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# taz.de -- Festnahme in London: Linker Franzose 7 Stunden verhört
> Die Londoner Polizei hat einen Mann wegen Terrorverdachts festgenommen.
> Grund ist seine Teilnahme an Demos gegen die Rentenreform.
Bild: Blick in die Hallen der Londoner Buchmesse
Paris taz | Eigentlich sollte der Franzose Ernest Moret für den Buchverlag
La Fabrique von Montag bis Freitag an der Buchmesse in London teilnehmen.
Rund 30 Termine hatte der 29-jährige Verlagsmitarbeiter in seinem Kalender
stehen. Doch bei seiner Ankunft in London mit dem Eurostar wurde er am
Bahnhof St. Pancras von zwei Beamten in Empfang genommen, die sich als
Mitglieder der Antiterrorsektion der Polizei auswiesen.
Sie rechtfertigten die Festnahme und die anschließende siebenstündige
Befragung ohne Anwesenheit eines Anwalts mit dem britischen „Terrorism Act
2000“. Dieser erlaube es ihnen, Moret festzuhalten und seine Sachen zu
durchsuchen, um zu überprüfen, ob er plane, ein Terrorverbrechen zu
verüben, oder „zu terroristischen Akten dienendes Material“ besitze. Moret
hatte indes offenbar keinerlei Terrorpläne.
Ihm wurde gesagt, es sei bekannt, dass er in Frankreich an
[1][Demonstrationen gegen die Rentenreform] teilgenommen habe. Das ist sein
gutes Recht, doch für die britischen Behörden ließ ihn dies verdächtig
erscheinen, die ihre Informationen wiederum nur von französischen Kollegen
erhalten haben konnten. Die mutmaßliche Teilnahme an Kundgebungen genügte
offenbar als Vorwand, um ihn wegen Terrorismusverdachts festzunehmen.
Nach einer Nacht auf einem Polizeiposten wurde Moret auf freien Fuß
gesetzt, da „vorderhand“ noch nichts gegen ihn vorliege. Doch damit ist die
Affäre nicht erledigt, denn während der Befragung hatte Moret sich
geweigert, die Passwörter für sein Handy und seinen Computer zu verraten.
Das kann laut „Terrorism Act 2000“ ein strafbares Delikt darstellen. Auf
diese Weise lieferte die Justiz der Polizei nachträglich einen Grund für
die Festnahme.
Morets Anwältin protestierte in einem Schreiben gegen diese
„Instrumentalisierung“ und die Zusammenarbeit zwischen den Behörden, mit
der „berufliche Informationen“ ihres Klienten gesucht und erfasst werden
könnten. Ihr zufolge war Moret bereits von der französischen Grenzpolizei
aufgehalten worden, er habe deswegen einen Zug verpasst. Man kommt nicht
umhin, sich zu fragen, ob die Festnahme einfach dazu diente, der
französischen Polizei Zugang zu Morets Daten zu verschaffen.
Sofern die Briten nichts Handfestes gegen Moret vorbringen können, was sein
Verlag ausschließt, wirkt dieser Vorfall wie ein Versuch der
Einschüchterung eines Franzosen, der aus seiner linken politischen
Einstellung kein Geheimnis macht, aber auch – wie ein Verleger-Kollektiv
schreibt – wie ein „Angriff der Staatsmacht auf einen Verlag“, der
kritische und oppositionelle Texte publiziert.
19 Apr 2023
## LINKS
[1] /Nach-dem-Misstrauensvotum-in-Frankreich/!5922836
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Großbritannien
Schwerpunkt Frankreich
Rentenreform
Terrorverdacht
Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022
Rentenreform
Konservative
Rentenreform
Rentenreform
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