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# taz.de -- Eine zweite Chance für Kuscheltiere: Wahre Schönheit kommt von in…
> Muss es immer nahtlos und glatt sein? In einem Schweizer Atelier werden
> ausgediente Kuscheltiere auf links gedreht – und so wiederbelebt.
Bild: Können diese Stegaugen lügen?
Auch Kuscheltiere können sterben. Sie leben nämlich nur genauso lange, wie
sie von ihren Menschen geliebt und gehegt werden. Der äußere Zustand ist
dabei ziemlich egal, sie dürfen Augen verlieren, ihr Fell kann [1][vor
lauter Zuneigung] unrettbar verfilzt sein und ihre Gliedmaßen können an
einem letzten sehnsüchtigen Faden baumeln – was einzig zählt, ist die
Beziehung zueinander. Geht ein Kuscheltier also verloren und sitzt traurig
am Straßenrand, dann ist es ganz sicher noch lebendig, denn es gibt
jemanden, der es vermisst. Stirbt aber der dazugehörige Mensch oder wird er
erwachsen und wendet sich anderen Dingen im Leben zu, dann verblasst der
Lebensgeist der Kuscheltiere.
Die Tiere, die im Züricher [2][Atelier Volvox] landen, gelangen aus
Dachbodenentrümpelungen oder aus den Brockenhäusern, einer Schweizer
Secondhandladen-Kette, auf den Nähtisch von Lea Gerber. Dort offenbaren sie
ihr Innerstes, das nach außen gekehrt und neu vernäht wird. Der plüschige
Inhalt bleibt der gleiche.
„Outsiders“ nennen sich diese Kreationen, die in kleinen Editionen seit
vielen Jahren in Gerbers Designgeschäft verkauft werden. Die Idee dazu
entstand schon in ihrer Studienzeit an der Zürcher Hochschule der Künste,
gemeinsam mit Samuel Coendet. „Was passiert und welches Wesen einen
anguckt, wenn man es umdreht, hat uns fasziniert“, sagt Lea Gerber heute.
Die Outsiders widersetzen sich gängigen Niedlichkeitskriterien und sind
doch zum Knuddeln schön. Ihre Farbigkeit ist matter, als wir es von den
meisten Kuscheltieren kennen, ihre Formen sind eckiger. Auch legen sie
Strukturen offen: die Nähte, die das Exoskelett jedes Kuscheltiers bilden,
treten deutlicher zutage. Aus Knopfaugen werden Stegaugen. So sind sie ein
wenig wie das Centre Pompidou und laden dazu ein, über unser Verhältnis zu
Oberflächen nachzudenken. Muss es wirklich immer glatt und verputzt,
abgesäumt und nahtlos sein?
Die geretteten Kuscheltiere jedenfalls, die haben es gut. Derartig auf
links gedreht, können sie ein neues Leben beginnen. Eine
Wiederauferstehung. Wie nachgerade österlich!
9 Apr 2023
## LINKS
[1] /Plaedoyer-fuer-Kuscheltiere/!5598948
[2] http://ateliervolvox.ch/produkt/outsiders/
## AUTOREN
Michael Brake
## TAGS
Upcycling
Spielzeug
Design
Empathie
taz-Adventskalender
Upcycling
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