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# taz.de -- Dramatikerin über ihr Stasi-Stück: „Eine Bereitschaft, zu denun…
> Nicole Heinrich hat Stasi-Spionin Monika Haeger ein Monodrama gewidmet.
> Ihr dokumentarisches Stück sucht nach vergleichbaren Motiven in der
> Gegenwart.
Bild: Die Stimmen des Widerstands kommen vom Band. Währenddessen ist die Bühn…
taz: Frau Heinrich, der 17. Juni ist ja ein gutes Datum, um dieses Stück zu
zeigen. War das Absicht?
Nicole Heinrich: Ja. Ich wollte mit meinem Stück auch ein bisschen
DDR-Aufarbeitung in meine Heimatstadt Hamburg bringen. Der 17. Juni ist da
ein wichtiges Datum: [1][Der Volksaufstand von 1953] wird auch kurz
thematisiert in meinem Stück, das auch einen kleinen Abriss der
[2][DDR-Geschichte erzählt].
Zu Wort kommen lassen Sie vor allem Monika Haeger …
Es ist ein etwa anderthalbstündiges Mono-Drama. Die einzige Figur, die
auftritt, ist, gespielt [3][von der großartigen Anja Kimmelmann], Monika
Haeger, die hauptamtliche Mitarbeiterin der Stasi war. Ich habe aber auch
die Sicht der Bürger- und der Frauenrechtsbewegung integriert, die Haeger
ausgekundschaftet hat: Schon allein, um daran zu erinnern, wie wichtig sie
waren dafür, dass es schließlich zum Mauerfall kam.
Trotzdem steht nur die Täterin auf der Bühne?
Ja. Ich habe mich da an Heinar Kipphardts Doku-Drama „Bruder Eichmann“
orientiert. Kipphardt hatte dafür die Protokolle von den Verhören Adolf
Eichmanns durch den israelischen Geheimdienst ausgewertet – und Parallelen
dazu in der Gegenwart gesucht, etwa wie die Bundesrepublik mit
RAF-Terroristen umging.
[4][Schwierig] …
Ja, auch wenn Theater provozieren soll, ist er da zu weit gegangen. Aber
das, worum es ihm ging, war, wie viel Eichmann steckt in jedem von uns,
gibt es so etwas wie eine Eichmann-Haltung. Diese Frage finde ich wichtig.
Und sie lässt sich ähnlich auf den Fall Haeger anwenden.
Inwiefern?
Ich glaube, gerade in Deutschland gibt es eine große Bereitschaft, zu
denunzieren. Damit [5][arbeitet sehr viel die AfD], aber diesen Wunsch,
jemand anderes anzuschwärzen sehe ich auch bei den Grünen, denen ich mich
persönlich nahe fühle: Ins Stück habe ich ein Pärchen integriert, das
darüber diskutiert, ob es nicht gut wäre, jemanden anzuzeigen, der zu viel
Strom verbraucht. Während er das empört zurückweist, macht sie stark, dass
wir ja wirklich alle Strom sparen müssten, also [6][dass es für die gute
Sache ist].
Das war auch Haegers Antrieb?
Absolut. Die war eine Überzeugungstäterin. Deswegen ist es wichtig, ihrer
Perspektive den Raum zu geben, ohne zu verharmlosen, was sie getan hat. Ich
nutze ihre eigenen Schilderungen, beispielsweise, wie sie erzählt, dass auf
ihr Betreiben hin Umweltaktivisten festgenommen und in einen Planwagen
gezerrt worden seien. Da hatte sie dann in den Interviews, die nach der
Wende mit ihr geführt wurden, gesagt: 'Ich habe ein wenig gezittert’, aber
keiner versteht, warum. Ich habe nun bei meinen Recherchen eine Frau
ausfindig gemacht, die da verhaftet worden war. Deren O-Ton kommt vom Band,
und sie berichtet, wie die Stasi mit der Gruppe Gefangener in den Wald
gefahren ist. Das war wie eine Hinrichtung inszeniert, eine Psycho-Folter.
Die dachten, sie werden erschossen.
Was passiert auf der Bühne, während die Stimmen vom Band kommen?
Das freut mich jetzt, dass Sie danach fragen! Die Bühne wird dann zuerst
ganz dunkel. Danach wird es fahre ich sie rot, während das Band läuft. Das
ist ein richtiges analoges Tonband, so wie sie von der Stasi auch benutzt
wurden. Dummerweise muss ich das alles selber machen, den das muss per Hand
gesteuert werden – das wollte ich keinem zumuten, diese Lichtwechsel so
hinzukriegen, wie ich sie mir vorgestellt habe. Das war mir wichtig.
14 Jun 2023
## LINKS
[1] https://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-gruenderjahre/weg-nac…
[2] /!5936572
[3] https://anja-kimmelmann.de/
[4] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buehne-und-konzert/bruder-eichmann-v…
[5] https://www.nordkurier.de/regional/mecklenburg-vorpommern/gericht-bestatigt…
[6] https://greenwire.greenpeace.de/single-use-meldeportal
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Stasi-Unterlagen
Politisches Theater
Hamburg
Theater
Dokumentartheater
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