| # taz.de -- Privatisierungswahn zurückgedreht: Hamburg wieder Hausherr | |
| > 2006 verhökerte der CDU-geführte Senat viele städtische Immobilien. Nun | |
| > drohen der Stadt dort hohe Mieten, weshalb sie erste Immobilien | |
| > zurückkauft. | |
| Bild: Muss nun aber dringend von der Stadt saniert werden: Dienstgebäude der H… | |
| Hamburg taz | Zur Miete wollte Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) | |
| nicht länger an seinem Arbeitsplatz residieren. Drum kauft der Senator nun | |
| kurzerhand [1][das Dienstgebäude seiner Behörde.] „Ich glaube, dass das ein | |
| gutes, vernünftiges Geschäft ist“, sagte er am Dienstag, nachdem sich die | |
| Stadt mit dem Eigentümer geeinigt hatte. | |
| Für 119 Millionen Euro geht das Gebäude am Gänsemarkt in der Innenstadt an | |
| die Stadt – zurück, wohlgemerkt: Der denkmalgeschützte Backsteinbau, | |
| entworfen von Hamburgs prägendstem Oberbaudirektor Fritz Schumacher, war | |
| wie Dutzende weitere Gebäude vom CDU-geführten Senat unter Ole von Beust | |
| 2006 verscherbelt worden und drohte nun zur Kostenfalle zu werden. Ob die | |
| Stadt jedoch noch eine bedeutende Zahl weiterer Rückkäufe tätigt, ist | |
| offen. | |
| Mit dem Rückkauf der Immobilie versucht der Hamburger Senat die Lawine | |
| abzumildern, die auf ihn zurollt: Für rund 1 Milliarde Euro verhökerte der | |
| damalige Senat in zwei Paketen städtische Gebäude. Das „Projekt | |
| Immobilienmobilisierung“ (Primo) sollte Geld in die Stadtkasse spülen. Die | |
| Mehrheit der verkauften Gebäude hat er damals sofort wieder zu | |
| vergleichsweise guten Konditionen zurückgemietet. Jedoch laufen die meisten | |
| Mietverträge 2026 aus. Neuverträge könnten wegen der starken | |
| Preissteigerungen auf dem Immobilienmarkt teuer werden. | |
| Das hätte der Stadt beim Gebäude der Finanzbehörde auch gedroht. Außerdem | |
| muss das 1926 fertiggestellte Gebäude, in dem auch der Landesrechnungshof | |
| untergebracht ist, dringend saniert werden. „Auch da wären für die Stadt | |
| als Mieterin Kosten hinzugekommen“, sagte Dressel am Dienstag, da die Stadt | |
| konkrete Ansprüche an die Sanierung gestellt hätte und die dann auch zum | |
| Teil hätte mitfinanzieren müssen. „Da wäre es wirtschaftlich nicht | |
| vertretbar gewesen, als Mieter in dem erforderlichen Umfang in das Objekt | |
| zu investieren.“ | |
| ## 119 Millionen Euro für den Rückkauf | |
| Deshalb hält Dressel den Kaufpreis von 119 Millionen Euro auch für gangbar. | |
| Auf knapp 110 Millionen Euro sei der aktuelle [2][Verkehrswert der | |
| Immobilie] taxiert worden. Die zusätzlichen neun Millionen Euro, die die | |
| Stadt beim Kauf obendrauf legt, hält er für zu verschmerzen. Schließlich | |
| überweist die Stadt hier künftig keinen Euro mehr an einen privaten | |
| Vermieter. Wie viel Gewinn der bisherige Eigentümer nun durch Kauf und | |
| Verkauf der Immobilie gemacht hat, ist indes unklar: Das Gebäude wurde | |
| seinerzeit im Paket mit weiteren Immobilien verkauft. | |
| Wie viel nun die Stadt als neuer alter Eigentümer für die Sanierung | |
| aufwenden muss, sei noch nicht klar. Als in den ersten Gesprächen mit dem | |
| bisherigen Eigentümer, der PPS Immobilien Holding GmbH, noch über eine | |
| Weitervermietung gesprochen wurde, seien mindestens 20 Millionen Euro für | |
| anstehende Sanierungsmaßnahmen berechnet worden. Allerdings ist dieser | |
| Stand drei Jahre alt, seither sind die Baukosten massiv gestiegen, und | |
| aufgelistet worden seien damals auch nur die mindesten Sanierungsmaßnahmen. | |
| Eine Herausforderung werde es außerdem sein, „modernes Arbeiten in einem | |
| alten, denkmalgeschützten Bau zu realisieren“, sagte Dressel. Und | |
| angesichts der Klimakrise wird eine energetische Sanierung den Preis | |
| weiter nach oben treiben. | |
| Ob Hamburg nun im großen Maßstab die Entscheidung des damaligen Senats | |
| rückgängig macht, ist jedoch noch unklar. Unbestritten sei, dass die | |
| Privatisierung seinerzeit ein „Holzweg“ war, so Dressel. Jedoch wolle die | |
| Stadt immer im Einzelfall entscheiden, ob sich ein Kauf anbietet. Bei den | |
| Dienstgebäuden der Justiz- und der Innenbehörde etwa, ebenfalls | |
| denkmalgeschützte Backsteinbauten in der Innenstadt, sei eine Weitermietung | |
| wahrscheinlicher. | |
| ## Hamburgs CDU hält an Privatisierungfest | |
| Andererseits: Erst Anfang April wurde bekannt, dass die Stadt das Gebäude | |
| des Bezirksamts Wandsbek für 25 Millionen Euro zurückkaufen will. Und | |
| Dressel hob auch hervor, dass sich auf dem Immobilienmarkt derzeit etwas | |
| ändert: „Private Investoren fangen an, ihr Portfolio aufzuräumen.“ Mögli… | |
| also, dass die Stadt noch weitere Gebäude zurückkauft. | |
| Auch wenn Hamburg seit den Primo-Verkäufen bis Ende des vergangenen Jahres | |
| mehr als 570 Millionen Euro für die Anmietung der einstigen Eigenheime | |
| berappen musste – und damit mehr als die Hälfte des Verkaufserlöses in nur | |
| 17 Jahren, hält die CDU weiter an ihrer Privatisierungsüberzeugung fest. | |
| „Die Stadt ist nicht der bessere Bauherr und Eigentümer aller | |
| Behördenstandorte“, befand [3][Thilo Kleibauer, haushaltspolitischer | |
| Sprecher der CDU-Fraktion,] am Dienstag. | |
| Und dass es sich beim Gebäude der Finanzbehörde um, so Dressel, „ein Stück | |
| Stadtgeschichte“ handelt, über dessen Zustand nun wieder die öffentliche | |
| Hand befinden kann, will Kleibauer auch nicht gelten lassen: „Hier kauft | |
| der Senat für sehr viel Geld ein sanierungsreifes Gebäude zurück.“ | |
| 18 Apr 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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