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# taz.de -- Berliner Landesparlament: Haus der Geschichte
> Vor 30 Jahren zog das Abgeordnetenhaus aus dem Rathaus Schöneberg nach
> Mitte. Der neue Sitz des Parlaments hat eine sehr wechselvolle
> Vergangenheit.
Bild: Früher Landtag, „Haus der Flieger“ und Abhörstandort – und seit 1…
Berlin taz | Kai Wegner wird, so der Plan, am Donnerstag gegen zehn Uhr von
seinem Platz aufstehen und ans Rednerpult des Abgeordnetenhauses gehen.
Eine Regierungserklärung steht auf der Tagesordnung. Der CDU-Mann will
erstmals die [1][Richtlinien seiner Politik] vorstellen und vom Parlament
ganz offiziell „billigen“, also gutheißen lassen.
Im Mittelpunkt steht Donnerstag aber auch das Parlament selbst: Denn das
feiert drei Jahrzehnte Post-Wende-Demokratie in dem Gründerzeitgebäude
gegenüber vom Gropius-Bau, wo einst die Mauer stand: Am 28. April 1993 zog
das Landesparlament vom bisherigen Sitz im Schöneberger Rathaus um, tags
darauf folgte die erste Plenarsitzung.
Schöneberg war von der Gründung des Bundeslands Berlin bis zur
Wiedervereinigung Sitz des Westberliner Landesparlaments gewesen. In
unmittelbarer Nähe hatten im Rathaus Parlamentarier und Landesregierung
zusammengesessen. Das bedeutete zwar einerseits kurze Wege, beförderte
andererseits aber nicht unbedingt die – räumliche – Gewaltenteilung
zwischen Legislative und Exekutive.
Gleich nach der Einheit, noch im Oktober 1990, gab es den Beschluss, das
neue Gesamtberliner Parlament in jenes Gebäude umziehen zu lassen, das
schon zu Kaiserzeiten und in der Weimarer Republik Sitz eines Landtags war,
nämlich des Preußischen. Der bestand aus zwei Kammern, dem Herrenhaus,
heute Sitz des Bundesrats an der Leipziger Straße, und eben dem
Abgeordnetenhaus. Beide sind heute noch durch einen Gang verbunden.
Zwei Jahre nur dauerte es, das Gebäude – zu DDR-Zeiten erst Regierungssitz,
später Sitz der Staatlichen Plankommission und Stasi-Abhörstandort – als
künftiges modernes Parlament herzurichten. Zu Nazi-Zeiten war es als „Haus
der Flieger“ vom benachbarten Reichsluftfahrtministerium und vorher auch
vom NS-Volksgerichtshof genutzt worden.
Während Eingangshalle und Treppenhäuser klassisch und palastartig wirken,
kommt der Plenarsaal als zentraler Raum ganz anders daher: Helles Holz und
Metall-Lamellen dominieren die Wände, durch die den ganzen Raum
überspannende Glas-und-Stahl-Decke fällt viel Licht in den Saal. Dort
sitzen seit der Wahl vom 12. Februar in einem Zweidrittelkreis 159
Abgeordnete, durch Gänge in die fünf vertretenen Fraktionen getrennt, von
der Linkspartei über die Grünen, die SPD und die CDU bis zur AfD.
Die Frau, die Regierungschef Wegner am Donnerstagmorgen das Wort erteilen
wird, ist erst die zweite Präsidentin in diesem Gebäude. Hanna-Renate
Laurien war als erste Frau in diesem Amt, als das Parlament 1993 vom
Rathaus Schöneberg umzog.
Laurien ist im jetzigen Parlamentssitz in der Niederkirchner Straße weiter
gegenwärtig: Im zweiten Stock steht eine Büste von ihr – von ihr und 13
Männern im Präsidentenamt. Der bis Februar noch amtierende Dennis Buchner
ist dort noch nicht vertreten, auch nicht der schon 2021 aus dem Amt
geschiedene Ralf Wieland. „Die Büste kommt aber noch“, versicherte am
Mittwoch Parlamentssprecher Ansgar Hinz. Eine Besonderheit bildet beider
Vorgänger Walter Momper: Seine Büste zu formen, übernahm die langjährige
Parlamentsmitarbeiterin und spätere Datenschutzbeauftragte des Landes, Maja
Smoltczyk.
Wer sich im Parlament genau umschaut, entdeckt weitere Besonderheiten. Etwa
die Sache mit der Berliner Flagge im Plenarsaal. Das Exemplar neben
Deutschland- und Europa-Flagge unter dem Kai Wegner seine
Regierungserklärung abgeben wird, sieht nämlich etwas anders aus als
anderswo. Nicht nur, weil es ausgeblichen und fast schon fadenscheinig
wirkt: Der schwarze Bär auf dem weißen Grund mit rotem Rand hat weder die
sonst üblichen roten Krallen noch Zähne oder Zunge.
Darauf, so hat es Expräsident Wieland [2][mal der taz erzählt], hatten nach
1945 die Alliierten gedrängt. „Der ist entmilitarisiert“, so Wieland über
den Bär. Die Krallen sollten weg und eben auch die Zunge – weil die zum
Sinnbild lügnerischer Nazi-Propaganda geworden waren. Ausgeblichen ist die
Flagge, weil es noch genau jene sein soll, die nach Kriegsende in der
Stadtverordnetenversammlung hing. Ganz zahn- und harmlos sind die Debatten
im Plenarsaal aber dennoch nicht.
Das Haus selbst ist offen und das nicht nur in Sachen Politik: Die
[3][Kantine im Erdgeschoss] zieht – am Mittwoch zu paniertem Käseschnitzel
oder Hähnchenbrust – auch zahlreiche Gäste von außerhalb ins Parlament, die
dafür bloß Taschenkontrolle und Metalldetektor akzeptieren müssen.
25 May 2023
## LINKS
[1] https://www.parlament-berlin.de/ados/19/IIIPlen/vorgang/d19-0980.pdf
[2] /Archiv-Suche/!5407766&s=alberti+Wieland+B%C3%A4r+abgeordnetenhaus&…
[3] https://www.parlament-berlin.de/media/download/3698
## AUTOREN
Stefan Alberti
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