# taz.de -- Waldbrände in Brandenburg: Der Bund ist in der Pflicht | |
> Großbrände entstehen meist dort, wo noch Munition unter der Erde liegt. | |
> Im stark belasteten Brandenburg ist bislang nur wenig beräumt worden. | |
Bild: Die Wildnis brennt. Waldbrand in Jüterbog im Juni 2023 | |
Förster wissen es schon lange: Großschadensereignisse, also Waldbrände mit | |
einer Dimension wie derzeit nordwestlich von Jüterbog, gibt es fast nur auf | |
ehemaligen Truppenübungsplätzen. [1][Der bei Jüterbog] hat eine Fläche von | |
fast 10.000 Hektar, mehr als 600 davon brennen seit vielen Tagen. | |
Großbrände gab es zuletzt immer auch wieder in der [2][Lieberoser Heide]. | |
Auch dort befand sich ein Truppenübungsplatz, auf dem unter anderem Manöver | |
der [3][Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland] abgehalten | |
wurden. Mit 25.500 Hektar war die Lieberoser Heide der größte | |
Truppenübungsplatz in der DDR. | |
Das Problem bei Waldbränden auf diesen Flächen: Wegen der dort noch | |
verbliebenen Munition kann die Feuerwehr nicht nahe genug an die Glutnester | |
heranrücken. Sie muss auf jenen Waldwegen bleiben, auf denen die Munition | |
bereits beräumt ist. | |
Wie eingeschränkt der Bewegungsradius der Feuerwehr dadurch ist, erklärte | |
zuletzt die [4][Stiftung Naturlandschaften Brandenburg], denen ein Großteil | |
der Jüterboger Flächen gehört. In den vergangenen zwei Jahren seien etwa 16 | |
Kilometer Einsatzwege von Kampfmitteln geräumt worden, auf etwa 10 | |
Kilometern wurden Waldbrandschutzschneisen von Munition befreit, [5][teilte | |
die Stiftung dem RBB mit]. | |
In den letztzen 20 Jahren hat die Stiftung nach eigenen Angaben 1,8 | |
Millionen Euro für Kampfmittelberäumung ausgegeben – und 300.000 Euro vom | |
Land als Fördermittel zurückbekommen. Würde man die komplette noch | |
verbleibende Munition aus dem Boden entfernen, kostete dies mindestens 250 | |
Millionen Euro. | |
## Munition und Wildnis | |
Eine komplette Beräumung wäre allerdings ohnehin nicht wünschenswert. Zwei | |
Prozent aller Flächen in Deutschland, so will es die Bundesregierung, | |
sollen Wildnisflächen werden. Während es bundesweit bislang nur 0,6 Prozent | |
sind, hat Brandenburg [6][laut Umweltministerium fast ein Prozent der | |
Flächen aus der Bewirtschaftung genommen und sich selbst überlassen. Hinzu | |
sollen noch „wildnistaugliche Landeswaldflächen“ kommen]. | |
Neben den Kernzonen des [7][Nationalparks Unteres Odertal] und der | |
Biosphärenreservate sowie der Totalreservate der elf Naturparke sind es vor | |
allem die Flächen der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg auf den | |
ehemaligen Truppenübungsplätzen, wo sich Wildnis entwickelt. [8][In der | |
Lieberoser Heide etwa die „Naturwelt“, die sich selbst als „wildes Herz d… | |
Lausitz“ bezeichnet]. Sie komplett zu beräumen, würde dem Wildnisziel | |
diametral entgegenstehen. Würde die Bodenoberfläche samt der Vegetation | |
entnommen, entstünde eine Art Bergbaufolgelandschaft, so die Stiftung. | |
Bleiben also die Wege. Da kann deutlich mehr gemacht werden, die Frage ist | |
nur: Wer bezahlt? Seit der Wende hat Brandenburg 14 Millionen Euro für | |
Kampfmittelberäumung ausgegeben. Auch deshalb fordern CDU-Politiker wie | |
Danny Eichelbaum den Bund auf, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Der Bund | |
müsse endlich ein Konzept vorlegen, wann und wie die Munition, die von der | |
Sowjetarmee und aus dem Zweiten Weltkrieg stamme, aus den Wäldern geborgen | |
und vernichtet werde, sagte Eichelbaum. Dafür müsse mehr Geld zur Verfügung | |
stehen. | |
Gerade was die Hinterlassenschaften der Sowjetunion angeht, macht sich der | |
Bund bislang einen schlanken Fuß. Finanziert wird nämlich nur die Räumung | |
„deutscher“ Munition. Für alles andere sind Länder und Kommunen zuständi… | |
Die Forderung der CDU ist deshalb nachvollziehbar. Kein anderes Bundesland | |
ist so munitionsbelastet wie Brandenburg. Allein im vergangenen Jahr wurden | |
440 Tonnen Kampfmittel wie Bomben und Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg | |
geborgen, [9][teilte Innenminister Michael Stübgen (CDU) im Dezember mit]. | |
Darunter seien 140 größere Sprengbomben, 800 Brandbomben und ebenso viele | |
Minen, 11.400 Raketen und rund 37.000 Granaten gewesen. Insgesamt stehen | |
laut Stübgens Ministerium noch etwa 585.000 Hektar Landesfläche „unter | |
Kampfmittelverdacht“. | |
Wege beräumen ist also auch Gefahrenabwehr in Nicht-Brandzeiten. Ob das | |
Löschen eines Waldbrands in Wildnisgebieten dagegen immer nötig ist, steht | |
auf einem anderen Blatt. Feuer schafft auch Offenflächen, auf denen Neues | |
entstehen kann. | |
9 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Truppen%C3%BCbungsplatz_J%C3%BCterbog | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Lieberoser_Heide | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Gruppe_der_Sowjetischen_Streitkr%C3%A4fte_in_… | |
[4] https://stiftung-nlb.de/de/ | |
[5] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/06/waldbrand-jueterbog-altlasten… | |
[6] https://mluk.brandenburg.de/mluk/de/umwelt/wildnis-nwe10-in-brandenburg/fra… | |
[7] http://www.nationalpark-unteres-odertal.eu/de/ | |
[8] https://www.naturwelt-lieberose.de/ | |
[9] https://mik.brandenburg.de/mik/de/start/service/presse/pressemitteilungen/d… | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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