# taz.de -- Verflechtungen im Wirtschaftsministerium: Freunde der Energiewende | |
> Der neue Chef der Deutschen Energie-Agentur war Trauzeuge von Robert | |
> Habecks Staatssekretär Patrick Graichen. | |
Bild: Robert Habecks Staatssekretär Patrick Graichen (links) steht unter Druck… | |
BERLIN taz | Sie standen quasi schon zusammen vor dem Traualtar: Als | |
Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen heiratete, war Grünen-Politiker | |
und Umweltschützer Michael Schäfer sein Trauzeuge. Bald soll Schäfer einen | |
neuen Job antreten, Vorstand der Geschäftsführung der bundeseigenen | |
[1][Deutschen Energie-Agentur (Dena)] werden. Wer in die letzte | |
Bewerbungsrunde kommt, entschied eine vierköpfige Gruppe, der unter anderem | |
Patrick Graichen angehörte. | |
Hat das ein Geschmäckle – und eventuell ein zu starkes? Das will das | |
Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) nun prüfen lassen, | |
nachdem Graichen die enge persönliche Verbindung zu Schäfer Anfang der | |
Woche selbst gemeldet habe. Das [2][teilte] das Ministerium am Donnerstag | |
mit. | |
Die Dena ist ein bundeseigenes Unternehmen. Ihre Anteile gehören zur Hälfte | |
dem Bund, zu 26 Prozent der staatlichen Förderbank KfW und zu 24 Prozent | |
der Dena selbst. Ihre Aufgabe: die Energiewende voranzubringen, indem sie | |
beispielsweise Studien durchführt oder Pilotprojekte auf den Weg bringt. | |
Oft geschieht das im Auftrag ihrer Gesellschafter. | |
Besonders eng ist die Zusammenarbeit aufgrund der inhaltlichen Nähe mit dem | |
Wirtschaftsministerium. Habecks Haus vertritt die Bundesregierung in der | |
Gesellschafterversammlung der Dena und hat beispielsweise 2021 mehr als | |
zwei Drittel der Mittel für deren Projektarbeit bereitgestellt. | |
## Schäfer hat langjährige Erfahrung mit Energiepolitik | |
Schäfer bringt nachweislich viel Erfahrung in Sachen Energie- und | |
Klimapolitik mit: Von 2006 bis 2016 war er energiepolitischer Sprecher der | |
Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Im Anschluss war der | |
Verwaltungswissenschaftler einige Monate lang Projektleiter für | |
Industriepolitik beim Thinktank Agora Energiewende, den Patrick Graichen | |
mitgegründet hat und damals leitete. | |
Danach leitete Schäfer mehrere Jahre lang die Abteilung Klimapolitik beim | |
WWF, später die des Nabu. [3][Dort trat er im vergangenen Jahr zurück], | |
weil der Naturschutzbund immer wieder den Ausbau der Windkraft kritisiert. | |
Laut Habecks Wirtschaftsministerium sind bei Schäfers Berufung zum Vorstand | |
der zweiköpfigen Dena-Geschäftsführung „zwar rein rechtlich keine Fehler im | |
Verfahren aufgetreten“. Es räumt aber ein: „Aufgrund eines Fehlers in einem | |
vorgeschalteten Vorauswahlprozess könnte der Anschein einer möglichen | |
Befangenheit entstanden sein.“ Die Entscheidung darüber, ob das | |
Bewerbungsverfahren noch mal aufgerollt wird, obliege dem Aufsichtsrat der | |
Dena. | |
Der war es auch, der Schäfer am 5. April final ausgewählt hatte. Dieses | |
Gremium leitet Stefan Wenzel, einer der Parlamentarischen | |
Staatssekretär:innen des Wirtschaftsministeriums. Patrick Graichen | |
sitzt nicht darin, dafür unter anderem eine Vertreterin des | |
Bundesverkehrsministeriums von Volker Wissing (FDP), des | |
Bundesumweltministeriums von Steffi Lemke (Grüne) und der staatlichen | |
Förderbank KfW. | |
## Weitere Verflechtungen rund um Graichen | |
Die aktuelle Personalie schlägt besonders Wellen, weil um Graichen herum | |
schon mehrere persönliche Verflechtungen bekannt sind. Er hat zwei | |
Geschwister, die am Öko-Institut forschen. Das führt seit vielen Jahren | |
manchmal Gutachten im Auftrag verschiedener Bundesministerien durch. | |
Graichens Schwager ist zudem der Grünen-Politiker Michael Kellner, aktuell | |
Parlamentarischer Staatssekretär in Habecks Ressort. | |
Darüber berichteten kürzlich mehrere Medien, die taz hatte bereits vor | |
anderthalb Jahren [4][über die Verbindungen geschrieben]. Offengelegt hatte | |
das Ministerium sie damals von sich aus. Es werde „selbstverständlich | |
sichergestellt, dass keine Interessenkonflikte bei der Vergabe von Studien | |
oder Aufträgen entstehen“, hieß es. | |
In Teilen der Opposition im Bundestag herrscht Empörung. Die AfD | |
veranlasste eine sogenannte Aktuelle Stunde, also eine Debatte, zu dem | |
Thema. Stephan Brandner, Abgeordneter der Rechtsextremen, beklagte dabei | |
„grüne Clanstrukturen“. Der CDU-Abgeordnete Tilman Kuban sprach gar von | |
„mafiösen Tendenzen“. | |
28 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dena.de/startseite/ | |
[2] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Meldung/2023/270423-verfahren-zur-neubeset… | |
[3] /Klimachef-des-Nabu-wirft-hin/!5852509 | |
[4] /Wirtschafts--und-Klimaministerium/!5822657 | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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