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# taz.de -- Recherche der Organisation Global 2000: Dubioser Deal mit Atomstrom
> Der Kohlekonzern Leag soll nie erzeugten Strom des AKW Mochovce gekauft
> und damit Gewinn gemacht haben – auf Kosten des slowakischen Staats.
Bild: Die Kühltürme des Atomkraftwerks Mochovce sind schon rund 30 Jahre alt,…
Freiburg taz | Das Atomkraftwerk Mochovce in der Slowakei hat dem
[1][ostdeutschen Energieunternehmen Leag] offenbar zu enormen Gewinnen
verholfen – und dies auf Kosten der slowakischen Steuerzahler. Das geht aus
Recherchen der österreichischen Umweltorganisation Global 2000 hervor, die
[2][alle Vorgänge rund um den nur gut 100 Kilometer von ihrer Landesgrenze
entfernten Reaktor russischer Bauart seit Jahren genau verfolgt].
Volle 36 Jahre hatte der Bau des Blocks 3 des Atomkraftwerks Mochovce
gedauert, ehe dieser Ende Januar schließlich in Betrieb ging. Allerdings
lief er auch in den vergangenen Wochen nur mit eingeschränkter Leistung,
weil immer wieder Reparaturen nötig wurden.
Zum Beispiel hätten beschädigte Signalkabel des Reaktors repariert werden
müssen, berichtet Global 2000. Die Umweltschützer halten das für
„besorgniserregend“. Außerdem seien an „Kühlwasserrohren der höchsten
Sicherheitsklasse rostanfällige Verbindungen entdeckt“ worden. „Aus
krimineller Absicht“ sei hier „geldsparend mit minderwertigem Material
geschweißt“ worden.
Dass das Kraftwerk mit Verzögerung in Betrieb ging, hat aber außerdem zu
auffälligen Transaktionen im Stromhandel geführt. Obwohl die technischen
Probleme des AKW seit Jahren bekannt sind, habe der Firmenchef der
Betreibergesellschaft Slovenské elektrárne, Branislav Strýček, bereits
frühzeitig die gesamte im Jahr 2022 hypothetisch erzielbare Produktion des
Reaktors verkauft, heißt es in einem Papier der österreichischen
Umweltorganisation, das der taz vorliegt. Dabei habe zum Zeitpunkt des
Verkaufs längst festgestanden, dass der Reaktor bis dahin technisch gar
nicht einsatzbereit sein werde.
## Verflochtene Unternehmen
Der Strom soll an den deutschen Stromkonzern Leag gegangen sein, das wisse
man von Informanten, heißt es von Global 2000. Damit stehen die nicht
erzeugten Strommengen im Zentrum eines delikaten Deals: Die [3][Leag gehört
nämlich jeweils zur Hälfte dem tschechischen Braunkohle-Oligarchen Daniel
Křetínský und seiner EPH-Holding sowie deren Finanzpartner PPF
Investments]. Eben diese EPH besitzt aber auch ein Drittel des
AKW-Betreibers Slovenské elektrárne.
Wie die österreichische Umweltorganisation weiter berichtet, habe die Leag
mit dem günstig eingekauften Strom enorme Profite gemacht, als die
Börsenpreise anschließend stark anstiegen. Umgekehrt musste Slovenské
elektrárne den billig verkauften, aber nie erzeugten Strom selbst dann
offenbar teuer zukaufen, um den eingegangenen Lieferverpflichtungen
nachzukommen. Da sich die privaten Eigentümer des Unternehmens weigerten,
für die Verluste aufzukommen, müssten am Ende „wohl die slowakischen
Steuerzahler die Zeche zahlen“, so Global 2000. Der slowakische Staat hat
an dem Unternehmen nämlich auch einen Anteil von einem Drittel. Weder die
Leag noch Slovenské elektrárne beantworteten Anfragen der taz zu diesem
Vorfall.
## Verschuldete Betreibergesellschaft
Die Vorgänge treffen die Betreibergesellschaft des Atomreaktors Mochovce in
einer wirtschaftlich schwierigen Zeit. Slovenské elektrárne ist mit 4,2
Milliarden Euro verschuldet und bekommt nach Medienberichten keine Kredite
mehr. „Wenn der Staat uns keine 400 Millionen gibt, wird die Fertigstellung
des vierten Blocks von Mochovce möglicherweise eingestellt“, musste im
vergangenen Herbst Unternehmenschef Strýček einräumen.
Auch dieser Block 4 ist bereits seit 36 Jahren im Bau und wird aufgrund
ebenfalls schwerwiegender technischer Probleme frühestens im Frühjahr 2024
ans Netz gehen können. Wie Global 2000 berichtet, verzögert sich die
Inbetriebnahme „wegen krimineller Machenschaften und Pfusch am Bau bereits
seit zwölf Jahren“. Die Umweltorganisation betont, sie werde auch
„weiterhin die immer wieder auftretenden Vorfälle in Mochovce ans
Tageslicht bringen und bei der slowakischen Kripo anzeigen“.
7 Apr 2023
## LINKS
[1] /Braunkohle-in-Brandenburg/!5903527
[2] https://www.global2000.at/akw-mochovce
[3] https://www.leag.de/de/unternehmen/
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Energie
Strom
Braunkohle
Schwerpunkt Klimawandel
Atomkraftwerk
Ampel-Koalition
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