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# taz.de -- Gleichstellung von Mann und Frau: Vive le fair-play!
> Deutschland habe sich bei der Gleichstellung von Mann und Frau
> verbessert, sagt das Weltwirtschaftsforum. Aber Frankreich macht's
> besser.
Bild: Allein unter Männern – Angela Merkel, in ihrer Zeit als Bundeskanzlerin
Bei dem Tempo, mit dem sich die Welt auf die Gleichstellung der
Geschlechter zubewegt, dürften wir unser Ziel in 131 Jahren erreichen. Das
sagt uns der [1][Gleichstellungsindex des Weltwirtschaftsforums (WEF)].
Deutschland klettert im Jahr 2023 von Platz 10 auf Platz 6. Aus politischer
Sicht legen wir zu, im wirtschaftlichen Feld geht es allerdings bergab.
Ich frage mich, wie viel dieser sechste Platz wert ist. Fühlt mein Leben
sich in Deutschland tatsächlich nach Platz 6 an? Ich werfe einen Blick in
unser Nachbarland, mein anderes Heimatland: [2][Frankreich] belegt im
Ranking des WEF Platz 40. Lebe ich dort als Frau besser? Würde ich aus
kapitalistischer Perspektive urteilen, dann könnte die Antwort „ja“ lauten.
Deutschland dominiert im Bereich der Politik. Hier schneiden die Franzosen
deutlich schlechter ab. Die erste französische Staatspräsidentin lässt
immer noch auf sich warten. So tragisch wie interessant dran ist, dass
ausgerechnet die Rechten mit Marine Le Pen eine Kandidatin in den
Élyséepalast setzen würde. Auch in Italien kann dieses Phänomen mit Giorgia
Meloni beobachtet werden.
## Nach Diversität sucht man vergebens
Im französischen Parlament finden sich prozentual mehr Frauen als im
Bundestag, doch was die Minister*innenplätze angeht, führt
Deutschland die Rangliste an. Dennoch wird ein Großteil der
Schlüsselministerien geleitet von Männern. Außerdem drängt sich die Frage
auf, für wen eigentlich die Ministerinnen und die restlichen Frauen im
Bundestag repräsentativ sein sollen. Offensichtlich ist das nicht, denn
nach Diversität sucht man vergebens.
Die meisten dieser Politikerinnen haben einen bildungsbürgerlichen
Hintergrund und sind weiß. Ein Fünkchen Vielfalt bringt die
Familienministerin Lisa Paus in die Runde – sie ist immerhin
alleinerziehende Mutter. Das ist super, doch mit Unternehmereltern und der
finanziellen Absicherung, die damit einhergeht, hat sie eine ganz andere
Lebensrealität als die meisten alleinerziehenden Mütter in Deutschland.
So viel zur Politik; aber in einer Gesellschaft, in der vor allem meine
finanziellen Möglichkeiten darüber entscheiden, wie gut es mir geht, ist
der wirtschaftliche Aspekt viel interessanter. Was die wirtschaftlichen
Möglichkeiten angeht, steht Frankreich (Economic Participation and
Opportunity: Platz 51) laut WEF besser da als Deutschland (Platz 88!). Dort
ist beispielsweise das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen bei gleicher
Beschäftigung, der Gender-Pay-Gap, nicht so groß wie hierzulande.
## Der Gender-Pay-Gap bleibt ein Problem
In Deutschland sind zwar mehr Frauen erwerbstätig als in Frankreich, das
liegt jedoch an den hohen Teilzeitbeschäftigungen, vor allem von Müttern.
Französische Mütter können nach der Geburt eines Kindes im Durchschnitt
schneller auf eine Vollzeitstelle zurückkehren.
Wenn es lediglich das Feld der Politik ist, das Deutschland in diesem Jahr
rettet und auf Platz 6 befördert, sollten wir uns nicht zu viel darauf
einbilden. Denn der Rahmen für unser Leben in einem kapitalistischen Land
ist schlussendlich ein wirtschaftlicher – und da scheine ich als Frau in
Frankreich besser bedient zu sein.
Bedauerlich ist ohnehin, dass eine solche Statistik auch im Jahr 2023
Gegenstand unserer Diskussionen ist. Immerhin, einen klaren Sieg haben die
Frauen in Deutschland errungen: Der Männerfußball ist nach der Niederlage
gegen Kolumbien vom Tisch. Von nun an sind nur noch die Frauen gemeint,
wenn von Fußball die Rede ist. Fußball und Männerfußball heißt es jetzt.
Trotzdem: Ein gerechter Lohn wäre auch nicht schlecht.
21 Jun 2023
## LINKS
[1] /Geschlechtergleichstellungsindex/!5942408
[2] /Macrons-Rentenreform-in-Frankreich/!5941347
## AUTOREN
Valérie Catil
## TAGS
Feminismus
Gender Pay Gap
Weltwirtschaftsforum
Schwerpunkt Frankreich
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