# taz.de -- In der Spülküche: Mr Hobart und der eingebrannte Topf | |
> Die beiden „Mitarbeiter des Monats“ sind ein Mensch und eine Maschine. | |
> Ohne dieses Dreamteam würde unser Gastwirt in schmutzigem Geschirr | |
> versinken. | |
Bild: Futter für die Haubenspülmaschine | |
Wir nennen ihn Mr Hobart, denn ursprünglich kommt er aus Ohio in den | |
Vereinigten Staaten. Ich sage auch gern „der Wal“ zu ihm. Denn es ist wie | |
in der Legende von Jona und dem großen Fisch. Mr Hobart verschlingt | |
Unmengen von Dingen, eigentlich alles, was man ihm füttert, und gibt sie | |
nach genau 1 Minute und 44 Sekunden geläutert wieder frei: die | |
Porzellanteller [1][blitzblank], die Edelstahlschüsseln glänzend mitsamt | |
einem großen Schwall Dampf, wenn man ihm das Maul aufreißt. | |
Knapp zwei Minuten pro Spülgang, das schafft natürlich nur eine | |
gewerbliche, in unserem Fall eine Haubenspülmaschine, in Begleitung der | |
dazugehörigen Fachkraft. Ja, ich sage das ganz ausdrücklich: Fachkraft. | |
Denn es braucht eine besondere Mensch-Maschine-Beziehung, um so gefräßige | |
Geräte wie Mr Hobart im Zweiminutentakt zu füttern, gleichzeitig das | |
Besteck zu polieren, Pfannen und Töpfe zu trocknen und das ganze Zeug | |
wegzuräumen, nur um mitzuerleben, wie der Koch sofort alles wieder dreckig | |
macht. | |
Außerdem kommt Mr Hobart längst nicht mit jedem Abwasch zurecht. | |
Angetrocknetes Eigelb, von Müsli verklebte Frühstücksschalen oder | |
[2][verkrustete Pfannen] sind für ihn dasselbe Problem wie für jede | |
Haushaltsspülmaschine. Aber: Eine Fachkraft weiß nicht nur genau, wann ein | |
Gefäß vorbehandelt werden muss. Sie blinzelt nicht einmal, wenn der Koch | |
mit einem Topf kommt, in dem die Konfitüre fast fingerdick angebrannt ist, | |
sondern sagt: „Wir brauchen bald neue Stahlwolle.“ | |
Es mag sein, dass das der eigentliche Unterschied zwischen Profis und | |
Amateuren am Herd ist. Erstere empfinden es als Notwendigkeit, eine | |
Fachkraft in der Spülküche zu haben, die anderen als Luxus. Ich bin so | |
dankbar dafür, dass ich meine angebrannten Pfannen abgeben kann – und so | |
soll es bleiben. Der Takt des Fauchens, wenn sich die Spülmaschine öffnet, | |
ist für mich genau die richtige Beatbox. | |
Welche Fähigkeiten es erfordert, mit Mr Hobart zurechtzukommen, wird mir | |
immer deutlich, wenn ich selber spülen muss. Die Küche wieder sauber zu | |
bekommen, dauert doppelt so lang wie das Kochen. Mindestens. Und noch | |
länger am Morgen. Weil wir keinen Müll produzieren wollen, füllen wir | |
Butter und Konfitüren in kleine Gläser. Das gibt noch mehr Futter für Mr | |
Hobart. | |
Jetzt, an Ostern, war unsere Fachkraft verhindert. Glücklicherweise | |
übernahm eine Gruppe [3][Gäste] die Initiative für einen Versuch in | |
Solidarischer Gastwirtschaft, vielleicht haben Sie die Abkürzung „SoGaWi“ | |
schon mal gehört. Sie freundeten sich mit Mr Hobart an. Und zählten jeden | |
Spülgang ab Minute 1.34 runter: drei, zwei … | |
16 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jörn Kabisch | |
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