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# taz.de -- Keine Gebühren für Aktivist*innen: Preisnachlass auf Klebeaktion
> Ein Aktivist der Letzten Generation soll für einen Polizeieinsatz zahlen.
> Das Verwaltungsgericht sieht das anders.
Bild: Ob noch Gebühren auf sie zukommen werden? Wohl eher nicht, so das Urteil…
Berlin taz | Wie viel kostet es, sich fürs Klima auf die Straße zu kleben?
Rund 240 Euro, entschied die Berliner Polizei. Nichts, urteilte jetzt das
Berliner Verwaltungsgericht.
Wie so oft beginnt auch diese Kontroverse mit einem Protest der Letzten
Generation. Im Juni 2022 klebten sich die Klimaaktivist*innen an
einer Berliner Straßenkreuzung fest, wurden von der Polizei losgelöst und
weggetragen – so weit, so normal. Dann, im April 2023, erhält ein
Teilnehmer des Protests einen Bußgeldbescheid: Exakt 241 Euro soll ihn der
Polizeieinsatz kosten. Er bezahlt, strengt aber zugleich ein Eilverfahren
dagegen an.
Die Polizei stützt ihre Kostenstellung auf die „[1][Gebührenordnung für die
Benutzung polizeilicher Einrichtungen]“ – ein sperriger Name für einen
Regelkatalog, in dem die von den Betroffenen zu tragenden Kosten für
bestimmte Polizeimaßnahmen aufgelistet sind. So steht in der Verordnung zum
Beispiel, wie viel eine Nacht in der Ausnüchterungszelle oder ein
Falschalarm bei der Polizei die*den nicht ganz so brave*n Bürger*in
kostet.
Ob dem Aktivisten der Letzten Generation im betreffenden Fall die Gebühren
angerechnet werden konnten, war aber von mehreren Faktoren abhängig. Ein
zentraler davon: Dienten die polizeilichen Maßnahmen – also das Loslösen
und Wegtragen des Aktivisten – der Gefahrenabwehr? Nein, hat jetzt das
Verwaltungsgericht festgestellt.
## Spranger in der Kritik
Vasili Franco, der Innenexperte der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus,
begrüßt das Urteil. Er sieht in der versuchten Gebührenerhebung auch und
vor allem eine politische Initiative von Innensenatorin Iris Spranger
(SPD): „Mit ihrem ständigen Aktionismus untergräbt Innensenatorin Spranger
das Vertrauen in den Rechtsstaat. Dass ausgerechnet die Senatorin, die für
die Einhaltung des Rechtsstaates verantwortlich ist, rechtsstaatliche
Grenzen überschreitet, ist bedenklich.“ Spranger erweise dem Rechtsstaat
einen Bärendienst, wenn Gerichte einschreiten müssten, um sie an
rechtsstaatliche Grundsätze zu erinnern.
Auch der klimapolitische Sprecher der Linksfraktion, Ferat Koçak,
kritisiert die Erhebung von Gebühren von Protestierenden massiv. „Besonders
in Zeiten einer [2][erstarkenden AfD] ist eine solche Kriminalisierung des
Klimaprotests erschreckend“, sagt Koçak zur taz.
## Kein unübliches Vorgehen
Dass Aktivist*innen für die Kosten der von ihren Protesten ausgelösten
Polizeieinsätze aufkommen, ist in anderen Bundesländern wenig ungewöhnlich.
So müssen [3][in Hamburg, Bayern oder Baden-Württemberg]
Demonstrant*innen nach Klebeaktionen für das Loslösen und Wegtragen
durch Polizist*innen zahlen.
In Berlin wird die Gebühr dem betroffenen Aktivisten dagegen nun
zurückerstattet. Gegen den Beschluss kann beim Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt werden.
26 Sep 2023
## LINKS
[1] https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-PolEBenGebOBErahmen/part/X
[2] /Wahlumfrage-in-Sachsen/!5957474
[3] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/letzte-generation-klimaaktivisten-mu…
## AUTOREN
Clara Heuermann
## TAGS
Letzte Generation
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Polizeieinsatz
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