# taz.de -- Konzert von The Weeknd in Hamburg: Ekstase von der Hitmaschine | |
> Der kanadische Superstar The Weeknd verzückt die Massen beim Tourauftakt | |
> am Sonntag im Hamburger Volksparkstadion mit ausgeklügelter | |
> Tanzchoreografie. | |
Bild: Check mal den Mikroständer: The Weeknd in Hamburg, hier noch mit Maske | |
Es gibt sie tatsächlich: kollektive Ekstase. Vollkommen mühelos reißt The | |
Weeknd beim Auftakt seiner „After Hours til Dawn“-Tournee am Sonntagabend | |
in Deutschland über zwei Stunden im Hamburger Volksparkstadion 50.000 | |
Menschen mit. Wie er das schafft? Der eine Grund ist eigentlich recht | |
simpel: Der Kanadier mit äthiopischen Wurzeln weiß halt, wie man Soul, R&B, | |
HipHop, Funk und elektronische Popmusik klangvoll fusioniert. Auch wenn | |
sein Gesang in Hamburg manchmal etwas leise und verschwommen klang. [1][The | |
Weeknd ist eine Hitmaschine] – mit zahlreichen Nummer-eins-Liedern, nicht | |
nur in den US-Charts. | |
Vor allem „Blinding Lights“ ist durch die Decke gegangen. Als | |
meistgestreamter Song der Welt, überall an der Spitze der Charts. Ohne | |
Weiteres hätte der 33-Jährige, der sich mit seiner Stimme gern bis in | |
Falsett-Höhen aufschwingt, sein Konzert mit diesem Überhit eröffnen können, | |
doch er hält ihn fast bis zum Schluss zurück. Die vielleicht plausibelste | |
Erklärung dafür: Die Fans feiern ohnehin jedes Stück von The Weeknd. Von | |
„Can’t Feel My Face“ über „Party Monster“ bis „Starboy“ versetzt… | |
in Bewegung – wie in einer berauschenden Clubnacht. | |
Gewiss ist es taktisch klug, „Take My Breath“ gleich an den Anfang zu | |
stellen. Einfach, weil diese Show wahrhaftig atemberaubend ist. Allein die | |
Bühnenkulisse macht einen staunen. Das Publikum schaut auf die imposante | |
Skyline von New York. Da ragen das Chrysler Building und das Empire State | |
Buildung empor. | |
## Wolkenkratzer aus Metall | |
Vor diesen Wolkenkratzern aus Metall wirkt The Weeknd in der | |
Eingangssequenz beinahe winzig. Sein Gesicht verbirgt er zunächst hinter | |
einer silbernen Maske. Man könnte diesen Mummenschanz als eine Art Referenz | |
an den riesigen Roboter deuten, der mitten auf dem Laufsteg steht. Weiter | |
hinten geht ein imposanter Kunstmond auf. Mit dem Bühnendekor verhält es | |
sich also ganz ähnlich wie mit dem Starstatus des Künstlers – beides ist | |
gigantisch. | |
Dazu passt es, dass sich The Weeknd gleich mit 30 Tänzerinnen umgibt. Genau | |
wie er sind sie alle komplett in Weiß gekleidet, ihre Gesichter sind | |
verschleiert. In Slow-Motion finden sie sich zu Formationen zusammen, denen | |
etwas Rituelles innewohnt. Womöglich beten diese Frauen den Mond an, | |
während [2][The Weeknd ordentlich aufs Gaspedal drückt]. Schließlich hat er | |
mehr als 30 Lieder auf seiner Setlist. | |
Bei „Out of Time“ verwandelt sich die gesamte Arena in ein Lichtermeer. An | |
anderer Stelle scheint New York zwischen Feuerfontänen und Nebelschwaden | |
abzufackeln, da fühlt man sich wirklich „Lost in the Fire“. Blaue | |
Laserstrahlen fahren zu „Call out My Name“ gen Himmel. Dennoch sind es gar | |
nicht unbedingt diese Spezialeffekte, die die Zuschauer:innen | |
begeistern. | |
## Erstaunlich nahbar | |
Der größte Jubel bricht aus, als The Weeknd nach gut einer Stunde endlich | |
seine Maske abnimmt. Er lächelt und spricht zum ersten Mal direkt mit den | |
Fans. Und plötzlich wirkt er erstaunlich nahbar. Ein symbolischer Moment. | |
In Zukunft will sich der Sänger, der als Abel Tesfaye auf die Welt kam, | |
nämlich von der Kunstfigur The Weeknd lösen. | |
Er versuche, neu geboren zu werden, sagte er in einem Interview. Kein | |
Wunder: Trotz seines Erfolgs hat er sich immer wieder in den Fängen des | |
Popstarlebens verheddert. Exzesse, toxische Beziehungen, das Hadern mit dem | |
Glamour – nichts ist dem Schulabbrecher fremd. Daraus hat er in seinen | |
Stücken nie einen Hehl gemacht. Wohin mag seine künstlerische Reise nun | |
gehen? Diese Frage beantworte The Weeknd bei seinem Auftritt am | |
Sonntagabend in Hamburg zwar nicht, trotzdem formuliert das Finale | |
zumindest indirekt die Aussicht auf eine Wiedergeburt. | |
Wenn der Musiker am Ende in den Schlund des Bühnenbodens hinabfährt, ließe | |
sich das so lesen, als würde ihn die postapokalyptische Großstadtruine | |
komplett verschlingen. Damit er dann wie Phönix aus der Asche emporsteigen | |
kann. Seine Fans hingegen schweben erst mal im siebten Pophimmel. Für sie | |
hat The Weeknd wohl an diesem Abend sein Idol Michael Jackson vom Thron | |
gestoßen und sich zum neuen King of Pop gekrönt. Auf jeden Fall war er | |
grandios. | |
4 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Serie-The-Idol-auf-Sky/!5939300 | |
[2] /Archiv-Suche/!538736&s=abel+tesfaye&SuchRahmen=Print/ | |
## AUTOREN | |
Dagmar Leischow | |
## TAGS | |
Kanada | |
Konzert | |
Soul of Hamburg | |
R&B | |
Rap | |
Musikindustrie | |
Spanien | |
Pop | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Serie „The Idol“ auf Sky: Ein Plot zerstört durch Männeregos | |
Ursprünglich sollte "The Idol" eine Serie über Machtmissbrauch werden. Doch | |
dann wurde Regisseurin Amy Seimetz entlassen. | |
Spanische Sängerin Rosalía: Lausiger Liebhaber Ruhm | |
Der spanische Superstar Rosalía veröffentlicht mit „Motomami“ ein neues | |
Album, das seine kreative Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellt. | |
Lana Del Reys neues Album: Rette sich, wer kann | |
Sie hat noch nicht genug vom Mainstream. Das zeigt Lana Del Reys neues | |
Album „Lust for Life“, auf dem erstmals prominente Gäste mitwirken. |