# taz.de -- Waldbrand in Jüterbog: Löschen wird zum Randphänomen | |
> Bei Jüterbog versucht die Feuerwehr, den Wald kontrolliert brennen zu | |
> lassen. Eindämmen kann sie die erneuten Brände dort nicht. | |
Bild: Waldbrand bei Jüterbog | |
BERLIN taz | Lodernde Flammen im Totholz. Riesige Rauchschwaden am | |
strahlend blauen Himmel. Die Feuerwehr über Tage im Dauereinsatz. Bilder, | |
die sich auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Jüterbog-West im Landkreis | |
Teltow-Fläming in Brandenburg seit Jahren wiederholen. So auch in diesem | |
Jahr: Ende Mai hatte sich ein kleiner Brandherd entwickelt und binnen einer | |
Woche auf eine Brandfläche von etwa 150 Hektar ausgeweitet. Auffrischender | |
Wind zu Beginn dieser Woche ließ die gesamte vom Brand betroffene Fläche | |
schnell auf 326 Hektar, also mehr als das Doppelte, wachsen. Ein erneuter | |
Großbrand auf dem Truppenübungsplatz, der an den Brand von 2019 erinnert, | |
bei dem fast 750 Hektar Wald (umgerechnet etwa 1.000 Fußballfelder) | |
betroffen waren. | |
Warum brennt es immer wieder auf dem Truppenübungsplatz Jüterbog-West? „Die | |
Frage stelle ich mir auch“, sagt Raimund Engel, Waldbrandschutzbeauftragter | |
vom Land Brandenburg. „Wieso da und nicht auf den anderen Übungsplätzen in | |
der Umgebung, etwa Heiderose?“ Es sei aus seiner Sicht „auffällig, dass es | |
in diesem Areal immer wieder Brandereignisse gibt“, sagt er. | |
Die Ursache für den aktuellen Brand ist Engel zufolge noch unklar. Auch | |
Brandstiftung sei denkbar, die Ermittlungen gingen in alle Richtungen. Über | |
mögliche Motive dafür möchte er allerdings nicht mutmaßen. „Das müssen d… | |
Fachleute beim Landeskriminalamt sagen“, sagt Engel. | |
## Auch panzerzerschlagende Munition | |
Ursächlich für die fast jährlich wiederkehrenden Brände könnte die | |
besondere Kampfmittelbelastung des Übungsplatzes sein. „Jüterbog-West war | |
auch Zielgebiet. Da wurde viel drauf geschossen, auch mit | |
panzerzerschlagender Munition“, erläutert Engel. Eine Vielzahl an scharfer | |
Munition aus dem Zweiten Weltkrieg befindet sich daher noch auf dem | |
ehemaligen Truppenübungsplatz – teils metertief unterirdisch, teils | |
überirdisch – und verrottet nach und nach. Darunter auch Phosphormunition, | |
die als leicht entflammbar gilt. | |
Trotz vieler Indizien sei diese Erklärung nicht erwiesen. „Wir können nicht | |
alles auf Selbstentzündung schieben. Bei so großer Munition ist das nicht | |
sehr wahrscheinlich“, erklärt Engel. | |
Der Geoökologin Kirsten Thonicke vom Potsdam Institut für | |
Klimafolgenforschung (PIK) zufolge hat auch das Klima der vergangenen Jahre | |
einen Anteil an den wiederkehrenden Bränden. In einem RBB-Interview | |
erläuterte sie, dass die Vegetation durch längere Trockenheitsphasen der | |
Vergangenheit gestresst und deshalb anfällig für Brände sei. | |
## Klimabedingte Ursachen | |
Trotz der unsicheren Beweislage zu den genauen Brandursachen und der | |
klimabedingten Brandanfälligkeit mehren sich aktuell die Stimmen, die für | |
eine schnelle Kampfmittelbeseitigung plädieren. Ulrich Cimolino, | |
Pressesprecher der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes, | |
sagte am Montagnachmittag, dass es zunächst Gefährdungskarten für die | |
Feuerwehren brauche. Darauf sollten betroffene Flächen und Anfahrtswege | |
ausgewiesen sein. Im nächsten Schritt sei darüber hinaus „die Beschaffung | |
geschützter Fahrzeuge“ zur Räumung der Flächen notwendig. Ohne die Räumung | |
der Munitionsreste aus den gefährdeten Gebieten könne das wiederkehrende | |
Problem aus seiner Sicht nicht gelöst werden. | |
CDU-Landepolitiker Danny Eichelbaum wurde ebenfalls am Montagnachmittag | |
noch konkreter und forderte bereits Mittel vom Bund für die | |
Kampfmittelbeseitigung. „Allein die Munitionsbergung rund um Jüterbog würde | |
250 Millionen Euro kosten“, sagte Eichelbaum. Bund und Länder müssten aus | |
seiner Sicht verhandeln, wie dieses Geld zur Verfügung gestellt werden | |
könne. | |
Zeitgleich brennt der Wald in Jüterbog weiter. Zeitweise über 100 | |
Einsatzkräfte der Feuerwehr versuchen, die zwischen 30 und 50 Meter breiten | |
Brandschutzstreifen zu kontrollieren, um zu verhindern, dass der Brand sich | |
weiter ausdehnt. Ein aktives Löschen ist nicht möglich. Zu gefährlich ist | |
das Befahren des Areals aufgrund der Sprengkörper. | |
## Löschkapazitäten nur für Korridore | |
Die anfangs noch eingesetzten Löschflugzeuge sind aufgrund zu geringer | |
Löschkapazitäten nicht in der Lage, den Großbrand einzudämmen. Auch das | |
Wetter spielt nicht mit. „Aktuell ist nicht damit zu rechnen, dass die | |
Niederschläge die Situation bis zum Wochenende verbessern. Tiefdruck würde | |
eher Wind bringen“, erklärt Engel. Dennoch hält er erleichtert fest: „Für | |
die umliegenden Ortschaften ist aktuell keine Gefährdung gegeben. Die sind | |
immer noch weit entfernt.“ | |
Für die Leiterin des Jüterboger Ordnungsamts, Christiane Lindner-Klopsch, | |
ist genau das das Entscheidende. Beim aktuellen Brand und auch zukünftig | |
sei es besonders wichtig, die Ortschaften zu schützen. Dafür seien in den | |
vergangenen Jahren die breiten Schutzstreifen angelegt worden. „Wir müssen | |
im Nachgang schauen, ob das Schutzkonzept gehalten hat“, sagt sie der taz. | |
„Die regelmäßigen Brände, die werden wir wohl aushalten müssen, auch in d… | |
Größenordnung. Allerdings innerhalb der kontrollierbaren Korridore.“ | |
7 Jun 2023 | |
## AUTOREN | |
Tobias Bachmann | |
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