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# taz.de -- Kontinent im Wandel: Reichsbürger schocken Afrika
> Mit Erstaunen blickt Afrika auf die Entwicklungen in Europa. Doch anstatt
> die Chance zu erkennen, Versorgungslücken zu schließen, schaut man nur
> zu.
Bild: Demonstriert Unterstützung für Russland, in der Hauptstadt Burkina Faso…
Dunkle Wolken zogen 2022 über Europa. Sie kamen aus Russland und
verfinsterten zuerst die Ukraine. Afrikaner, die es gewohnt sind, vor
Unheil zu fliehen, konnten nicht glauben, dass Menschen mit hellen Haaren
und blauen Augen aus einem europäischen Land in andere Staaten flüchten und
von Hilfsorganisationen versorgt werden mussten.
Schockiert über [1][steigende Preise] für Speiseöl und Seife machten wir
Afrikaner genau das Falsche: Anstatt sofort Millionen unserer unbebauten,
fruchtbaren Quadratkilometer Land zu erschließen, um Sonnenblumen
anzubauen, die schon nach drei Monaten eine üppige Ernte bringen, schickten
wir eine Präsidentendelegation nach Moskau, um dort Hilfe zu erbitten.
Als im September die dunklen Wolken England bewölkten, weil [2][Königin
Elizabeth II. starb], wurden wir überrascht Zeugen, wie im Vereinigten
Königreich reibungslose Übergänge stattfanden, auch wenn die
Premierminister in rascher Folge wechselten. Hoffentlich haben wir
Afrikaner gelernt, wie wichtig es ist, Institutionen und Verfassungen zu
respektieren und die Regeln einer friedlichen Machtübergabe zu befolgen.
Das Jahr endete mit einem Schock aus Deutschland, als dort [3][Dutzende
Putschisten festgenommen] wurden. In Afrika hielten wir das zunächst für
einen Scherz. Deutschland gilt in ganz Afrika als Vorbild für Exzellenz
nicht nur in technischen Belangen. Wir waren schockiert, dass afrikanische
Methoden des Regierungswechsels von Europas stärkster Wirtschaftsmacht
erprobt werden sollten.
## Den Silberstreif ergreifen
Auf der anderen Seite des Atlantiks hat Afrika zuvor über die
Präsidentschaft von Donald Trump gewitzelt. Trump gefiel Afrika sehr, weil
er zeigte, dass auch mächtige, entwickelte Staaten wie ein Zirkus geführt
werden können. Trumps Weigerung, die Macht abzugeben, und der
[4][Putschversuch seiner Anhänger] wurden in Afrika als Beweis gesehen,
dass auch die USA auf unser Niveau sinken können.
Diese Haltung und Reaktion in Afrika ist aufgrund der Ereignisse während
der Kolonialzeit leichter zu verstehen. Nach der Berliner Konferenz von
1884–85, bei der Afrika aufgeteilt wurde, entsandten die europäischen
Mächte in der Regel respektable Fachkräfte zur Arbeit nach Afrika. So kamen
weite Teile Afrikas damals mit Europa nur durch aufrichtige Missionare,
Lehrer, Ärzte, Ingenieure und disziplinierte Militärs und Polizisten in
Kontakt.
Als jedoch der Zweite Weltkrieg ausbrach, rekrutierten die europäischen
Kolonisatoren viele Afrikaner als Soldaten. Sie erlebten, dass auch der
„weiße Mann“ von Angst ergriffen und sogar besiegt werden kann. Bei ihrer
Rückkehr überzeugten sie ihre Landsleute davon, dass die Kolonisatoren auch
nur Menschen seien und bekämpft und vertrieben werden könnten. Das
beschleunigte die Dekolonisierung.
Die unabhängigen afrikanischen Staaten wurden jedoch schlecht regiert.
Viele Führer wurden zu Dieben, Diktatoren und Mördern. Viele gebildete
afrikanische Fachkräfte begannen, nach Europa und Amerika auszuwandern.
Später begannen Millionen afrikanischer Jugendlicher, allen Gefahren zu
trotzen, um ihrem Kontinent zu entkommen. Deshalb erkennt Afrika heute
nicht den Silberstreif in der Verunsicherung, die Europa und Amerika
ergreift.
Will Afrika, wenn der [5][Krieg in der Ukraine] andauert, weiter nur
Zuschauer sein? Afrika sollte feiern, dass der Kontinent die Möglichkeit
hat, sich zu industrialisieren und sollte mithilfe des verfügbaren Wissens
und neuer Technologien die Versorgungslücken schließen. Aber das ist nur
ein Wunsch. Wie schnell es passieren kann, hängt davon ab, wann Afrika den
Silberstreif in den dunklen Wolken über Europa sehen wird.
25 Dec 2022
## LINKS
[1] /Globale-Inflation/!5825945
[2] /Queen-Elizabeth-ist-tot/!5880972
[3] /Razzia-gegen-Reichsbuerger/!5898588
[4] /Trump-und-der-Sturm-aufs-Kapitol/!5742463
[5] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
## AUTOREN
joachim buwembo
Joachim Buwembo
## TAGS
Kolumne Fernsicht
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Indien
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