# taz.de -- Untersuchung in Uiguren-Provinz: VW will Werk in China prüfen | |
> Lange wehrte sich Volkswagen, Verantwortung für die Menschenrechte in | |
> seiner Fabrik in der Uiguren-Provinz zu übernehmen. Nun wird untersucht. | |
Bild: Masken von Staatschef Xi und VW-Chef Blume: Gegenwind für VW bei der Hau… | |
BERLIN taz | Umerziehungslager und Menschenrechtsverletzungen an | |
muslimischen Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang? Noch 2019 | |
wollte der damalige VW-Chef Herbert Diess davon nichts gehört haben. Dann | |
behauptete VW, die Fabrik des Autokonzerns in der Uiguren-Provinz trage | |
sogar zur Verbesserung der Menschenrechte vor Ort bei. Nun will VW die | |
Verhältnisse in seinem Werk in Urumqi untersuchen lassen: „Wir planen ein | |
transparentes, unabhängiges externes Audit, um der Öffentlichkeit volle | |
Transparenz zu geben“, sagte Konzernchef Oliver Blume am Mittwoch zu | |
Investoren. | |
Im Jahr 2013 hatte VW zusammen mit dem chinesischen Staatskonzern Saic eine | |
Montagefabrik in der Stadt Urumqi eröffnet. Die Investition war wohl auch | |
auf politischen Druck zustande gekommen, um Jobs in die entlegene | |
nordwestchinesische Provinz zu bringen. Rund 700 Menschen arbeiten hier, | |
etwa ein Viertel davon sollen zur unterdrückten Gruppe der Uiguren gehören. | |
Für VW ist China überlebenswichtig, dort werden 40 Prozent der Fahrzeuge | |
von Europas größtem Autokonzern verkauft. Noch im Mai hatte China-Chef Ralf | |
Brandstätter bei der VW-Hauptversammlung betont, er habe bei einem Besuch | |
in Xinjiang keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen entdeckt. | |
Protestierende hielten ihm dort Plakate entgegen. Aufschrift: „Uigurische | |
Zwangsarbeit bei VW beenden“. | |
Doch nun könnte das Thema wirklich gefährlich für VW – und seine | |
Konkurrenten – werden. Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und | |
Menschenrechte (ECCHR) hat [1][Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes] beim | |
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingereicht. Die | |
Unternehmen hätten bisher nicht belegt, dass sie „angemessen“ auf das | |
Risiko von Zwangsarbeit in Zulieferfabriken in der Uiguren-Region | |
reagierten, so das ECCHR am Mittwoch. | |
## Menschenrechte auch in Lieferketten | |
Allerdings sind Konzerne seit Anfang 2023 durch das [2][Lieferkettengesetz] | |
dazu verpflichtet, neben dem Schutz der Umwelt auch für Menschenrechte | |
entlang ihrer Lieferketten zu sorgen. Auch Firmen, die im Ausland | |
produzieren, müssen Verantwortung für Produktionsverfahren und | |
Arbeitsbedingungen bei ihren Zulieferern übernehmen. | |
Die Betroffenen sind skeptisch, wie ernst VW seine Ankündigung meint: „Es | |
ist wichtig für uns zu sehen, dass VW unsere Beschwerden ernst nimmt“, sagt | |
Eva Stocker vom Weltkongress der Uiguren zur taz. Allerdings zweifelt sie, | |
ob eine unabhängige Untersuchung der Menschenrechtslage in Xinjiang | |
überhaupt möglich ist. „Kein Uigure dort kann frei sprechen. Es ist wie in | |
einem Freiluftgefängnis.“ Eigentlich müsste sich VW aus Xinjiang komplett | |
zurückziehen. Ähnliches gelte für die anderen von der ECCHR-Beschwerde | |
betroffenen deutschen Autokonzerne, die aus der Region Kupfer oder Stahl | |
beziehen. | |
„Ein Audit in der Region kann nicht effektiv sein“, betont auch [3][Tilman | |
Massa, Co-Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionäre], der | |
die Beschwerde wegen des Lieferkettengesetzes wie die Uigurenvereinigung | |
unterstützt. Das habe auch der TÜV erkannt und sich deshalb vor drei Jahren | |
dort zurückgezogen. VW habe zudem nicht transparent gemacht, was genau | |
untersucht werden solle, kritisiert Massa. Er erwartet, dass Investoren | |
künftig auf noch mehr Transparenz auch bei den Lieferketten pochen. | |
[4][Neue Untersuchungen] belegten, welche Zulieferer genau problematisch | |
seien. Diese müssten von VW ausgeschlossen werden. | |
Tatsächlich werden auch für Investoren Menschenrechte immer wichtiger bei | |
ihren Anlageentscheidungen. Zwangsarbeit in der Lieferkette ist häufig | |
klares Ausschlusskriterium. Deshalb hat VW im Nachhaltigkeitsrating des | |
Finanzdienstleisters MSCI bereits Minuspunkte wegen möglicher Verstöße | |
gegen Sozialstandards in Urumqi bekommen. | |
22 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ecchr.eu/pressemitteilung/deutscher-wirtschaftsmotor-brummt-dan… | |
[2] /Expertin-ueber-EU-Lieferkettengesetz/!5934619 | |
[3] /Kritischer-Aktionaer-ueber-Aktivismus/!5935742 | |
[4] https://www.shu.ac.uk/helena-kennedy-centre-international-justice/research-… | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
## TAGS | |
VW | |
Lieferketten | |
Uiguren | |
Volkswagen | |
Volkswagen | |
China | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
China | |
VW | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Zwangsarbeitsvorwürfe gegen Volkswagen: Zweifel an VW-Bericht zu Uiguren | |
Eine Untersuchung sollte klären, ob VW in China von Zwangsarbeit der | |
Uiguren profitiert. Doch nun steht die Untersuchung in der Kritik. | |
Bericht zu VW-Werken in China: Volkswagen sieht sich reingewaschen | |
Ein Gutachten bescheinigt, dass der Autokonzern VW in China keine | |
Menschenrechtsverletzungen gegen Uiguren begeht. Doch am Bericht gibt es | |
Zweifel. | |
China-Strategie von BASF: Volles Risiko | |
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist derzeit im Innern im Einsatz | |
und besucht den BASF-Konzern. Das ist dennoch von geopolitischer Relevanz. | |
Kritischer Aktionär über Aktivismus: „Druck ist am effektivsten“ | |
Torten bei der VW-Hauptversammlung, Resolution beim Aktionärstreffen von | |
Shell: Wie Aktivisten Macht bei Konzernen erlangen, erklärt Tilmann Massa. | |
Vor Scholz' China-Reise: Kritik von Menschenrechtsvertretern | |
Am Donnerstag reist Olaf Scholz nach China. Exil-Uiguren und | |
Menschenrechtler:innen fürchten, dass der Kanzler ihr Thema | |
vernachlässigen könnte. | |
VW-Betriebsratschefin zu Menschenrechten: „Wir haben eine Verantwortung“ | |
Daniela Cavallo ist die erste Frau an der Spitze des | |
VW-Konzernbetriebsrats. Bei Volkswagen komme man von einer Krise zur | |
anderen, sagt sie. |