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# taz.de -- Klüngel im Bundeswirtschaftsministerium: Chefsuche beginnt von vorn
> Die Energieagentur Dena startet ein neues Chef-Findungsverfahren. Nach
> der Affäre um Staatssekretär Graichen erhebt die CDU weitere Vorwürfe.
Bild: Patrick Graichen, Staatssekretaer im BMWK
Berlin taz | Die Deutsche Energieagentur (Dena) wird das Verfahren zur
Einsetzung eines neuen Geschäftsführers neu auflegen. Nach Informationen
der taz geht davon Dena-Aufsichtsratschef Stefan Wenzel (Grüne) aus, der
parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium von Robert
Habeck ist. Das ist der Versuch, einen Schlussstrich unter die
Trauzeugen-Affäre um den designierten neuen Dena-Geschäftsführer Michael
Schäfer zu ziehen.
In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass [1][Schäfer von einer
Kommission für die letzte Bewerbungsrunde des Co-Chefpostens bei der
bundeseigenen Agentur vorgeschlagen worden ist,] der auch der
Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Patrick Graichen angehörte.
Schäfer war Graichens Trauzeuge. Die endgültige Personalentscheidung hat
der Aufsichtsrat der Dena getroffen, dem Graichen nicht angehört. Mit der
Suche nach geeigneten Kandidat:innen war ein externer
Personaldienstleister beauftragt worden. Nach Angaben des
Wirtschaftsministeriums führte die Kommission Gespräche mit sechs
Kandidat:innen und befand Schäfer einstimmig als denjenigen mit der
besten Qualifikation.
Ursprünglich sollte Schäfer seinen Posten am 15. Juni antreten. Der
Verwaltungswissenschaftler war bis 2016 energiepolitischer Sprecher der
Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, danach beim von Graichen
mitgegründeten Thinkthank Agora Energiewende und dann Leiter der Abteilung
Klimapolitik bei den Naturschutzorganisationen WWF sowie Nabu. Beim
[2][Nabu kündigte er im vorigen Jahr,] weil er dessen Kritik an der
Windkraft falsch findet.
Graichen hat inzwischen die Teilnahme an der Personalsuche als Fehler
bezeichnet. „Ich hätte mich ab dem Moment, als Michael Schäfer Kandidat
wurde, aus dem Verfahren zurückziehen sollen, damit im weiteren Prozess
kein falscher Eindruck entsteht“, erklärte er. Das
Bundeswirtschaftsministerium erklärte, es habe zwar keine rechtlichen
Fehler gegeben, aber es „könnte der Anschein einer möglichen Befangenheit
entstanden sein“. Oppositionspolitiker haben wiederholt den Rücktritt
Graichens gefordert. Habeck räumt Fehler ein, weist das aber zurück.
Graichen ist ein ausgewiesener Fachmann für die Energiewende. Unter seiner
Regie treibt das Wirtschaftsministerium den Ausbau der erneuerbaren
Energien massiv voran. Auch das geplante umstrittene
Heizungsaustauschgesetz geht maßgeblich auf ihn zurück. Sein Rückzug wäre
für Habeck ein dramatischer Verlust.
## Verschwägerte Staatssekretäre
Ob die Angelegenheit mit dem Neuaufrollen der Postenbesetzung bei der Dena
erledigt ist, ist offen. Im Zuge der Trauzeugen-Affäre ins Blickfeld
geraten sind die verwandtschaftlichen Beziehungen im
Wirtschaftsministerium. Graichen ist verschwägert mit Michael Kellner, der
ebenfalls Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium ist. Kellners Frau
Verena Graichen und ein weiterer Bruder arbeiten beim renommierten
Öko-Institut, das Aufträge von der Regierung erhält. Das ist seit der
Regierungsübernahme bekannt. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, sind
Graichen und Kellner nicht an der Auftragsvergabe an das Öko-Institut
beteiligt.
Die öffentliche Empörung [3][über die – seit Langem bekannten –
Verbindungen] ist groß. Oppositionspolitiker wie der
CDU-Bundestagsabgeordnete Tilmann Kuban etwa sprechen von „mafiösen
Tendenzen“. CDU-Generalsekretär Mario Czaja nutzt die Trauzeugen-Affäre für
eine Generalabrechnung mit Habecks Politik. „Es steht die Integrität des
Bundeswirtschaftsministers selbst in Frage“, sagte er im Sender Welt-TV.
Czaja wirft Habeck außerdem vor, 18 Referatsleiter-Positionen ohne
Ausschreibung besetzt zu haben und „gegen den Sachverstand des
Ministeriums“ zu regieren. Die Folge sei „der ganze Mist“, den er bei der
Gaspreisbremse, beim Heizungsgesetz oder beim Atomausstieg gebaut habe,
sagte Czaja.
Allerdings kommen Besetzungen ohne Ausschreibung auch in anderen
Ministerien immer wieder vor. Auch im Verkehrsressort wurden mehr als ein
Dutzend Stellen ohne Ausschreibung besetzt. Das ist etwa der Fall, wenn die
Position ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Minister erfordert. „Das
ist ein übliches Verfahren“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Dafür gäbe es klare Regeln.
3 May 2023
## LINKS
[1] /Verflechtungen-im-Wirtschaftsministerium/!5931203
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## AUTOREN
Anja Krüger
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Klara Geywitz
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