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# taz.de -- Rechtsextremismus in Brandenburg: Schaut auf die Nazis im Osten
> Die Angriffe auf eine Berliner Schulklasse zeigen: Rassistische Gewalt
> gehört in ländlichen Regionen Brandenburgs immer noch zur Normalität.
Bild: Die Zivilgesellschaft, wie hier bei einer Demonstration in Cottbus, steht…
Man könnte meinen, die [1][„Baseballschlägerjahre“] der 90er, wie die von
rechter Gewalt geprägte Nachwendezeit Ostdeutschlands genannt wird, wären
wieder zurück. Am Wochenende [2][hat eine Gruppe rechtsextremer
Jugendlicher eine Berliner Schulklasse rassistisch bedroht und beleidigt],
die sich in einer Ferienunterkunft im Brandenburger Heidesee auf eine
Matheprüfung vorbereiten wollte.
Zwei Wochen zuvor sorgte bereits ein [3][Brandbrief einer Oberschule im
spreewaldischen Burg] für Wirbel. Verängstigte Lehrer:innen wandten sich
in einem anonymen Schreiben an die Öffentlichkeit und berichteten von einer
Dominanz rechtsextremer Schüler:innen und einem Klima der
Einschüchterung.
Doch die Vorfälle lenken nur das mediale Schlaglicht auf etwas, das nie weg
war. Ob rassistische Pöbeleien auf Dorffesten, Angriffe gegen alles, was
als „anders“ markiert wird, die ständige Angst vor Konfrontationen mit
Dorfnazis oder organisierte Neonazis: Jede Generation, die so wie der Autor
dieses Textes nach 1990 in der ostdeutschen Provinz aufgewachsen ist, hat
ähnliches zu berichten, wenn auch in unterschiedlicher Intensität.
Dementsprechend sind für Expert:innen die Vorfälle kaum überraschend. In
Königs Wusterhausen, knappe 20 Kilometer entfernt vom Ferienheim, in dem
die rechten Jugendlichen die Schulklasse angriffen, gibt es seit
Jahrzehnten eine fest etablierte Nazi-Szene.
## Parlamentarischer Arm der Nazi-Szene
Vor allem in den ländlichen Gegenden machen sich in den letzten Jahren
verstärkt organisierte Nazis breit. Die Lausitz hat sich in den vergangen
Jahren erfolgreich als rechtsextreme Hochburg etabliert, in der militante
Nazis, bürgerlich auftretende Protestbewegungen und die AfD Hand in Hand
gehen.
Dass sich die AfD auch bei dem Angriff in Heidesee als parlamentarischer
Arm der militanten Naziszene sieht, zeigt die Reaktion des
AfD-Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré, der den Vorfall herunterspielte
und in einer plumpen Täter-Opfer-Umkehr von einer „medialen Hetzjagd gegen
Deutsche“ fabulierte. Linker und dringend notwendiger Jugendarbeit in der
Region versucht sie hingegen seit Jahren die Mittel zu streichen.
Die Gründe, warum Nazi-Strukturen gerade in ländlichen Regionen
Ostdeutschlands so gut gedeihen, sind vielfältig: Landflucht, Vergreisung,
Arbeitslosigkeit, Wende-Erfahrungen. Ein entscheidender Faktor ist aber der
Umgang der Mehrheitsgesellschaft und Lokalpolitik, die rechtsextreme
Übergriffe lieber totschweigen, als ernsthafte Schritte zu ergreifen. Diese
Einstellung zeigt sich deutlich im Brandbrief der Oberschule in Burg, in
dem die Lehrer:innen „eine Mauer des Schweigens“ und „fehlende
Unterstützung seitens Schulleitungen, Schulämtern und Politik“ beklagen.
## Motivierender Imageschaden
Bei einem AfD-Wahlergebnis von 23,5 Prozent bei der letzten Landtagswahl in
Brandenburg ist es auch nicht verwunderlich, dass man im Zweifelsfall
lieber Konflikte vermeidet, als eine Spaltung der Kommune zu riskieren.
Doch das Ergebnis ist die rechte Dominanz, die sowohl bei dem Angriff in
Heidesee als auch bei der Oberschule in Burg erschreckend zu Tage gekommen
ist.
Dass Brandenburgs Nazi-Problem nun überregionale Aufmerksamkeit bekommt,
ist begrüßenswert. Denn nichts motiviert Lokalpolitiker:innen mehr,
sich gegen Rechts zu engagieren, als den Imageschaden abzuwenden, der
entsteht, wenn über ihre idyllische Urlaubsregion nur berichtet wird, weil
Nazis sie unbesuchbar machen. Nun gilt es, Probleme klar zu benennen, statt
sie herunterzureden, Straftäter konsequent zu bestrafen und vor allem der
Zivilgesellschaft und den Antifa-Strukturen vor Ort den Rücken zu stärken.
13 May 2023
## LINKS
[1] /Baseballschlaegerjahre-in-Ostdeutschland/!5642847
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[3] /Rechtsextremismus-an-Schulen/!5930411
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
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Rechte Gewalt
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