# taz.de -- Rechte Angriffe in Berlin 2022: Fast alle schauen weg | |
> Die Beratungsstelle Rechout stellt ihren Report zu rechten Angriffe 2022 | |
> vor. Die Zahl bleibt hoch. Meist geschehen die Taten öffentlich. | |
Bild: Auch beim Übergriff auf Dilan S. schauten Passant:innen einfach zu | |
BERLIN taz | Mindestens 490 Menschen wurden 2022 in Berlin durch | |
rassistische, antisemitische und extrem rechte Angriffe verletzt und | |
bedroht. Das teilte die Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer | |
und antisemitischer Gewalt Reachout am Donnerstag bei der Vorstellung ihrer | |
[1][Jahreschronik] mit. | |
Die Zahl von 336 Angriffen sei fast so [2][hoch wie 2021] (353). | |
„Erschreckend ist, dass nach unseren Erkenntnissen die meisten Angriffe im | |
öffentlichen Raum, in Verkehrsmitteln und an Haltestellen stattfinden“, | |
sagte Reachout-Mitarbeiterin Sabine Seyb. Also überall dort, wo | |
Passant*innen helfen könnten – was aber fast nie geschehe. | |
In der Chronik, die der Verein seit über 20 Jahren erstellt, sind für 2022 | |
erneut erschütternde Beispiele versammelt. Etwa der Fall einer Frau, die am | |
Abend des 4. August in Moabit in einen Bus steigt. Ein vor ihr sitzender | |
Mann dreht sich um, spuckt ihr ins Gesicht und beleidigt sie | |
LGBTIQ*-feindlich. „Weder der Busfahrer noch andere Fahrgäste kommen der | |
Frau zur Hilfe“, heißt es in der Chronik. | |
Zumindest in dieser Hinsicht besser ergeht es einem Radfahrer, der am 6. | |
August, an einer Ampel wartend, von einem Unbekannten antisemitisch | |
beleidigt und mehrfach auf den Kopf und ins Gesicht geschlagen wird. Ein | |
Zeuge greift ein, so die Chronik, und es „gelingt dem Betroffenen, sich von | |
der Fahrbahn in Sicherheit zu bringen“. | |
## Mehrheit der Angriffe rassistisch motiviert | |
Wie in den Jahren zuvor ist die Mehrheit der Angriffe (198, fast 60 | |
Prozent) [3][rassistisch motiviert], so Reachout: davon seien mindestens 13 | |
antimuslimisch, 6 antiziganistisch und 31 gegen Schwarze Menschen gerichtet | |
gewesen. 57 Taten wurden aus LGBTIQ*-feindlichen Motiven begangen (2021: | |
47), 25 aus antisemitischen (2021: 24). 28 Angriffe richteten sich gegen | |
politische Gegner*innen, 16 gegen Journalist*innen und 8 gegen | |
obdachlose Menschen. | |
Vom neuen Senat fordert Reachout, dass die im Koalitionsvertrag | |
vereinbarte Enquete-Kommission gegen Rassismus und Diskriminierung noch vor | |
der Sommerpause eingesetzt wird. Erneut kritisierte der Verein, dass er | |
seit 2021 von der Polizei keine Listen mehr mit Daten zu rechten Straftaten | |
bekommt. | |
Dadurch fehlten wichtige Informationen und die Aufgabe des Monitorings | |
werde enorm erschwert, erklärte Seyb. „Die Lösung wäre ganz einfach: Die | |
Polizei müsste nur zu jeder rechten Straftat eine Pressemitteilung machen.“ | |
4 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.reachoutberlin.de/de/Aktuelles/Ver%C3%B6ffentlichungen/Pressemi… | |
[2] /Zahlen-zu-Rassimus-und-Diskriminierung/!5852826 | |
[3] /Polizeigewalt-in-Berlin/!5883710 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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