# taz.de -- Ministerin Geywitz in der Wohnungskrise: Friedrich Engels lesen! | |
> Die Bauministerin fällt durch Vorschläge auf, die Hilflosigkeit zeigen. | |
> Besser wäre es, sie würde ein Versprechen des Koalitionsvertrages | |
> einlösen. | |
Bild: Hat sich zur „Wohnungsfrage“ geäußert und ist heute wieder brandakt… | |
Wahre Worte: „Und diese Wohnungsnot macht nur soviel von sich reden, weil | |
sie sich nicht auf die Arbeiterklasse beschränkt, sondern auch das | |
Kleinbürgertum mit betroffen hat“. Die Analyse ist allerdings schon über | |
150 Jahre alt und stammt aus der Textreihe „Zur Wohnungsfrage“ von | |
Friedrich Engels. Sie ist heute wieder brandaktuell, wenn man die | |
„Arbeiterklasse“ durch „Leute mit wenig Geld“ austauscht. Und der | |
Wohnungsmangel hat längst große Teile der Mittelschicht erreicht. | |
Es ist unwahrscheinlich, dass SPD-Bauministerin Klara Geywitz Friedrich | |
Engels liest, um die Wohnungskrise zu verstehen. Ihr Mantra, das sie jetzt | |
auf der Münchner Baumesse großenteils wiederholt hat, ist: Wir müssen mehr | |
bauen und Bürokratie abbauen. [1][Stadtmenschen sollten doch aufs Land | |
ziehen]. Ihr neuester Einfall: Man müsse [2][„mit der gleichen Anzahl an | |
Personen auf den Baustellen mehr herstellen“], die Bauarbeiter sollen also | |
einfach ein bisschen mehr ranklotzen, dann wird das schon. | |
Diese Ideen sind ein Ausdruck schierer Hilflosigkeit, weil sie am | |
Kernproblem vorgehen: Wohnen ist keine Ware (Engels), sondern ein | |
Menschenrecht. Solange die größten Teile des Mietwohnungsmarkts | |
gewinnorientiert organisiert sind und die Preise durch Angebot und | |
Nachfrage geregelt sind, wird immer nur an den Symptomen herumgedoktert. | |
Man kann von einer mittigen SPD-Ministerin nicht erwarten, dass sie die | |
Systemfrage stellt. Sie wird darauf hinweisen, dass man es ja schon mal | |
ganz anders machen wollte, nämlich in der DDR – mit den bekannten | |
durchwachsenen Ergebnissen. Aber man kann erwarten, dass sie den | |
Koalitionsvertrag ernst nimmt, in dem eine neue Gemeinnützigkeit im | |
Wohnungsbau angekündigt ist, [3][von der aber noch nichts zu sehen ist.] | |
Es gab mal ein anderes Deutschland, das ein sehr erfolgreiches | |
Gemeinnützigkeitsprogramm aufgelegt hatte: die Weimarer Republik. Heute ist | |
„Genossenschaft“ zum Synonym für überteuerte Baugruppenprojekte der | |
linksliberalen Erbengeneration geworden. Es es ist an der Zeit, den Begriff | |
zurück zu seinen Wurzeln zu führen. | |
21 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Geywitz-Plaene-gegen-Wohnungsnot/!5923803 | |
[2] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/wohnungsbau-geywitz-101.html | |
[3] https://www.deutschlandfunk.de/interview-der-woche-klara-geywitz-verteidigt… | |
## AUTOREN | |
Gunnar Hinck | |
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