| # taz.de -- Internationales Desinteresse am Sudan: Darfur, war da was? | |
| > Vor 20 Jahren folgten auf Sudans Überfall auf Darfur ein internationaler | |
| > Aufschrei – und Konsequenzen. Heute denkt niemand ans Eingreifen. | |
| Bild: Eines von wenigen verfügbaren aktuellen Bildern von der Gewalt in Darfur | |
| Was waren das für Zeiten, als vor 20 Jahren Sudans Militärregime über | |
| Darfur herfiel. Die halbe Bevölkerung der Aufstandsregion wurde vertrieben | |
| oder getötet, die daran beteiligten Volksgruppen dauerhaft durch Verlust | |
| ihrer Lebensgrundlagen bestraft. Die internationale Gemeinschaft war außer | |
| sich. Es ergab sich daraus der erste Haftbefehl des Internationalen | |
| Strafgerichtshofs gegen einen amtierenden Präsidenten, weltweit wurde über | |
| militärisches Eingreifen zur Rettung bedrohter Zivilbevölkerungen | |
| diskutiert, und aus dieser Debatte entwickelte sich das völkerrechtliche | |
| Gebot der „Schutzverantwortung“. | |
| Die Welt ist daraus nicht klüger geworden, im Gegenteil. Der Haftbefehl | |
| gegen Baschir wurde nicht vollstreckt. Die „Schutzverantwortung“ blieb eine | |
| Totgeburt. In Syrien schützte niemand die Menschen, als Assad es zehn Jahre | |
| später Baschir nachmachte. Militärinterventionen sind komplett außer Mode | |
| geraten. Sogar [1][wenn Sudan brennt] und weiße Ausländer evakuiert werden | |
| müssen, denkt keine mächtige Regierung daran, dass vielleicht auch Sudans | |
| Bevölkerung Rettung bräuchte. | |
| Eingreifen in Sudan? Die Frage, an geeigneter Stelle gestellt, stößt nicht | |
| einmal auf Empörung, eher auf Belustigung, so weltfremd erscheint sie im | |
| diplomatischen Comment dieser Zeiten. Genausogut könnte man vorschlagen, | |
| die nächste Fußball-WM in [2][Khartum] auszurichten. Da können sich | |
| verzweifelte Darfuris heute noch so sehr auf den Kopf stellen und auf | |
| Parallelen mit Ruanda 1994 verweisen; da können Analysten noch so sehr die | |
| zersetzerische Kraft des russischen Wagner-Imperiums und seiner Freunde | |
| anprangern – es passiert einfach: nichts. | |
| Klar, die sicherheitspolitische Aufmerksamkeit der westlichen Welt ist voll | |
| und ganz auf die Ukraine gerichtet. Aber es gibt Dinge, die man trotzdem | |
| für Sudans Menschen tun könnte. Wo bleiben die humanitären Visa für | |
| Fliehende? Was antwortet man Darfurs Intellektuellen, die Schutzkorridore | |
| fordern, damit Fliehende ihren Weg nach Tschad finden könnten, ohne von | |
| Milizen an Straßensperren ethnisch selektiert zu werden – bei der | |
| [3][Evakuierung der Weißen] nach Saudi-Arabien ging das doch auch? Wieso | |
| spricht niemand ernsthaft über die Überlegungen der Afrikanischen Union, | |
| den Flughafen des umkämpften Khartum militärisch zu sichern, damit | |
| überhaupt Helfer und Vermittler in die sudanesische Hauptstadt können – | |
| sogar in Somalia war das doch möglich? | |
| Eine solche Debatte würde zumindest dem Eindruck entgegenwirken, Sudans | |
| Schlächter könnten ungestraft tun, was sie wollen. Liegt Sudan auf dem | |
| Mond? Den Menschen dort muss es allmählich so vorkommen. | |
| 29 Jun 2023 | |
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| Dominic Johnson | |
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