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# taz.de -- Upcycling von alten Strumpfhosen: Am nylonen Faden
> Es war eine Mammutaufgabe: Was lässt sich aus kaputten Strumpfhosen noch
> Nützliches herstellen? Das Rätsel ist gelöst. Eine Anleitung.
Bild: Halten ganz schön was aus: alte Nylons als Blumentopfhalterung
Schönen Müll mache ich, seit ich denken kann. Früher in meinem Kinderzimmer
nahm ich Kataloge und Zeitschriften auseinander, schnitt, klebte und malte.
Bei meinen ersten Versuchen an der Nähmaschine kam eine Hose aus alten
Hemden heraus – sie war nicht tragbar, aber ein Anfang. Alte T-Shirts
schnitt ich in Streifen und häkelte damit. Diverse [1][DIY-Blogs] und
später auch Instagram brachten neue Ideen, neue Techniken. Seit gut fünf
Jahren schreibe ich darüber, was ich alles aus altem Material herstelle:
eine Erinnerung und eine Hommage an jeden schönen Müll.
Der war lange auch eine Kostenfrage. Handarbeit ist ein teures Hobby. Das
andere, noch viel größere Problem: Es gibt schon so viele Dinge auf der
Welt, muss ich da wirklich noch mehr neu produzieren? Upcycling ist die
Lösung für beides.
Der Weg vom Müll zum Schönen ist vielfältig: Manchmal ist es ein
Gedankenblitz, ich sehe etwas, und zack – habe ich CD-Hüllen in kleine
Boxen oder verfilzte Pullover in Kuscheltiere verwandelt. Manchmal ist es
hingegen ein quälend langer Kreativprozess. Das Material ist zwar da, aber
es sagt mir nicht direkt, was es werden möchte. Ideen oder Anleitungen aus
dem Internet müssen ausprobiert und angepasst und neu gedacht werden. Dann
klappt es doch gar nicht so wie gedacht, vielleicht aber ganz anders. Es
braucht Lust am Rumprobieren. Und manchmal viel Geduld.
So war es auch mit den Strumpfhosen. Sie scheuern auf zwischen den Beinen
und werden löchrig an Ballen und Fersen. Klar, Laufmaschen lassen sich mit
etwas Nagellack stoppen. Aber irgendwann sind die Löcher so groß und die
Nähte halten so schlecht, dass das Teil aussortiert werden muss.
Über die Jahre sammelten sich immer mehr zerlöcherte Strumpfhosen bei mir
an. Wegwerfen wollte ich sie nicht. Es kann ja wohl nicht sein, dass sich
aus einem Material, das in solchen Mengen anfällt, kein schöner Müll
zaubern lässt! Und während meine Sammlung wuchs, konnte ich mir selbst beim
kreativen Prozess zuschauen.
Phase 1 – vom Material her gedacht: Es ist elastisch. Mit einzelnen
abgeschnittenen Strumpfhosenstreifen band ich im Sommer meine
überwuchernden Busch-Tomaten auf dem Balkon fest. Sie schneiden nicht ein
und sind für die Pflanzen deshalb besser als herkömmliche Schnur oder
Draht. Aber das braucht man nicht so oft. Und es blieb ein großer Haufen
nicht mehr tragbarer Strumpfhosen mit Löchern übrig.
Phase 2 – von der Form her gedacht: Das Material ist schlauchig. Aus
halbwegs intakten Wollstrumpfhosenbeinen lassen sich – gefüllt mit Woll-,
Stoff- und Filzresten oder anderen, kaputten Strumpfhosen – wunderbare
Zugluftstopper herstellen. Vor Türen und zwischen alten Doppelglasfenstern
sorgen sie im Winter dafür, dass man die Heizung nicht ganz so hoch stellen
muss.
Phase 3 – nochmal anders von der Form her gedacht: Aus den langen Beinen
der Strumpfhosen kann man lange Schüre herstellen. Und aus Schnüren kann
man Blumenampeln im Makramee-Stil knüpfen – ja, das ist jetzt wieder
modern, seit einiger Zeit sogar schon. Da ich Pflanzen fast so sehr wie
Handarbeiten mag, standen solche Blumenampeln schon lange auf meiner
Ausprobier-Liste. Aber ich wollte keine teuren, neu produzierten Kordeln
kaufen. Und so sind meine alten Strumpfhosen nun mein Schlüssel zum Glück:
Mit Nylon-Makramee komme ich ins Blumenampelreich.
An den Löchern und großen Laufmaschen finden die Strumpfhosen-Schnüre ihr
natürliches Ende, okay. Aber meist ist zumindest ein Bein oder die
Unterschenkelpartie noch so gut in Schuss, dass man eine Schnur in
ordentlicher Länge daraus machen kann. Natürlich lassen sich aus den
elastischen Bändern nicht genauso kunstvolle Knoten knüpfen wie aus den
eigentlich dafür verwendeten stabilen Kordeln. Für aufwendig gestaltete
Makramee-Wandbehänge eignen sie sich deshalb nicht. Aber sind die Streifen
breit genug, hält das Gebinde ein bisschen was aus – durchaus auch eine
Pflanze inklusive Topf und Erde.
Ich habe das Rätsel der Strumpfhose gelöst! Was kann ich jetzt noch
erreichen? Na ja, viel, sicherlich. Schöner Müll wird wohl eine
Lebensaufgabe bleiben, wenn nicht morgen auf einmal der Kapitalismus und
seine Neue-Dinge-produzier-Logik abgeschafft und Kreislaufwirtschaft und
sinnvolle Pfandsysteme eingeführt werden. Meine Freundinnen und Freunde
werden weiter Selbstgebasteltes, Selbstgenähtes, Selbsthergestelltes zu
diversen Anlässen bekommen – und ich werde weiter all diese Dinge gerne
wieder zurücknehmen, abändern, passender machen. Aber der öffentliche Teil,
das Schreiben darüber, der endet hier.
***
Bastelanleitung für eine Blumenampel aus Nylonstrümpfen:
1. Zuerst müssen die Strumpfhosen in etwa 1,5 Zentimeter breite Streifen
geschnitten werden. Dafür die Beine am Schritt von der Strumpfhose
abschneiden und dann quasi in Ringel schneiden – aber so, dass die Ringel
am Ende noch durch einen langen Steg verbunden sind.
2. Die Streifen werden nun von einem Steg zusammengehalten. Damit daraus
eine lange Schnur wird, wird dieser Steg schräg von einem Einschnitt zum
nächsten durchgeschnitten – beginnend vom Rand zum ersten Einschnitt, dann
vom anderen Ende des ersten Einschnitts zum zweiten Einschnitt und so
weiter. Die Schnur dann so dehnen, dass sich die Ränder einrollen.
3. Vier etwa 1,50 bis 2 Meter lange Streifen von der Schnur abschneiden, in
der Mitte falten und verknoten – so entsteht die Schlaufe, an der die
Blumenampel später aufgehängt werden kann. Von der Schlaufe sollten nun
acht 70 bis 90 Zentimeter lange Schnüre abgehen.
4. Die acht Schnüre nebeneinander vor sich hinlegen und auf einer Höhe von
10 bis 20 Zentimetern unter der Schlaufe je zwei nebeneinanderliegende
Schnüre verknoten – das ist die erste Knotenreihe. Für die zweite
Knotenreihe etwa 5 Zentimeter unterhalb der ersten Knotenreihe wieder je
zwei nebeneinanderliegende Schnüre miteinander verknoten – aber versetzt.
Also Schnur 2 wird mit Schnur 3 verknotet, Schnur 4 mit Schnur 5, Schnur 6
mit Schnur 7 und schließlich Schnur 8 mit Schnur 1. So entsteht eine Art
Netz. Für die dritte Knotenreihe noch mal etwa 5 Zentimeter unterhalb der
zweiten Knotenreihe zwei nebeneinander liegende Schnüre miteinander
verknoten – jetzt aber wieder wie bei der ersten Reihe: Schnur 1 mit Schnur
2 und so weiter.
5. Schließlich alle acht Schnüre fest miteinander verknoten. Jetzt kann
durch eines der großen Löcher ganz oben ein Blumentopf in das Gebinde
gehängt werden.
Achtung: Je nach Material der Strumpfhose dehnen sich die Schnüre
unterschiedlich stark – dann müssen die Knotenreihen dichter beieinander
oder weiter voneinander weg liegen, damit ein Blumentopf reinpasst. Deshalb
beim ersten Mal die Knoten nicht zu fest zuziehen, damit sie variabel
bleiben.
10 Jan 2022
## LINKS
[1] https://wertstoffblog.de/2016/01/12/upcycling-was-tut-sich-im-netz-wo-triff…
## AUTOREN
Christina Spitzmüller
## TAGS
Upcycling
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