert sich dabei auffällig an Adrian Lyne („9 1/2 Wochen“) | |
| und Paul Verhoeven („Basic Instinct“), die sich beim Abfilmen des | |
| weiblichen Körpers kaum beherrschen konnten, so dass ihre interessanten | |
| Geschichten unter Gestöhne, Geficke und blanken Brüsten begraben wurden. | |
| ## Ehrliche Dialoge fehlen | |
| Auch in „The Idol“ bekommen wir Körper zu sehen. Sehr viel Körper. Und | |
| Tesfaye bemüht sich um aggressive Sinnlichkeit beim Liebesspiel. Das alles | |
| ist faszinierend anzusehen und hat sehr viel Geld gekostet ( 75 Millionen | |
| Dollar). Doch es bleibt die Frage, was die Macher wirklich angetrieben hat, | |
| derart an dem Projekt herumzuschrauben. | |
| Vermutlich wurde aus Angst, die Deutungshoheit über die weibliche | |
| Hauptfigur zu verlieren und damit auch die Macht über die Geschichte, der | |
| Karren auf eine Nebenspur gelenkt, in der es nur noch um das bloße | |
| Performen prachtvoller Körper geht und kaum noch um Machtmissbrauch in | |
| psychischen Ausnahmesituationen. Statt ehrlicher Dialoge gibt es nun: | |
| Eiswürfel im Gegenlicht, die über steife Nippel gleiten und sinnfreies | |
| Gebrabbel. | |
| 8 Jun 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rebecca Spilker | |
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