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# taz.de -- Konflikt um Frankreichs Rentenreform: „Radikalisierte Regierung“
> In Frankreich verhärtet ein Treffen der Gewerkschaften und der
> Premierministerin die Fronten. Jedes Entgegenkommen gilt als Schwäche.
Bild: Die neue Chefin der Gewerkschaft CGT, Sophie Binet, im Regierungspalast �…
Paris taz | Am Mittwochvormittag hat Frankreichs Premierministerin
Elisabeth Borne die Gewerkschaften im Regierungspalast in Paris empfangen.
Über den Inhalt der umstrittenen Rentenreform und insbesondere die Erhöhung
des gesetzlichen Rentenalters auf 64 Jahre wollte Borne aber nicht
diskutieren – und das Gesetz zurücknehmen, wie dies die Gewerkschaften
geschlossen verlangen, erst recht nicht. Sehr schnell wurde bei dem Treffen
also klar, dass sich die Regierung und die Gewerkschaftsdelegationen kaum
etwas zu sagen haben. Das Kräftemessen im Konflikt um die Reform geht also
in die nächste Runde.
In der vergangenen Woche hatte die Gewerkschaftseinheit Intersyndicale der
Regierung Verhandlungen mit Vermittlern vorgeschlagen, um so einen Ausweg
aus dem Konflikt zu finden. Das hatte Regierungssprecher Olivier Véran in
unverständlich barschem Ton zurückgewiesen, Borne bot daraufhin den
Gewerkschaften das Gespräch an. Der Zweck: Sie wollte nicht den Eindruck
erwecken, dass die Fortsetzung der Krise ihre Schuld wäre. Gleichzeitig
würde ihr jede Geste des Entgegenkommens oder der Bereitschaft zu
Konzessionen als fatales Schwächezeichen ausgelegt.
Vielleicht hatte die Regierungschefin gehofft, bei dem Empfang ein wenig
römische Politik betreiben zu können: Teile und herrsche. Denn die
[1][Gewerkschaftsverbände kämpfen seit Wochen geschlossen gegen die
Reform]. Mit den Vertretern über andere Themen als die Reform zu sprechen
und so deren Einheit möglicherweise zu spalten, ist Borne aber wohl nicht
geglückt.
Es war bezeichnenderweise der [2][Chef der gemäßigten Gewerkschaft CFDT,
Laurent Berger,] der im Namen aller den Abbruch der Unterredung ankündigte,
die sich praktisch auf ein „Bonjour“ und ein „Au-revoir“ beschränkte.
## Erneuter Streiktag für Donnerstag ausgerufen
Etwas anderes war grundsätzlich kaum zu erwarten. Denn beiden
Konfliktparteien würde bereits ein kleines Entgegenkommen als erster
Schritt zur Kapitulation ausgelegt. Die Gewerkschaftsführungen wissen
zudem, dass ihre Basis kompromisslos den Rückzug der Reform fordert. Bei
einem Einlenken würden sie wohl lediglich die Kontrolle über die
Protestbewegung verlieren.
Das Treffen hat nun aber nicht nur nichts gefruchtet, sondern den Konflikt
noch verhärtet: Die Gewerkschaften betrachten die unnachgiebige Haltung von
Borne als Affront gegen die Millionen Menschen, die seit Februar gegen die
Reform auf der Straße demonstrieren. Die [3][neue Chefin der Gewerkschaft
CGT, Sophie Binet,] erklärte nach dem abgebrochenen Gespräch vor dem
Regierungssitz: „Wir haben den Eindruck, dass diese Staatsführung in einer
parallelen Welt lebt. Wir haben es mit einer radikalisierten und sturen
Regierung zu tun, die eine verantwortungslose und gewaltsame Strategie
verfolgt und entschlossen ist, sich gegen die Straße durchzusetzen.“
Für den Donnerstag rufen die Gewerkschaften geschlossen zu einem weiteren
Aktionstag mit Streiks und Demonstrationen im ganzen Land auf. Die
Machtprobe zwischen der Staatsführung und den Gewerkschaften wird zusehends
härter.
Einen Termin haben aber alle Parteien in ihren Kalendern rot unterstrichen:
den 14. April. Dann nämlich wird der Verfassungsrat das Urteil über die
Rentenreform bekannt geben: Die Regierung hofft auf grünes Licht, die
Opposition und die Gewerkschaften erwarten, dass die Reform – sowie die
Art, wie die Regierung sie durchsetzte – ganz oder zumindest teilweise
bemängelt und für illegal erklärt werden. Expert*innen für
Verfassungsrecht sagen: Alles ist möglich.
5 Apr 2023
## LINKS
[1] /Streik-in-Frankreich/!5922009
[2] https://twitter.com/CfdtBerger
[3] /Die-erste-Chefin-der-franzoesischen-CGT/!5925810
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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