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# taz.de -- Investigativzeitung in Guatemala: Kampf gegen Korruption verloren
> 26 Jahre lang stand die Investigativzeitung „elPeriódico“ für Hoffnung
> auf ein besseres Guatemala. Nun wurde sie auf Druck der Mächtigen
> eingestellt.
Bild: Politischer Gefangener: Der preisgekrönte Journalist José Rubén Zamora…
„Hasta Siempre“, für immer, stand auf der Titelseite von elPeriódico –
unterlegt mit einem Dutzend der markantesten Titelseiten aus den 26 Jahren
[1][einer investigativen und höchst unbequemen Tageszeitung]. Darunter ein
letzter Artikel über die „Kriminalisierung einer kritischen Feder“ – der
Feder von Gründer und Herausgeber José Rubén Zamora. Zamora muss sich
derzeit vor Gericht wegen Geldwäsche verantworten und bezeichnet sich
selbst als „politischen Gefangenen“.
Zu Recht, so der Verband von Journalisten in Guatemala, der genauso wie
Menschenrechtsaktivisten das Verfahren gegen Zamora als politisch motiviert
bezeichnet. Zamora werde wegen seines engagierten Eintretens gegen
Korruption ins Visier genommen. Das Komitee zum Schutz von Journalisten mit
Sitz in New York machte die Regierung von Guatemala für das Verfahren
verantwortlich, das elPeriódico nicht überlebt hat.
Am Freitag erklärte die von Julia Corado vertretene knapp zehnköpfige
Restredaktion das Ende der renommierten investigativen Tageszeitung: „Mit
großer Traurigkeit sehen wir uns dazu gezwungen, die tägliche Ausgabe der
elPeriódico einzustellen. 287 Tage haben wir der Verfolgung und politischem
sowie wirtschaftlichem Druck widerstanden“, hieß es.
## Auch ökonomisch stranguliert
Corado wirft der Regierung nicht nur die Lancierung des politischen
Prozesses gegen die Zeitung, ihren Gründer und neun für das Blatt aktive
Journalisten vor, sondern auch seit dem 29. Juli 2022 zunehmend Druck auf
potenzielle Anzeigenkunden. Die Tageszeitung sei nicht nur politisch,
sondern auch ökonomisch stranguliert worden.
An jenem 29. Juli 2022 war der Direktor und Gründer von elPeriódico, José
Rubén Zamora, wegen Geldwäsche verhaftet worden. Vieles spricht dafür, dass
das Medium [2][denjenigen, die in Guatemala die Macht innehaben, zu
unbequem] geworden war. Die Tageszeitung hatte immer wieder bedeutende
Korruptionsfälle aufgedeckt, 2015 etwa über das Korruptionsnetzwerk rund um
den ehemaligen Präsidenten Otto Pérez Molina. Letztlich zwang ihn das
parallel zu den Ermittlungen der UN-Kommission gegen Straflosigkeit (CICIG)
zum Rücktritt. elPeriódico war eine Zeitung, die konsequent den Mächtigen
auf die Finger sah.
Folgerichtig recherchierte sie auch im Umfeld des amtierenden Staatschefs
Alejandro Giammattei. Zwei Tage vor der Verhaftung von José Ramón Zamora
durch ein Spezialkommando der Polizei war ein Artikel über die Netzwerke um
den Staatschef erschienen. Viele in Guatemala glauben, dass die Verhaftung
Zamoras eine Folge des Artikels war.
## Zu kritisch, zu nah dran
Zu kritisch, zu nah dran war die rund 150-köpfige Redaktion am „Pakt der
Korrupten“, [3][einem korrupten Netzwerk aus Politik, Militär,
organisierter Kriminalität und Unternehmen], die Guatemala mittlerweile
lenken, so der ehemalige elPeriódico-Redakteur Marvin del Cid: „Das ist ein
massiver Schlag gegen die Pressefreiheit, der den mafiösen Gruppen in
Guatemala in die Karten spielt.“
Das sieht der deutsche Rechtsanwalt Michael Mörth, der seit Beginn der
1990er Jahre in Guatemala lebt und die politische Entwicklung en détail
beobachtet hat, ähnlich: „elPeriódico stand für ein anderes Land. […]Das
Ende dieses Projekts markiert den Verfall von Demokratie und Pressefreiheit
und repräsentiert den Triumph des Paktes der Korrupten und damit der
Vergangenheit. Für die Zeitung ist er endgültig. Wir können nur alles
dransetzen, dass er es nicht für die Demokratie und unsere Hoffnung auf ein
anderes Land ist.“
Am 25. Juni stehen die Präsidentschaftswahlen in Guatemala an – die
kritische Analyse von elPeriódico wird fehlen.
16 May 2023
## LINKS
[1] /Pressefreiheit-in-Guatemala/!5923427
[2] /Weitere-Richterin-flieht-aus-Guatemala/!5843559
[3] /Zivilgesellschaft-in-Guatemala/!5834080
## AUTOREN
Knut Henkel
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