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# taz.de -- Facebook-Seite des Hamburger Senats: Tendenz zur Bürgerverblödung
> Nicht nur Datenschutz spricht gegen eine Facebook-Seite des Senats. Sie
> verleitet die Mächtigen zur Selbstdarstellung mit seichten Themen.
Bild: Kein Facebook-Foto, aber eines, das es dort so ähnlich gibt: OB Tschents…
Keine Frage, wenn Hamburgs oberster Datenschützer die Stadtregierung
auffordert, ihre [1][Facebook-Seiten vom Netz zu nehmen], dann sollte sie
das auch tun und [2][nicht arrogant einfach weitersenden]. Aber auch dann,
wenn die rein datenschutzrechtlichen Bedenken eines Tages geklärt wären,
stellt sich die Frage, ob dieser Facebook-Auftritt politisch angemessen ist
– oder auch ein bisschen Bürgerverblödung?
Zu sehen sind auf dem Senats-Facebook zum Beispiel bunte Plastikeier in
Pastellfarben mit „Frohe Ostern“-Gruß. Oder Reden des Bürgermeisters Peter
Tschentscher (SPD) zu verschiedenen religiösen Festen. Oder wie der
Bürgermeister mit König Charles auf dem Rathausbalkon steht, dramatisch
untermalt mit romantischen Klavierklängen, die nur kurz von einem
Jubelschrei unterbrochen werden, vom Volk, das unten auf dem Rathausmarkt
steht.
Klar, das Internet bietet tolle Möglichkeiten der Kommunikation mit den
BürgerInnen. Aber früher, bevor es diese Facebook-Seiten gab, hatte die
eigentliche Homepage der Stadt, [3][hamburg.de], einen höheren Nutzwert. Es
gab zum Beispiel ein Diskussionsforum für Eltern. Das, was seit 2015 über
diesen Facebook-Kanal auf die Endgeräte der Menschen gespielt wird, ist
häufig Selbstdarstellung der Mächtigen zu seichten Themen.
Zu sehen ist der Bürgermeister in allen möglichen Posen, mal auf dem roten
Teppich, mal mit Kindern in einer Schule, mal auf dem Bau. Es sind Wort-
und Bilderbotschaften und teils auch Nachrichten, die via Soziale Medien
direkt ans Volks gebracht werden, ohne die Zwischenschaltung von
JournalistInnen, die kritische Fragen stellen, etwa zu den Konditionen des
neuen 49- Euro-Tickets. Und es ist schon ein Unterschied, ob das festliche
Foto des „Matthiae-Mahl 2023“ überschrieben ist mit: „Sicherheit in der
Zeitenwende“. Oder mit: „Hat über 100.000 Euro gekostet“.
## Eigenen Rundfunk darf der Staat nicht machen
Dass es hier eine „rechtliche Grauzone“ gibt, mahnte einst [4][in einem
verwandten Kontext die Rheinische Post an], als sie 2018 über Angela
Merkels Youtube-Sendung „Die Kanzlerin direkt“ berichtete. Der Staat darf
nämlich keinen eigenen Staatsfunk machen, das ist eine der Lehren aus
Nationalsozialismus und wurde 1961 vom Bundesverfassungsgericht im
[5][sogenannten ersten Rundfunk-Urteil] entschieden. Der Unterschied vom
Videopodcast zum Sender ist lediglich, dass Ersterer nicht live gesendet
wird, sondern auf Abruf.
Zwar sind anders als 1961 heute dank Internet die Verbreitungswege
vielfältig und Sendekanäle kein knappes Gut mehr. Aber die Aufmerksamkeit
der Menschen ist ein kostbares Gut. Deshalb ist es schon eine politische
Handlung, wenn sich der Staat mit weichgespülten Botschaften unter die
Facebook-Freunde mischt. Er befördert damit die Verflachung der
Kommunikation.
Darum sollte der Senat diese Facebook-Seite einstellen und stattdessen den
BürgerInnen Information und Dialogforen auf einer städtischen Homepage
anbieten. Dort könnte [6][der Schutz der Daten beachtet werden], und kein
Tech-Riese aus den USA würde sie abfischen. So eine Homepage könnten die
Menschen aufrufen, wenn sie etwas wissen wollen. Und ja, so ein, zwei Fotos
dort, um zu wissen, wie der Bürgermeister aussieht, wären auch okay.
19 Apr 2023
## LINKS
[1] /Der-Staat-in-sozialen-Netzwerken/!5926101
[2] https://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article238163645/Datenschuetze…
[3] https://www.hamburg.de/
[4] https://rp-online.de/politik/deutschland/staatsfunk-was-darf-die-regierung-…
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/1._Rundfunk-Urteil
[6] /Bericht-des-Bundesdatenschuetzers/!5922313
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Social Media
Datenschutz
Hamburg
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Datenschutzgrundverordnung
Regulierung
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Bundesregierung.
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