# taz.de -- Finanzielle Hilfe für Letzte Generation: Ökoworld macht Rückzieh… | |
> Der ethische Fonds-Anbieter Ökoworld wollte Geldstrafen von | |
> Klima-Aktivist:innen übernehmen. Nach Empörung hat er die Zusage nun | |
> zurückgezogen. | |
Bild: Aktivist:innen der Gruppe Letzte Generation blockieren am Donnerstag die … | |
Berlin taz | Die Ökoworld AG wird nun doch keine Geldstrafen und | |
Polizeigebühren von Aktivist:innen der Letzten Generation übernehmen. | |
Alfred Platow, Vorstandsvorsitzender der Ökoworld AG, zog seine | |
entsprechende Zusage in vollem Umfang zurück und begründete dies mit | |
massiven öffentlichen Anfeindungen. Die Ökoworld AG vertreibt | |
„ethisch-ökologische“ Investmentfonds, die „nicht renditemaximiert“ si… | |
Am vorigen Wochenende hatte Platow unter der Überschrift „Kleben fürs Klima | |
ohne Strafe!“ eine große Annonce in der taz geschaltet: „Nach Zahlung der | |
Strafe durch die ‚Täterinnen und Täter‘ übernimmt die Ökoworld die Geb�… | |
zu 100 % und überweist das Geld auf das jeweilige Privatkonto“, hieß es | |
dort. | |
Nach einer missverständlichen Pressemitteilung des Unternehmens am Dienstag | |
war zunächst unklar, ob die Ökoworld AG wirklich gerichtlich verhängte | |
Geldstrafen übernehmen will oder nur Gebühren für Polizeieinsätze. Die | |
Letzte Generation, mit der die Kostenübernahme vorab abgesprochen war, ging | |
aber davon aus, dass Ökoworld für beides aufkommt. Ökoworld wolle „Strafen | |
und Gebührenbescheide zu 100 % übernehmen“, hieß es in einer | |
Pressemitteilung der Klima-Aktivist:innen vom Mittwoch. Ökoworld selbst | |
antwortete zunächst nicht auf Anfragen. | |
Am späten Donnerstagnachmittag kam dann die überraschende Wende. Platow zog | |
seine Zusage zurück, um Schaden vom Unternehmen und seinen Mitarbeitern | |
abzuwenden. „Mit Kritik hatte ich gerechnet, allerdings nicht in diesem | |
emotionalen Ausmaß“, erläuterte er. Dabei sei es nicht mehr um Klimaschutz | |
gegangen, sondern fast nur noch „um das Thema der Strafen und Gebühren | |
sowie um mögliche Anstiftung zu Straftaten“. | |
## Aktivist:innen nun mit Privatvermögen unterstützt | |
Nachträglich erklärte Platow seine Ankündigung nun für „nicht angemessen�… | |
Außerdem betonte er: „Es war oder ist in keiner Weise meine Intention, zu | |
Straftaten anzustiften, einen Freibrief für Straftaten auszustellen oder | |
das Gesetz zu relativieren.“ | |
Stattdessen will Platow nun aus seinem eigenen Privatvermögen mit | |
Unterstützung von anderen Privatpersonen 20.000 Euro an den | |
Umwelt-Treuhandsfonds überweisen. Dieser Fonds unterstützt | |
Aktivist:innen vor allem mit Rechtsrat, kann in Einzelfällen aber auch | |
Geldstrafen und Bußgelder übernehmen. Diese Spende werde von der Ökoworld | |
AG weder mit Firmengeldern noch mit Geldern der Fondsvermögen unterstützt, | |
versicherte Platow. | |
Gegen Aktivist:innen der Letzten Generation wurden in den vergangenen | |
Monaten schon hunderte Geldstrafen verhängt. Nur in einer Handvoll Fälle | |
kam es zu Freisprüchen. Nach der ursprünglichen Ankündigung hätte die | |
Ökoworld AG allein für die bisherigen Aktionen wohl eine Summe von einigen | |
Zehntausend Euro an Geldstrafen übernehmen müssen. | |
Rechtliche Probleme hätte das nicht verursacht. Der Bundesgerichtshof (BGH) | |
hat bereits 1990 nach langer Diskussion entschieden, dass es nicht als | |
„Strafvereitelung“ strafbar ist, fremde Geldstrafen zu begleichen oder zu | |
erstatten. Zwar sei eine Geldstrafe durchaus persönlich gemeint und die | |
Bezahlung durch andere gefährde massiv den Strafzweck. Strafbar wäre aber | |
allenfalls die Bezahlung einer noch offenen Geldstrafe. | |
## Bezahlen fremder Geldstrafen ist legal | |
Bei der nachträglichen Erstattung einer Geldstrafe sei dagegen die | |
Vollstreckung der Strafe nicht mehr gefährdet, weil der Täter ja bereits | |
gezahlt hat, sagt der BGH. Es könnte also nur derjenige wegen | |
Strafvereitelung verurteilt werden, der zu „ungeschickt“ ist, um die | |
Bezahlung einer fremden Geldstrafe richtig zu etikettieren. Deshalb hat der | |
BGH das Bezahlen fremder Geldstrafen generell für legal erklärt. | |
Die Staatsanwaltschaft Berlin sah in der Ankündigung von Ökoworld auch | |
keine strafbare „Anstiftung“ zu künftigen Straftaten. Die Bereitschaft, | |
Kosten zu übernehmen, sei eher abstrakt und beziehe sich nicht auf ganz | |
konkrete Straßenblockaden, hieß es auf Anfrage. | |
Damit hatten die Ökoworld AG und ihr Chef Platow zunächst also | |
strafrechtlich nichts zu befürchten. Es war vor allem der massive | |
öffentliche Druck, der bei Platow zum Umdenken führte. | |
4 May 2023 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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