# taz.de -- CDU-Landesparteitag zur Koalition: Ohne jede Gegenstimme | |
> Während die SPD beim Mitgliedervotum Schwarz-Rot nur mit knapper Mehrheit | |
> unterstützt hat, stimmen die Christdemokraten unisono für das Bündnis. | |
Bild: Der bisher letzte CDU-Regierungschef neben dem mutmaßlich nächsten: Ebe… | |
Berlin taz | Wieder der Euref-Campus in Berlin-Schöneberg. Hier segnen die | |
CDU-Delegierten am frühen Montagabend einstimmig und binnen weniger | |
Sekunden ab, wozu sich bei der SPD [1][nach drei Wochen Abstimmung nur 54,3 | |
Prozent] durchringen konnten: die Koalition mit den Sozialdemokraten und | |
den 135-seitigen Vertrag dazu. | |
Wieder, weil dieses Gelände in den vergangenen Jahren schon mehrfach | |
bedeutsam für die CDU war. Nicht bloß, weil ihre Sondierungsgespräche und | |
[2][Teile der Koalitionsverhandlungen] jüngst genau hier anstanden. Hier | |
nahm auch vor vier Jahren seinen Anfang, was am Donnerstag im | |
Abgeordnetenhaus zur Wahl Kai Wegners zum ersten CDU-Regierungschef seit | |
fast 22 Jahren führen soll. | |
Denn auf dem Euref-Campus, in einem backsteinernen Café neben dem | |
Gasometer, knapp 100 Meter von der Leichtbauhalle des Parteitags, kündigte | |
Wegner 2019 seine [3][Kandidatur für den CDU-Landesvorsitz] an und drängte | |
damit die damalige Chefin Monika Grütters aus dem Amt. Er brenne für | |
Berlin, ihn bedrücke der Zustand der Stadt, er wolle daran etwas ändern, | |
war damals sinngemäß von ihm zu hören. Ernst nahmen das damals längst nicht | |
alle – zu chancenlos stand die CDU damals da, zu weit weg vom Mitregieren, | |
geschweige denn von der Übernahme des Roten Rathauses, wo sie zuletzt 2001 | |
zuhause war. | |
Nun sitzt Wegner in der ersten Reihe des Parteitags neben dem Mann, der | |
2001 im Zuge des Berliner Bankenskandals den dortigen Chefposten abgeben | |
musste: Eberhard Diepgen, inzwischen 80 Jahre alt, fast 16 Jahre lang | |
Regierungschef, seit langem Ehrenvorsitzender der Berliner CDU. In seine | |
Richtung verspricht Wegner, als er zu seiner Rede am Mikrophon steht: Er | |
werde Tag für Tag dafür arbeiten, dass Berlin „wieder so einen starken | |
Regierenden Bürgermeister bekommt, wie Sie es waren“. | |
Um überhaupt nach vorne in die erste Reihe des Parteitags zu kommen, vom | |
Saaleingang knapp 50 Meter, hat Wegner mehrere Minuten gebraucht. Immer | |
wieder wird er angesprochen, schüttelt Hände, bekommt Gratulationen. | |
Überhaupt haben es die Delegierten nicht eilig, mit 23 Minuten Verspätung | |
erst geht es los. Lange gab es schließlich nicht mehr so viel Grund zum | |
Freuen und Feiern bei der CDU. | |
## „Mehrheit ist Mehrheit“ | |
Wegner mag sich auf gar keine Diskussionen über den Wert des | |
SPD-Abstimmungsergebnisses vom Sonntag einlassen: „Unsere Demokratie kennt | |
keine knappen oder große Mehrheiten – Mehrheit ist Mehrheit.“ Auch kein | |
Problem für ihn ist, dass der SPD-Fraktionschef über Schwarz-Rot immer | |
wieder gesagt hat, es sei keine Liebesheirat. Das stimme, sagt Wegner, | |
„aber eine Zwangsheirat wie Rot-Grün-Rot ist es auf jeden Fall nicht.“ | |
Schwarz-Rot sei eine Vernunftehe, und genau darum geht es: „Vernunft beim | |
Wohnungsbau, Vernunft bei Sicherheit und endlich wieder Vernunft beim | |
Verkehr.“ | |
Bei viel Lob für Raed Saleh und und dessen SPD-Co-Chefin Franziska Giffey | |
erlaubt sich Wegner doch einen Seitenhieb auf die beiden, von denen | |
mantrahaft zu hören war und ist, der Koalitionsvertrag trage eine | |
sozialdemokratische Handschrift: Er habe da jetzt noch mal in den | |
135-seitigen Vertrag geguckt – „alle Buchstaben sind schwarz gedruckt.“ | |
Sein Generalsekretär Stefan Evers nutzt eine eigene Rede, den seit Januar | |
erhobenen [4][Rassismus-Vorwurf gegen seine Partei] zu kontern: In | |
Reinickendorf sei für die CDU nun die ehemalige Staatssekretärin Emine | |
Demirbüken-Wegner die erste türkeistämmige und muslimische | |
Bezirksbürgermeisterin Berlins. „Das sagt Einiges über die Hysterie aus, | |
die in den vergangenen Monaten die Wahrnehmung der CDU geprägt hat“, sagt | |
Evers. | |
Später wird der Generalsekretär als künftiger Finanzsenator vorgestellt – | |
wenn Wegner wie geplant am Donnerstag im Abgeordnetenhaus gewählt wird, | |
ernennt er danach die Senatsmitglieder von CDU und SPD. Was zu seinem | |
künftigen Ressort nicht passen mag ist, dass Evers ausgerechnet haben will, | |
seit der [5][Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar] seien erst sieben Wochen | |
vergangenen – tatsächlich sind es zehn. | |
24 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Die-SPD-stimmt-fuer-Schwarz-Rot/!5929650 | |
[2] /Schwarz-Rote-Verhandlungen-in-Berlin/!5917505 | |
[3] /Kandidatur-von-Kai-Wegner/!5579960 | |
[4] /Widerstand-gegen-CDU/SPD-Regierung/!5918955 | |
[5] https://wahlen-berlin.de/wahlen/BE2023/AFSPRAES/agh/index.html | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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