# taz.de -- Klage des Islamischen Zentrums Hamburg: Ein zäher Prozess | |
> Islamistisch oder nicht? Neue Dokumente ziehen den Prozess des | |
> Islamischem Zentrums gegen den Verfassungsschutz in Hamburg in die Länge. | |
Bild: War er nun bei den Religionswächtern, oder nicht? Der IZH-Leiter Mohamma… | |
HAMBURG taz | Noch immer gibt es kein Urteil [1][im Prozess zwischen dem | |
Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) und dem Hamburger Verfassungsschutz | |
(VS)]. Das IZH will sich vom Landesamt nicht als „islamistisch“ bezeichnen | |
lassen und klagte dagegen vor dem Verwaltungsgericht. Am frühen | |
Mittwochabend endete der zweite Verhandlungstag noch immer ohne Urteil. | |
Konkret hatte das Islamische Zentrum gegen insgesamt acht einzelne Aussagen | |
in den Verfassungsschutzberichten von 2018 und 2019 sowie gegen die | |
allgemeine Einordnung des Verfassungsschutzes geklagt, das IZH sei | |
„islamistisch“ und „verfassungsfeindlich“. Wenn es nach dem IZH geht, s… | |
das Landesamt die beiden Berichte nicht mehr verbreiten, solange die | |
strittigen Aussagen noch darin zu finden sind. | |
Hier geht es beispielsweise um die Aussage, dass Mohammad Hadi Mofatteh, | |
der aktuelle Leiter des IZH, laut VS „eigenen Angaben zufolge“ ab 1991 im | |
Korps der Islamischen Revolutionswächter im Iran gedient haben soll – für | |
den VS ein Beleg für seine Nähe zum Teheraner Regime. IZH-Anwalt Sven | |
Krüger bestritt das – und auch, dass die Aussage von Mofatteh selbst | |
stammt. | |
Von einem „Verhandlungsmarathon“ sprach Richter Klaus Thorwarth, der am | |
Mittwoch gern ein Urteil gesprochen hätte. Aber es kam anders: Um zu | |
belegen, dass das IZH Teil eines islamistischen Netzwerks ist, reichte das | |
Landesamt unter anderem Grundbucheinträge und Satzungen von islamistischen | |
Vereinen nach, deren Gebäude auf dem Papier dem IZH gehörten. Auch ein | |
Foto, das einen IZH-Funktionär auf der antisemitischen Al-Quds-Demo in | |
Berlin zeigt, war laut VS zwischendurch „verloren“ gegangen und wurde am | |
Mittwoch nachgereicht. | |
## Eine Einigung – und dann doch wieder nicht | |
Als ein „Muster“ kritisierte das der Anwalt des IZH, der dem | |
Verfassungsschutz immer wieder vorwarf, seine Aussagen nicht belegen zu | |
können und spät im Verfahren immer neue Belege einzuführen. Das Verfahren | |
läuft bereits seit drei Jahren per Schriftverkehr. Krüger kündigte an, die | |
neuen Dokumente mit seinem Mandanten, dem IZH-Leiter Mofatteh, besprechen | |
zu müssen, bevor er dazu Stellung nehmen könne. | |
Ein weiterer Streitpunkt, der das Verfahren in die Länge zieht, war der | |
Konflikt um eine sogenannte Erledigungserklärung. Der VS-Mitarbeiter Thomas | |
G. hatte [2][bereits am ersten Verhandlungstag] erklärt, dass der | |
Verfassungsschutzbericht von 2018 aus datenschutzrechtlichen Gründen vom | |
Landesamt gar nicht mehr „als PDF-Datei und Ausdruck“ verbreitet wird. | |
Damit hätte sich ein Teil des Rechtsstreits bereits erledigt, wie Richter | |
Thorwarth zu Beginn der Verhandlung sagte. | |
Krüger wies darauf hin, dass die Formulierung „löchrig“ sei, da der Beric… | |
ja auch in einer anderen Form, etwa als Word-Datei verbreitet werden könne. | |
Nach einiger Diskussion lies sich der VS darauf ein, die Erklärung um den | |
Halbsatz „in jedweder Form“ zu ergänzen und die Formulierung „als PDF-Da… | |
und Ausdruck“ zu streichen. | |
Am Nachmittag kam dann die Wende: Nachdem Anwalt Krüger noch einmal mit dem | |
IZH-Leiter telefoniert hatte, erklärte er, dass er die Erklärung des | |
VS-Mitarbeiters annehme und den einen Teil der Klage für erledigt erkläre. | |
Nun widersprach allerdings Thomas G. Er wolle „keinen Vertrag“ mit dem | |
Kläger schließen, sondern lediglich eine „einseitige Erklärung“ abgeben. | |
## Protest gegen das IZH vor dem Gericht | |
Krüger reagierte entgeistert: Bei einer einseitigen Erklärung des VS habe | |
sein Mandant keinen Rechtsschutz. Er zog daraufhin die Erledigungserklärung | |
zurück. Die Folge: Nachdem bereits über alle neun strittigen Punkte | |
diskutiert worden war, mussten einige davon nun noch mal – im Bezug auf den | |
Bericht von 2018 – diskutiert werden, obwohl dieser vom Landesamt gar nicht | |
mehr verbreitet wird. Die Verhandlung dauerte mit kleineren Pausen gut | |
sieben Stunden. | |
Kritiker*innen des IZH waren auch am Mittwoch wieder vor Ort und | |
begleiteten die Verhandlung vor dem Gerichtsgebäude. „Keine Gnade für | |
Frauenmörder!“- und „Weg, weg, weg! [3][Die Mullahs müssen weg!]“-Rufe | |
waren auch im Gerichtsaal zu hören. | |
Die Kritik traf auch den IZH-Anwalt direkt, der während der | |
Verhandlungspause von Besucher*innen angesprochen wurde: „Der Anwalt | |
soll sich schämen!“, sagte etwa eine Frau zu ihm. | |
Ein Urteil zugunsten des IZH könnte weitreichende Folgen haben: Wenn vor | |
Gericht festgestellt wird, dass es nicht als islamistisch bezeichnet werden | |
darf, dann könnte das auch Auswirkungen auf die Bestrebungen haben, das | |
Zentrum zu schließen. Das zu prüfen, hatte [4][die Ampelkoalition im Bund | |
im November beschlossen.] | |
1 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Franziska Betz | |
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