# taz.de -- Der Staat in sozialen Netzwerken: Der Pakt mit dem Daten-Kraken | |
> Die Datenschutzbehörden halten die Facebook-Fanseiten von Behörden für | |
> nicht datenschutzkonform. Sie fordern Alternativen. | |
Bild: Datensauger Meta versinnbildlicht: Protest in Hamburg | |
HAMBURG taz | Facebook-Fanseiten zu betreiben, ist nach Auffassung der | |
Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder illegal. Wie der | |
Hamburgische Landesbeauftragte für den Datenschutz in seinem Jahresbericht | |
betont hat, gibt es dazu einschlägige Gutachten und auch ein Gerichtsurteil | |
in letzter Instanz. Trotzdem präsentieren sich öffentliche Stellen – | |
einschließlich der rot-grünen Hamburger Landesregierung – munter weiter bei | |
Facebook und weiteren sozialen Netzwerken. | |
Die Präsenz im Internet und gerade auch in den sozialen Netzwerken gilt in | |
der Öffentlichkeitsarbeit heute als geradezu unverzichtbar – auch bei der | |
taz. Die Hamburger Senatspressestelle hat zuletzt etwa den Besuch von | |
Bürgermeister Peter Tschentscher in Washington gefeatured. | |
Dass die Hinweise der Datenschützer vorerst ohne Folgen bleiben, hängt mit | |
einer vor einem Monat eingereichten Klage des Bundespresseamtes gegen den | |
Bundesdatenschutzbeauftragten zusammen. Dieser [1][hatte von der | |
Bundesregierung verlangt, ihre Facebookseite zu löschen], und diese wehrt | |
sich dagegen. Den Ausgang dieses Verfahrens, in dem noch einmal neue | |
Aspekte verhandelt werden, wollen die Landesdatenschutzbeauftragten jetzt | |
im Sinne eines Musterverfahrens abwarten, bevor sie weitere Schritte gehen. | |
## Schutz gegen Datensammelei | |
Den Datenschützern ist daran gelegen, die Bürger vor der ausufernden | |
Datensammelei von [2][Internetplattformen wie Facebook, Whatsapp, | |
Instagram, Tiktok oder Twitter] zu schützen. Dabei gehe es nicht darum, die | |
Nutzung sozialer Netzwerke zu verbieten, versichert Alina Feustel, | |
Sprecherin des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten. Stattdessen „sollten | |
alle darauf hinwirken, dass insbesondere soziale Netzwerke | |
datenschutzkonforme Lösungen anbieten und Anbieter bevorzugen, die dies | |
bereits tun“. | |
Grundlage dafür ist die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die | |
Plattform-Betreiber sehen durch die Verordnung ihr Geschäftsmodell | |
gefährdet, das auf einem Tausch beruht: kostenlose Nutzung gegen | |
Datenerfassung. Wer auf der Plattform surft, muss zulassen, [3][dass sein | |
Nutzungsverhalten protokolliert und ausgewertet wird], etwa um ihn | |
zielgenau mit Werbung ansprechen oder mit Informationen versorgen zu | |
können. | |
Die Datenschützer haben sich zum einen auf Behörden als Seitenbetreiber | |
konzentriert. „Behörden sind noch mehr als Bürger verpflichtet, sich an | |
ihre eigenen Gesetze zu halten“, sagt Christof Stein, Sprecher des | |
Bundesdatenschutzbeauftragten. | |
Zum anderen steht Facebook im Fokus, die Ursprungs- und jetzt Tochterfirma | |
von Mark Zuckerbergs Meta-Konzern. Da Meta seinen europäischen Sitz in | |
Irland hat, müsste die dortige Datenschutzbehörde gegen den Konzern | |
vorgehen. Weil sich dort wenig bewegt, gehen die deutschen Datenschützer | |
einen Umweg und adressieren die Betreiber der Fanseiten. Denn nicht nur | |
Meta profitiere ja von den Fanseiten, sondern auch deren Betreiber, „da sie | |
sich die Möglichkeiten und den Netzwerkeffekt von Facebook zunutze machen“, | |
wie es im Bericht des Hamburger Datenschutzbeauftragten heißt. | |
Die Hamburgische Bürgerschaft und auch die Senatskanzlei weisen darauf hin, | |
dass sie inzwischen den Facebook-Dienst Insights abgeschaltet hätten. Dabei | |
stellt Facebook den Seitenbetreibern Statistiken über die Nutzung ihrer | |
Seiten zur Verfügung. Der Verzicht auf diesen Service ändere jedoch nichts | |
an der „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ für die Seite zusammen mit Facebook | |
und damit der Klagemöglichkeit, heißt es im Bericht des | |
Landesdatenschutzbeauftragten. | |
Der [4][Hamburger Senat] ist den Datenschützern auch noch in anderer Weise | |
entgegengekommen: Hamburger öffentliche Stellen verzichteten darauf, neue | |
Fanpages einzurichten, und prüften auch „Messenger-Dienste, die die | |
Anforderungen der DSGVO transparenter erfüllen“, teilte die | |
Senatspressestelle mit. | |
19 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Bericht-des-Bundesdatenschuetzers/!5922313 | |
[2] /Tiktok-Verbot-im-EU-Parlament/!5920288 | |
[3] /Tracking-und-Datensammeln-im-Netz/!5914049 | |
[4] https://www.hamburg.de/senat/ | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Datenschutzgrundverordnung | |
Datenschutz | |
Schwerpunkt Facebook | |
Datenschutzbeauftragte | |
Social Media | |
Videokonferenz | |
Polizei Hamburg | |
Datenschutzbeauftragte | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Facebook-Seite des Hamburger Senats: Tendenz zur Bürgerverblödung | |
Nicht nur Datenschutz spricht gegen eine Facebook-Seite des Senats. Sie | |
verleitet die Mächtigen zur Selbstdarstellung mit seichten Themen. | |
Streit um Datenschutz an der FU Berlin: Letzte Frist für Webex | |
Berlins Datenschutzbeauftragter setzt die Freie Universität unter Druck: | |
Die Hochschule müsse noch diesen Monat den Einsatz des Videotools beenden. | |
Neuer Datenschutzbeauftragter in Hamburg: Große Fußstapfen | |
Der bisherige Datenschutzbeauftragte hatte sich mit Konzernen angelegt. Nun | |
soll ihn Thomas Fuchs beerben. Die Linkspartei übt Kritik an der Auswahl. | |
NutzerInnendaten von Whatsapp: Datenschützer bremst Facebook | |
Facebook darf vorläufig keine Whatsapp-User*innendaten abschöpfen. Hamburgs | |
Datenschutzbeauftragter Caspar hat das verhindert. |