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# taz.de -- G7 verhängt Diamantenembargo: Kampf gegen Putins „Blutdiamanten�…
> Der G7-Gipfel beschließt ein Embargo gegen den Handel mit Diamanten aus
> Russland. Ob das funktioniert, hängt nun von Indien ab.
Bild: Mehr Transparenz: Diamanten der russischen Firma Alrosa
Zu den zentralen Beschlüssen des G7-Gipfels in Hiroshima gehört ein
[1][Embargo gegen russische Diamanten]. Das soll Russlands Einnahmen aus
dem Diamantenexport eindämmen, im Jahr 2021 nach Angaben des
internationalen Diamantenzertifierungssystems Kimberley-Prozess über vier
Milliarden US-Dollar. Laut Marty Hurwitz, Direktor des auf Diamanten
spezialisierten US-Marktforschers MVEye, landen diese Gelder direkt beim
Kreml und finanzieren Russlands Krieg in der Ukraine. Die Russische
Föderation hält ein Drittel der Anteile der Firma [2][Alrosa], die 95
Prozent der russischen Diamanten fördert.
Ein wirksames Embargo könnte den globalen Diamantenmarkt aufschütteln.
Russlands Diamantenexporte erreichten 2021 39,1 Millionen Karat, ein
Drittel der Weltproduktion – neuere Zahlen gibt es nicht. Andere wichtige
Förderländer wie Botswana, die Demokratische Republik Kongo, Südafrika,
Simbabwe oder Angola könnten einen Ausfall in dieser Größenordnung nicht
schnell kompensieren.
Es dauert Jahre, eine produktive Diamantenmine aufzubauen. Und seit Jahren
wurden keine größeren neuen Diamantenvorkommen mehr entdeckt. So würde das
Embargo die Preise steigen lassen, vor allem für Schmuckdiamanten. In
London, Zentrum des globalen Rohstoffhandels, rechnen Analysten mit einem
Aufschwung künstlicher Diamanten. Das würde alle Förderer echter Diamanten
betreffen.
Vor allem im belgischen Antwerpen wären die Auswirkungen enorm. Drei
Viertel aller Rohdiamanten der Welt werden in Antwerpen gehandelt, und rund
30 Prozent davon kommen aus Russland. Der Sektor macht 7 Prozent des
belgischen BIP aus und hält allein in Antwerpen 10.000 Arbeitsplätze. Wegen
der zentralen Rolle Belgiens im Diamantenhandel gab es bisher keine
EU-Sanktionen gegen Russiands Diamantenexporte, wohl aber solche der drei
G7-Mitglieder USA, Großbritannien und Kanada.
Noch im Februar 2023 schloss die EU Diamanten erneut aus ihrem mittlerweile
zehnten Russland-Sanktionspaket aus, wegen Belgien. Im September erklärte
der Sprecher des Antwerp World Diamond Centre (AWDC), Tom Neyts, ein
EU-Embargo gegen Russlands Diamanten würde dazu führen, dass Russland in
Asien und dem Mittleren Osten „mit offenen Armen“ empfangen werde: Indien,
Israel und Dubai sind wichtige Handelszentren für Diamanten.
## Belgisches Veto
Aber Anfang Mai hieß es aus EU-Kreisen, man rechne nicht mehr mit einem
belgischen Veto. Am 25. April hatte der außenpolitische Ausschuss des
belgischen Parlaments auf Antrag der flämischen Grünen und Sozialisten
einstimmig für ein EU-Embargo gegen Russlands Diamanten gestimmt. Dies war
eine Reaktion auf einen entsprechenden Appell des ukrainischen Präsidenten
Wolodimir Selenski vor dem belgischen Parlament in Brüssel am 31. März. Im
Januar hatte Belgiens Premierminister Alexandre De Croo russische Diamanten
erstmals „Blutdiamanten“ genannt.
Die G7-Staaten vereinen 70 Prozent der globalen Nachfrage an Diamanten auf
sich. Ihr Sanktionsbeschluss soll nun russische Diamanten auch dann aus dem
Welthandel ausschließen, wenn sie von Drittländern verkauft werden. Möglich
macht das eine neue Technologie der Schweizer Firma Spacecode, die einen
beispiellos präzisen Herkunftsnachweis für Diamanten liefern soll.
Indem das Embargo von den G7 kommt, erhofft sich Belgien, dass genügend
Druck auf andere Handelszentren wie Dubai, Tel Aviv und Mumbai entsteht,
damit sie dem Marktführer Antwerpen nicht die Geschäfte wegnehmen. Aber die
Wirksamkeit der G7-Maßnahmen muss sich erst noch zeigen. Nach Angaben des
New Yorker Diamantendienstleisters Rapaport werden die ersten Maschinen von
Spacecode, die russische Diamanten zweifelsfrei erkennen können, erst
Anfang 2024 lieferbar sein, eine Massenproduktion wird nicht vor Ende 2024
erwartet. „Bis dahin könnte der Krieg vorbei sein“, sagt ein britischer
Marktanalyst.
## Rund 95 Prozent aller Rohdiamanten laufen über Indien
Leicht anwendbar wird das Embargo sowieso nicht. Rund 95 Prozent aller
Rohdiamanten laufen über Indien, wo sie geschliffen und unabhängig vom
Ursprung für den Endverkauf angerichtet werden. Für geschliffene Diamanten
gibt es aber keinen sicheren Herkunftsnachweis, sagt Stephen Morisseau vom
Gemological Institute of America. Offen ist auch, wie man mit Brüchen des
Embargos umgeht.
An Indien hängt nun also der Erfolg des G7-Diamantenembargos – und die
Zukunft von Alrosa. Bis Anfang Mai lieferte der russische Diamantenförderer
noch problemlos nach Indien und Dubai, wenn auch keine Mengen bekannt sind
– das Unternehmen hat seit Kriegsbeginn in der Ukraine keine Förder- und
Verkaufsdaten mehr veröffentlicht. Aber laut Rapaport wirft Alrosa jetzt
seine Lagerbestände auf den Markt, die Kapazitäten gehen zur Neige.
Für Russland wird das Diamantengeschäft ohnehin zunehmend unattraktiv.
Durch den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift
bezahlt Indien seine russischen Diamanten nicht mehr in Euro oder
US-Dollar, sondern in indischen Rupien. Im Januar erhielten zwölf indische
Banken oder indische Filialen ausländischer Banken die Genehmigung,
Rupienkonten bei russischen Banken zu eröffnen.
Aber nun häuft Russland milliardenschwere Rupienguthaben an, mit denen es
nichts anfangen kann, da sie nicht konvertierbar sind, beschwerte sich
Außenminister Sergei Lawrow am 4. Mai beim Gipfel der
Schanghai-Staatengruppe im indischen Goa: umgerechnet 31 Milliarden Euro an
indischen Zahlungen für Importe aus Russland, zumeist Öl.
21 May 2023
## LINKS
[1] /G7-Gipfel-in-Japan/!5935709
[2] /Sanktionen-gegen-russische-Staatsfirma/!5855175
## AUTOREN
François Misser
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