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# taz.de -- Kirchentag in Nürnberg: Regenschirm der Inklusion
> Der Kirchentag setzte ein Zeichen in Sachen Respekt und Offenheit. Etwas
> anmaßend allerdings zeigte sich die evangelische Kirche aber auch.
Bild: Thomas de Maizière und Olaf Scholz: Offenheit auf dem Kirchentag
Um die Zukunft evangelisch-christlicher Arbeit ist keine Sorge nötig, der
38. Evangelische Kirchentag in Nürnberg bewies dies beeindruckend. Nicht,
dass die Haltung, Waffenlieferungen an die Ukraine zu unterstützen,
mehrheitlich gutgeheißen wurde, ist hierbei das entscheidende Argument.
Sondern dass der klassische deutsche Pazifismus, „Frieden schaffen ohne
Waffen“, geboren aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus, nicht als
unappetitlich denunziert wurde.
Deren prominenteste Stimme, [1][die frühere Bischöfin Margot Käßmann],
wollte zwar nicht dabei sein, aber jene, die dem
Schwarzer-Wagenknecht-Appell folgen, hatten ihre Möglichkeiten zur
Artikulation.
Dass sie minderheitlich blieben, dass Politiker*innen wie Olaf Scholz,
Annalena Baerbock und Sven Giegold wesentlich stärkeren Beifall gezollt
bekamen, ist hierbei nicht relevant: Kirchentag ist offenbar, wenn
minoritär Gewordenes dennoch Rang behält. Das ist erfreulich vor allem auch
deshalb, weil dieser Kirchentag vorzumachen wusste, was in den
Debattenmanegen der Bundesrepublik oft nicht mehr funktioniert: Offenheit
und Respekt vor dem Anderen schlechthin.
Das Halteschild markiert nur eine Partei wesentlich, und das ist, kein
Wunder, die AfD. Kirchentage wie diese große Glaubensgemeinschaft überhaupt
sind keinem öffentlichen Player ferner als dieser völkischen Partei. Um den
Rest des demokratischen Redens kümmerte sich dieser Kirchentag wie ein auf
Intensität angelegtes Sammelsurium grünrot-woker Fragen – und das auch war
ausgesprochen sympathisch mitzuerleben.
## God is queer
Symbolisiert war dies am stärksten beim Schlussgottesdienst, als der aus
Südafrika stammende und in Ostfriesland arbeitende Pastor Quinton Caesar
eine furiose Rede hielt, die Agenda fortschrittlicher Politik aufzählte
(black lives matter, God is queer etc.), das Publikum tüchtigst Beifall gab
– und schließlich der Prediger und [2][Kirchentagspräsident Thomas de
Maizière] (CDU!) sich in die Arme nahmen. Der Regenschirm der Inklusion
konnte weiter nicht gespannt sein.
Ein paar Haare in der Suppe sind indes doch zu finden: Dass die
evangelische Kirche (wie auch ihre katholischen Geschwister) glaubt
behaupten zu können, für ethische Fragen die bestgeeigneten zu sein.
Demokratie sei ohne Christlichkeit nicht zu haben, hieß es. Das ist
allerdings mehr als falsch, das ist sogar anmaßend. Die Evangelische Kirche
kann Stichworte formulieren, mehr nicht. Demokratie ist der Rahmen für ein
Zusammenleben aller, auch der Glaubenslosen, die keine Lust auf Religiöses
haben.
11 Jun 2023
## LINKS
[1] /Friedensarbeit-in-der-Kirche/!5935628
[2] /Vier-Tage-Woche-auf-dem-Kirchentag/!5939576
## AUTOREN
Jan Feddersen
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Kirchentag 2023
Thomas de Maizière
Evangelische Kirche
Olaf Scholz
Christentum
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Kirchentag 2023
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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