# taz.de -- Die Kunst der Woche in Berlin: Da und Sein | |
> Bei Russi Klenner collagiert Noa Yekutieli Bilder ihrer Identität. Plan B | |
> weihen mit Adrian Ghenie ihre neuen Räume am Strausberger Platz ein. | |
Bild: Eröffnet die neuen Räume der Galeria Plan B in „Haus Berlin“: Adria… | |
Wie soll man sich eigentlich aus den Personen im eigenen Umfeld ein Bild | |
machen, wenn man noch nicht einmal aus den Fragmenten des eigenen Wesens | |
ein kohärentes Ganzes gebastelt bekommt? Auch Noa Yekutieli hat dafür keine | |
Anleitung parat. Bei ihr selbst sind es unter anderem verschiedenartige | |
kulturelle Einflüsse, die zu Brüchen führen: Yekutieli ist die Tochter | |
einer japanischen Mutter und eines israelischen Vaters, lebt in Israel und | |
den USA. Immerhin hat die Künstlerin aber recht eindrückliche Methoden | |
entwickelt, ihre Identitätsbrocken ineinander und übereinander zu schieben, | |
zu Collagen nämlich, die sich in ihrer Einzelausstellung bei [1][Russi | |
Klenner] auf den Wänden verteilen und die gerade keine Unterschiede oder | |
Lücken nivellieren. | |
Oft fehlen den Figuren Körperteile, die das Gehirn dann entsprechend | |
ergänzt, auch Gesichter sind keine zu erkennen. Yekutieli benutzt für ihre | |
Collagen handfeste Techniken wie Nähen, Schmieden, Sägen oder Tackern. | |
Rohes Holz umwickelt sie mit Stoff oder sie heftet zu filigranen Mustern | |
geschnittenes Papier darauf. | |
Manches erschließt sich erst, wenn man genauer hinsieht: Die schwarzen | |
Scherenschnitte, die in einigen der Arbeiten das Holz bedecken, zeigen mal | |
wild wuchernde Blätter, mal Ruinenlandschaften. Werden und Vergehen, die | |
Dichotomie des nicht nur menschlichen Lebens. | |
Die großen Rätsel des Seins aber bleiben, wie auch die Frage, wie | |
Yekutielis Figuren überhaupt zueinander stehen. Personen und deren | |
Identität ganz zu erfassen, ist eben auch in der Ausstellung unmöglich. | |
Noch nicht einmal alle Versionen oder Interpretationen Yekutielis lassen | |
sich abgleichen: Die Ausstellung findet in zwei Galerien an zwei Orten | |
statt, nicht nur bei Russi Klenner in Berlin, sondern auch in der Galerie | |
Knust Kunz in München. | |
## Aufgewühltes Wohnzimmer | |
Im Jahr 2005 war es, als Mihai Pop gemeinsam mit dem Maler Adrian Ghenie im | |
rumänischen Cluj die Galerie Plan B gründete. Damals noch als | |
Produzentengalerie, um den vielen Künstler*innen, vor allem Maler*innen | |
der Stadt und Region eine Plattform zu bieten. Seit 2008 residiert die | |
Galerie auch in Berlin, die ersten Räume befanden sich in der Heidestraße, | |
2012 zog [2][Plan B] an die Potsdamer Straße um, in den Hinterhof der | |
Mercator Höfe. Mit dieser etwas versteckten Lage ist es nun vorbei. Gerade | |
erst umgezogen ist die Galerie an den Strausberger Platz, in das | |
denkmalgeschützte „Haus Berlin“. Viel mehr Platz für die Kunst ist dort a… | |
zwei Etagen. | |
Dass Galeriemitgründer Ghenie – mittlerweile ein Superstar auf dem | |
internationalen Kunstmarkt – dort die erste Ausstellung ausrichtet, | |
schließt den Kreis zu den Anfangstagen. Hervorragend passen die meist | |
großformatigen Arbeiten in die frisch renovierten Räume. | |
Thematisch erzählen die Bilder von dem, was Ghenie in der jüngeren | |
Vergangenheit vorranging beschäftigt hat. Da lungert eine Person lässig auf | |
dem Sofa eines leicht verlotterten Wohnzimmers: Das Handy steckt in der | |
Hand, Klamotten und Adiletten sind auf dem Fußboden verteilt, dazwischen | |
liegt eine Rolle Klopapier, auf dem Couchtisch wartet ein leer gegessener | |
Teller darauf, abgeräumt zu werden. Auf einem anderen Bild beugt sich eine | |
Figur über die Balkonbrüstung. | |
Man braucht keinen Ausstellungstext, um zu erkennen, dass viele der | |
Ölgemälde und Kohlezeichnungen in der Zeit der Isolation der Pandemie | |
entstanden sind. Die Figuren auf den Bildern des Zyklus' sind zur Stille | |
verdammt, aber dennoch voller Energie – durch die wirbelige, in sich | |
verdrehte Art und Weise, die für Ghenies Malerei typisch ist. Andere Werke | |
scheinen neueren Datums zu sein: Sie zeigen die Hände von | |
Klimaaktivist*innen, die sich an wertvollen Gemälden festkleben. Ob Ghenie | |
fürchtet, auch selbst in den Fokus der Letzten Generation zu rücken? | |
8 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.russiklenner.de/ | |
[2] https://www.plan-b.ro/ | |
## AUTOREN | |
Beate Scheder | |
## TAGS | |
taz Plan | |
Berliner Galerien | |
Kunst Berlin | |
Zeitgenössische Malerei | |
Textile Kunst | |
taz Plan | |
taz Plan | |
Rauminstallation | |
taz Plan | |
taz Plan | |
taz Plan | |
taz Plan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Kunst der Woche für Berlin: Schön im Schlaf | |
Was Malerei kann: Patrizio Di Massimo lässt seine (Wahl-)Familie | |
schlummern, Bridget Riley bringt in ihren Wandarbeiten Farben und Formen | |
zum Flirren. | |
Die Kunst der Woche für Berlin: Die Liebe zur Macht | |
Yalda Afsah lässt bei Between Bridges Tiere und Menschen aufeinander los. | |
Frieda Toranzo Jaeger öffnet bei Barbara Weiss Herzen und Autotüren. | |
Was sich lohnt beim Gallery Weekend: Schwingt die Sellerie-Sticks! | |
Alle Wege führen zum Gallery Weekend oder besser gesagt ins Land des | |
Sellerie: Die besten Shows in den Galerien und Off-Spaces von Crone bis | |
rosalux. | |
Die Kunst der Woche in Berlin: Getanzter Widerstand | |
Zineb Sediras verwebt das Kino der 60er- und 70er-Jahre zu einer Erzählung | |
über Migration. Max P. Häring zeichnet Arthur Rimbauds trunkenes Schiff. | |
Die Kunst der Woche in Berlin: Das Traumgesicht der Städte | |
Max Hetzler zeigt frühe Fotoarbeiten von Thomas Struth, CFA zeigt frühe | |
Malerei von Christa Dichgans. Robert Berghoff arbeitet derweil mit | |
Fotopaaren. | |
Die Kunst der Woche: Das große Zweimalzwei | |
Bei Ernie Wang und Joe Highton ist den Pflanzen nicht zu trauen. Ambra | |
Durante und William N. Copley zeichnen, wie es ihnen gefällt. | |
Die Kunst der Woche: Wo die Liebe hinfällt | |
Eine Gruppenausstellung in der Galerie Molitor erkundet Kunst als Werk der | |
Liebe, Isabella Bortolozzi verkuppelt Chakaia Booker mit Carol Rama. |