| # taz.de -- Giftige Vögel entdeckt: Gefährliche Schönheiten | |
| > Forschende haben auf Papua-Neuguinea Vogelarten entdeckt, die ein starkes | |
| > Nervengift enthalten. Den Vögeln selbst macht es nichts aus. | |
| Bild: Der Ockerpitohui | |
| Forschende von der Universität Kopenhagen identifizierten auf einer | |
| Expedition auf Papua-Neuguinea [1][zwei Vogelarten, die giftig sind.] Die | |
| Vögel enthalten dasselbe Nervengift wie der Pfeilgiftfrosch: Batrachotoxin. | |
| Sie lagern es hauptsächlich in Haut und Federn ein. Eine Berührung mit dem | |
| Federkleid löst Hautreizungen aus, ist aber nicht tödlich. Wie [2][auch der | |
| Pfeilgiftfrosch] produzieren die Vögel das Gift nicht selbst, sondern | |
| nehmen es über die Nahrung auf. | |
| Das Forschungsteam begab sich auf gefährliches Terrain, um die Federn von | |
| 27 Vogelspezies auf ihre Toxizität zu prüfen. Papua-Neuguinea ist ein | |
| Hotspot für giftige Vögel: Bereits zehn toxische Vogelarten sind dort zu | |
| Hause. Der zu den Sperlingsvögeln gehörende [3][Pitohui] wurde 1990 durch | |
| einen Zufall als erster giftiger Vogel identifiziert. Bei den zwei neu | |
| entdeckten Giftvögeln handelt es sich um den Oliv-Bergdickkopf Pachycephala | |
| schlegelii und den Rotnackenpfeifer Aleadryas rufinuch. | |
| Beide Arten kommen in Ozeanien häufig vor. Umso erstaunter waren die | |
| Forschenden über den Befund, dass die Vögel giftig sind. Ganz im Gegensatz | |
| zu den Einheimischen Papua-Neuguineas: Sie berichten, dass das Fleisch | |
| scharf und bitter schmecke, ungefähr so wie eine Chilischote. Der Verzehr | |
| des Fleisches ist in kleinen Mengen für Menschen nicht lebensbedrohlich. | |
| Der Kontakt mit den Federn der Vögel löst Reizungen der Schleimhäute aus. | |
| Der dänische Wissenschaftler und Teilnehmer der Expedition Knud Jønsson | |
| beschreibt die Handhabung so: „Es fühlt sich irgendwie unangenehm an, und | |
| es ist nicht gerade verlockend, lange an einem [Vogel] zu hängen.“ | |
| ## Das Gift wird eingelagert | |
| Die Vögel nehmen das Gift über ihre Nahrung auf und lagern es in Haut, | |
| Federn und Muskeln ein. Im Magen der Vögel wurden Käfer der Gattung | |
| Choresine gefunden. Von den Käfern ist bekannt, dass sie giftig sind. Die | |
| Anpassung an das Gift ermöglichte es den Vögeln, ihr Nahrungsspektrum zu | |
| erweitern. | |
| Die Einlagerung des Nervengifts im Körper des Vogels erfolgt wohl | |
| unwillkürlich. Ein netter Nebeneffekt, der die Tiere vor Fressfeinden und | |
| Parasiten schützt, vermuten die Biolog:innen. | |
| Der Name Batrachotoxin stammt vom griechischen Wort für Frosch – Batrachos. | |
| Seinen Namen erhielt das Nervengift, nachdem es in giftigen Fröschen in | |
| Südamerika entdeckt wurde. Menschen nutzten das Gift für die Jagd, in dem | |
| sie mit einer Pfeilspitze über die Haut des Frosches strichen. | |
| Batrachotoxin ist [4][eines der stärksten Nervengifte.] Es wirkt, indem es | |
| die Natriumkanäle in den Skelettmuskeln dazu zwingt, sich in einer offenen | |
| Position zu verriegeln. Das führt, je nach Menge des Gifts, zu extremen | |
| Muskelkrämpfen, die zum Tod führen können. | |
| Die Vögel selbst sind gegen das Gift immun. Die Forschenden entdeckten | |
| durch genetische Analysen Mutationen auf dem Gen SCN4A. Durch die | |
| Transkription dieses Gens werden die Natriumkanäle synthetisiert. Die | |
| Mutationen wandeln den Natriumkanal aber so ab, dass die Moleküle des Gifts | |
| nicht mehr andocken können. | |
| Die Giftkonzentration des Rotnackenpfeifers und Oliv-Bergdickkopfs ist | |
| deutlich geringer als beim Pfeilgiftfrosch. Beide Tierarten entwickelten | |
| unabhängig voneinander ähnliche Eigenschaften gegen das Nervengift | |
| Batrachotoxin, obwohl sie stammesgeschichtlich nicht verwandt sind. | |
| Durch die Erforschung der giftigen Vögel lernen die Forscher:innen, wie | |
| verschiedene Tierarten Resistenzen gegen Toxine erwerben. Wissen darüber, | |
| wie sich Tiere an Giftstoffe anpassen und wie diese Stoffe in den Zellen | |
| und Körpern der Tiere wirken, könnte dabei helfen, Vergiftungen auch bei | |
| Menschen zu behandeln. | |
| 24 Apr 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://phys.org/news/2023-03-birds-neurotoxin-laden-feathers-guinea.html | |
| [2] https://www.deutschlandfunk.de/schutz-vor-eigenem-gift-ueberlebenstrick-der… | |
| [3] https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/giftige-voegel-der-zweifarbenpit… | |
| [4] https://www.swr.de/wissen/odysso/broadcastcontrib-swr-35376.html | |
| ## AUTOREN | |
| Christopher Wandschneider | |
| ## TAGS | |
| Gift | |
| Vögel | |
| Papua-Neuguinea | |
| Biologie | |
| Natur | |
| Kopenhagen | |
| Naturwissenschaft | |
| Papua-Neuguinea | |
| Wassermangel | |
| wochentaz | |
| Naturwissenschaft | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Grassierende Gewalt in Papua-Neuguinea: UN melden bis zu 50 Tote | |
| Im Porgera-Tal im Hochland von Papua-Neuginea kommt es bei einer großen | |
| Gold- und Silbermine zu Gewalt unter konkurrierenden Bevölkerungsgruppen. | |
| Akustik von Pflanzen: Unerhörter Lärm gestresster Tomaten | |
| Pflanzen geben unter Stress mehr Ultraschallgeräusche von sich. Ein | |
| israelisches Forschungsteam hat genauer hingehört. | |
| Studie zu großen Meeressäugern: Wale als Klimaschützer | |
| Wer Wale schützt, tut auch was fürs Klima. Denn in Form von Kot und | |
| Kadavern nehmen die Meeressäuger jede Menge Kohlenstoff mit auf den | |
| Meeresboden. | |
| Wissenschaftlerin über Geoengineering: „Wir geben der Natur Rückenwind“ | |
| Die Geologin Maria-Elena Vorrath entwickelt Techniken, mit denen CO2 aus | |
| der Atmosphäre geholt werden kann. Sie sagt: Ohne Geoengineering geht es | |
| nicht. |