# taz.de -- Polizeibeauftragter Berlin: Akteneinsicht gefordert | |
> Unabhängiger Polizeibeauftragter erstattet im Parlament Bericht. Rund 200 | |
> Beschwerden eingegangen. Fall des Kongolesen Medard Mutombo ungeklärt. | |
Bild: Rund die Hälfte der Beschwerden betreffen Polizeiangelegenheiten | |
Berlin taz | Nach neun Monaten im Amt erstattete Berlins erster | |
unabhängiger Polizei- und Bürgerbeauftragter dem Abgeordnetenhaus am | |
Donnerstag erstmals Bericht und sparte dabei nicht mit Kritik. Wegen | |
fehlender Einsicht in Ermittlungsakten könne er seine Arbeit oftmals kaum | |
machen, sagte [1][Alexander Oerke]. | |
Das gelte nicht nur in Fällen, wo gegen die Polizisten zugleich | |
strafrechtlich ermittelt werde. Auch wenn gegen etwaige Beschwerdeführer | |
ermittelt werde, etwa wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, sei das | |
so. Dass die Staatsanwaltschaft auch im Fall von Beschwerdeführern keine | |
Akten rausgebe, sei ihm vorher nicht klar gewesen, so Oerke. Wichtige | |
Zeugenaussagen oder Obduktionsberichte würden ihm so vorenthalten. | |
„Dadurch wird die objektive Prüfung erschwert oder unmöglich gemacht.“ Um | |
seine Befugnisse „zu schärfen“ und das Amt „fruchtbarer zu machen“, | |
appellierte Oerke an den Bundesgesetzgeber, die Strafprozessordnung (StPO) | |
in diesem Punkt zu ändern: „Parlamentarisch gewählte Polizeibeauftragte | |
müssen ein Akteneinsichtrecht bekommen.“ | |
Unterstützung fand Oerke damit am Donnerstag bei Grünen und Linken. Die | |
Ampel müsse die StPO an dieser Stelle reformieren, zumal es nun auch auf | |
Bundesebene einen Polizeibeauftragten gebe, sagte Niklas Schrader, | |
innenpolitischer Sprecher der Linken. Der CDU-Innenpolitiker Burkard | |
Dregger hielt das für überflüssig. „Wir haben eine funktionierende Justiz.… | |
## Mit deutlicher Zunahme gerechnet | |
In diesem Jahr sind 117 Beschwerden bei Oerke eingegangen, im Vorjahr waren | |
es 78. Ungefähr die Hälfte beträfen Polizeiangelegenheiten, sagte der | |
Beauftragte. Er rechne 2023 mit einer deutlichen Zunahme. [2][Initiativen | |
und Beratungsstellen], die mögliche Polizeiübergriffe registrieren, würden | |
sich noch zu wenig an ihn wenden, bedauerte er. | |
[3][Der Tod des 64-jährigen Kongolesen Medard Mutombo] sei der schwerste | |
Fall, mit dem er konfrontiert sei, so Oerke zur taz. Nach einem | |
Polizeieinsatz in einem Spandauer Wohnheim hatte der psychisch kranke | |
Schwarze im September 2022 drei Wochen im Koma gelegen und war dann | |
gestorben. Die Staatsanwaltschaft hat das Todesermittlungsverfahren | |
kürzlich eingestellt. Der Bruder des Toten hat Beschwerde eingelegt und | |
sich gleichzeitig an Oerke gewandt. | |
Auch nach einer endgültigen Verfahrenseinstellung bekäme er von der | |
Staatsanwaltschaft keine Akteneinsicht, sagt Oerke. Der Fall sei menschlich | |
sehr belastend. „Man möchte wissen, warum dieser Mensch gestorben ist, auch | |
um daraus zu lernen.“ Schließlich habe die Polizei immer wieder mit | |
psychisch Kranken und Drogenabhängigen zu tun. | |
11 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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