# taz.de -- Nachruf auf Sportreporterlegende Oertel: „Waldemar, Waldemar ist … | |
> Die DDR-Sportreporterlegende Heinz-Florian Oertel ist tot. Ein Satz vor | |
> dem Mikrofon verhalf ihm zur Berühmtheit. | |
Bild: Die ostdeutsche Sportreporterlegende Heinz Florian Oertel beim NDR vor de… | |
Immer dieser Waldemar! Den Satz, den der Sportreporter Heinz-Florian Oertel | |
am 1. August 1980 bei den Olympischen Spielen in Moskau dem DDR-Fernsehvolk | |
entgegenschmetterte, wurde er nie wieder los. Mehr noch, er machte ihn auch | |
außerhalb des Ostblocks berühmt. | |
Aus sehr ehrlicher Freude über den Sieg des Marathonläufers [1][Waldemar | |
Cierpinski] jubelte Oertel ins Mikro: „Liebe junge Väter oder angehende, | |
haben Sie Mut! Nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig | |
Waldemar! Waldemar ist da!“ Cierpinski lief da gerade ins Ziel – Oertel | |
triumphierte als Stellvertreter für die gesamte DDR, die sich immer als | |
Sportnation verstand. | |
Wie viele Waldemars nach dem Olympiasommer 1980 tatsächlich geboren wurden, | |
ist nicht überliefert. Geblieben aber ist dieser Satz des Mannes, der ihn | |
unvergessen macht. Und der bereits am 27. März, wie jetzt bekannt wurde, im | |
Alter von 95 Jahren gestorben ist. | |
Auch wer in der DDR nichts mit dem Staat und den Medien dort zu tun haben | |
wollte, kannte HFO, wie Oertel auch genannt wurde. Oertel war – Achtung, | |
Überhöhung, aber wahr – eine Institution. Er hatte alle DDR-Sportgrößen v… | |
dem Mikro – und alle wollten von ihm befragt werden. | |
## Treue zur DDR | |
Eigentlich wollte Oertel Schauspieler werden, blieb dann aber beim | |
Journalismus hängen – eine Kombination, die ganz sicher zu seinem Erfolg | |
beigetragen hat. Wer einen Marathonlauf lebendig moderieren will, braucht | |
einen gewissen Hang zur Expressivität. | |
Oertel hätte nach Westreisen getrost dort bleiben können, seinen Weg als | |
Sportreporter hätte er – im Gegensatz zu manchen Künstler:innen, deren | |
Karriere nach der Ausreise ins Stocken geriet – ganz sicher weiterführen | |
können. [2][Die Stasi] hatte ihn zwar fest im Blick, traute sich aber nie | |
so richtig an ihn heran, dazu war er zu prominent und ohnehin jemand, der | |
„seinem Land“ die Treue hielt – sogar bis nach der Wende. | |
Wer seine öffentlichen Auftritte im vereinten Land und seine Einlassungen | |
zur DDR, dem Osten, der Nachkriegszeit verfolgte, konnte einen Menschen | |
erleben, der mit der Geschichte zwar nicht grundsätzlich haderte, aber mit | |
der Entwicklung nach dem Mauerfall vielfach unzufrieden war. Und der konnte | |
erfahren, wie belesen der Mann war und wie stark ausgestattet mit | |
historischem Wissen. | |
20 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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