# taz.de -- Uganda und Kenia: Quakende Frösche im Schlafzimmer | |
> Die Klimakrise sorgt in Kenia und Uganda für schwere Überschwemmungen. | |
> Aber es gibt auch Positives: Wasser wird als Verkehrsweg genutzt. | |
Bild: Kampala, Entebbe, Jinja und Masaka sind über den Lake Victoria erreichbar | |
Ugandas Staatsgebiet besteht zu 20 Prozent aus Wasser, und mit dem | |
[1][Victoriasee] besitzt das Land die Hälfte des drittgrößten Süßwassersees | |
der Welt; aber Wasser als Verkehrsweg ist praktisch unbekannt. Auf Ugandas | |
28 Seen sind fast nur Fischkutter unterwegs, ein paar wenige Inselfähren | |
und Militärboote, die Fischer jagen, wenn sie illegalerweise zu junge | |
Fischbestände fangen. | |
Nun aber zwingt das Wasser die Regierung dazu, Wasser als Verkehrsweg zu | |
nutzen. Und das verdanken wir dem Klimawandel. Am Donnerstag, dem 11. Mai, | |
wachten die Ugander zu der Nachricht auf, dass eine wichtige Brücke und | |
eine erhebliche Strecke der wichtigen Fernstraße aus Kampala nach Südwesten | |
Richtung Tansania und Ruanda und damit in die gesamte Region der Großen | |
Seen unter Wasser standen. Das ist auch der Verkehrsweg, der von Tansania | |
durch Uganda hoch nach Südsudan führt, und Südsudan importiert gerade immer | |
mehr tansanisches Getreide. | |
Es war nämlich der Katonga, [2][der aus Lake Victoria] westwärts Richtung | |
Lake Edward an der kongolesischen Grenze fließt, über die Ufer getreten. | |
Der Süden und Südwesten Ugandas waren damit komplett von der Hauptstadt | |
abgeschnitten. So mietete Ugandas Verkehrsministerium eine Passagierfähre | |
an, um Menschen aus Kampala in die südwestliche Stadt Masaka reisen zu | |
lassen – eigentlich nur 128 Kilometer auf dem Landweg, aber nun mussten die | |
Leute aus Kampala erst mal nach Entebbe und von dort per Schiff weiter. Die | |
Reise wird subventioniert. | |
Nun merken die Leute plötzlich, dass vier der wichtigsten ugandischen | |
Städte – Kampala, Entebbe, Jinja und Masaka – alle mehr oder weniger am | |
Wasser liegen und man eigentlich ganz einfach über den Lake Victoria von | |
einer Stadt zur nächsten fahren könnte. Die Straßen sind nämlich permanent | |
verstopft, auch kurze Strecken dauern viele Stunden. | |
Aber diese positive Wendung steht im Schatten der schweren Überschwemmungen | |
und Erdrutsche der vergangenen Wochen – von den Hängen des Mount Elgon an | |
Ugandas Grenze zu Kenia, wo jedes Jahr wegen Abholzung und Erosion Menschen | |
auf ihren Feldern und in ihren Gärten lebendig begraben werden, bis zu den | |
katastrophalen Schlammlawinen in Teilen der Demokratischen Republik Kongo | |
mit Hunderten Toten. Steigende Wasserpegel richten ebenfalls schwere | |
Schäden an. Schon während der Pandemie mussten Anwohner des Lake Victoria | |
in allen drei Anrainerstaaten – Uganda, Kenia und Tansania – im Lockdown | |
mit Fröschen im Schlafzimmer und Fischen im Wohnzimmer leben, viele teure | |
Häuser mit Seeblick wurden verlassen. | |
Im [3][kenianischen Kisumu] verklagten Menschen Ugandas Regierung wegen | |
mutmaßlicher Mängel bei der Regulierung der Wasserströme des Nils, die den | |
Wasserpegel des Sees ansteigen ließen. Die Regierung sagt dazu, dass der | |
Fluss versande, was Fluten begünstige. Ein weiteres und immer häufigeres | |
Phänomen sind die durch Wasser verbreiteten Seuchen, wogegen es weder | |
Planungen noch Haushaltsreserven gibt. | |
Was auch immer der jeweils unmittelbare Grund für eine Flutkatastrophe ist | |
– stets zeigt sich das Fehlen robuster Infrastruktur. Deren Aufbau sollte | |
für die Regierungen eine Priorität in der Ära des Klimawandels sein. | |
Ostafrikanische Länder mögen zwar betonen, dass sie nicht für den | |
Klimawandel verantwortlich sind, aber das enthebt sie nicht der | |
Verantwortung, seinen Folgen zu begegnen und ihre Bevölkerungen gegen | |
Abholzung, unzulängliches Bodenmanagement, schlechte Ackerbaumethoden, die | |
Erosion und Erdrutsche fördern, zu sensibilisieren. | |
Aus dem Englischen von Dominic Johnson | |
22 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
joachim buwembo | |
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