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# taz.de -- Wettanbieter im Fußball-Business: Wetten, dass Geld nicht stinkt
> Bundesligist FSV Mainz 05 wirbt für einen Glücksspielanbieter ohne
> deutsche Lizenz. Warum der Deal mit der dubiosen Firma legal ist.
Bild: Immer am Ärmel: der Mainzer Marcus Ingvartsen im Werbeeinsatz für einen…
Für den [1][1. FSV Mainz 05] geht es aufwärts in der Bundesligatabelle.
Nach dem 3:0-Erfolg bei RB Leipzig hatte das Team bereits 40 Punkte, der
Klassenerhalt ist gesichert. Das feierten die 05er auf Social Media mit
einem Foto der Mittelfeldspieler Dominik Kohr und Leandro Barreiro, Arm in
Arm. Gut sichtbar: das grün-gelbe Logo von Mainz’ Ärmelsponsor fb88, einem
Glücksspielanbieter.
Seit September 2020 wirbt Mainz 05 für den Online-Buchmacher fb88 auf dem
Trikotärmel – und bei Heimspielen, wie an diesem Wochenende gegen Werder
Bremen, auch auf der Werbebande. In der Bundesliga ist das mittlerweile
üblich: [2][private Unternehmen aus der Wettbranche sponsern aktuell 17 von
18 Vereinen]. Aber der Sponsor von Mainz 05 unterscheidet sich von den
anderen Wettanbietern. Das Angebot von fb88.com ist über deutsche
Internetzugänge nicht erreichbar.
Wer die Seite fb88.com öffnet, wird auf Englisch, Vietnamesisch, Chinesisch
und Thailändisch darauf hingewiesen, dass der Zugang eingeschränkt ist. Der
Grund: fb88 hat keine Lizenz, um in Deutschland legal Glücksspiel
anzubieten. Welches Angebot Mainz 05 da bewirbt, ist von Deutschland aus
erst mal gar nicht so leicht nachzuvollziehen.
Allerdings lässt sich die Sperre umgehen. Wer die Seite über einen Umweg
ansteuert, wird von der Mannschaft des 1. FSV Mainz 05 freundlich
empfangen. Ein Teamfoto ziert die giftgrüne fb88-Website. „Der offizielle
Wettpartner für Asien“, steht darunter. Ansonsten wirkt fb88.com alles
andere als seriös – es gibt nicht mal ein Impressum. Adressen sind keine
angegeben, stattdessen sind Stockfotos von drei Gebäude mit großen
Fensterfronten zu sehen: eins in England, eins auf Malta, eins auf den
Philippinen.
Darin sollen sich die Büroräume befinden. Bei LinkedIn, einer
Onlineplattform für berufliches Netzwerken, gibt fb88 Ho-Chi-Minh-Stadt als
Hauptsitz an, die größte Stadt in Vietnam. Eine Anfrage, wo fb88 ansässig
ist, ließ der Wettanbieter bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
## Vertrauen als hohes Gut
Wie sehr fb88 darum bemüht ist, sich als sicheren Wettanbieter zu
präsentieren, ist offensichtlich. Vertrauen ist ein hohes Gut in diesem
Business. So behauptet fb88 zum Beispiel, in mehreren Ländern über
Glücksspiellizenzen zu verfügen. Dafür habe fb88 die Checks der
„relevanten“ Glücksspielbehörden bestanden. Belege dafür finden sich nic…
Bei anderen Glücksspielanbietern ist es durchaus üblich, die Lizenzen mit
Registernummer unten auf der Website aufzuführen. Bei fb88 steht dort das
Vereinslogo von Mainz 05.
Seit 2017 ist fb88 auch auf Social-Media-Plattformen aktiv, meistens auf
Vietnamesisch. Zudem betrieb die Firma einen Blog mit Nachrichten rund ums
Wetten. Viele dieser Social-Media-Kanäle und der Blog sind schon seit
einigen Jahren verwaist. Die angebotenen Wetten sind dagegen auf dem
neusten Stand. Fußball, Boxen, Cricket, E-Sports, Golf – die Auswahl ist
groß. Wer möchte, kann auch auf das Spiel zwischen Mainz 05 und Werder
Bremen setzen. Demnach ist Mainz Favorit.
Doch warum darf der Bundesligaverein überhaupt für einen solchen Anbieter
werben? Immerhin ist es laut Glücksspielstaatsvertrag seit 2021 in
Deutschland verboten, für illegale Glücksspielangebote zu werben. [3][Unter
anderem soll Spielsucht damit verhindert werden]. Deutschlandweit gehen
Studien von etwa 1,4 Millionen Süchtigen aus. Für andere Bundesligavereine
hatte das Verbot bereits Konsequenzen. Im vergangenen Jahr musste sich
Borussia Mönchengladbach wider Willen vom Wettanbieter Unibet trennen, weil
der keine Lizenz hatte.
## Geregeltes Geschäft
Für die Gesetze zur Regulierung von Glücksspielangeboten in Deutschland ist
nicht der Bund verantwortlich, sondern die Bundesländer – und die konnten
sich über Jahre nicht einigen. So lange befanden sich die Anbieter in einer
Grauzone – und auch die Werbeangebote für sie. [4][Erst mit dem
Glücksspielstaatsvertrag] gibt es eine gemeinsame Regelung, die am 1. Juli
2021 in Kraft getreten ist.
Die darin formulierten Ziele sind vielfältig: Den Schwarzmarkt will man
eindämmen, Jugendschutz gewährleisten, Betrug bekämpfen und wirksam
verhindern, dass Spieler*innen eine Sucht entwickeln. Dafür erlauben die
Bundesländer privaten Anbietern, Glücksspiel anzubieten, wenn sie sich an
Vorschriften halten. Derzeit verfügen 31 Anbieter über eine Lizenz für
Onlinewetten in Deutschland.
Aber wie ist das nun beim Mainzer Sponsor fb88, der keine Lizenz in
Deutschland hat? Auf Nachfrage erklärt die zuständige Gemeinsame
Glücksspielbehörde der Länder (GGL): Weil die Seite aus dem deutschen
Internet nicht erreichbar sei, falle fb88 nicht unter die Bestimmungen. Es
handle sich um kein „unerlaubtes Glücksspielangebot innerhalb
Deutschlands“.
Markus Sotirianos, Sprecher des Bündnisses gegen Sportwettenwerbung, hat
dafür kein Verständnis: „Sollte diese Auslegung Bestand haben, wäre das ein
weiteres Beispiel für die Absurdität der Regelungen und die Kreativität im
Finden rechtlicher Schlupflöcher“, findet er.
## Stabile Partnerschaft
Fragen der taz ließ Mainz 05 bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet. Kein
Wunder also, dass der Bundesligist bei der jüngsten Vertragsverlängerung
mit fb88 im Juli 2022 einmal mehr betont hat: „Der Wettanbieter zielt
allein auf den asiatischen Markt.“ Die Partnerschaft läuft gut. Sie
scheint sich auch für fb88 zu lohnen. Drei Saisons lang der Ärmelsponsor
eines Bundesligisten zu sein, dürfte Hunderttausende von Euro kosten.
Dabei ist auch in Asien Glücksspiel nicht überall erlaubt. In China etwa
ist es verboten. Für die taz hat China-Korrespondent Fabian Kretschmer
versucht, fb88.com im chinesischen Internet zu öffnen – und ist auf einer
vietnamesischsprachigen Seite gelandet.
In anderen europäischen Ligen ist die Trikotwerbung für Wettanbieter aus
Asien verbreiteter als in Deutschland. Auf den Shirts der englischen
Premier League stehen: w88, dafabet oder fun88 groß auf der Brust
verschiedener Vereine. Abseits der Trikots sind Wettanbieter aus Asien noch
auf anderen Werbeplätzen präsent.
Auch der erfolgreichste Fußballclub der Welt, Real Madrid, hat
Sponsoringverträge mit Wettanbietern aus Asien, über die kaum etwas bekannt
ist. Sie investieren Millionenbeträge in den europäischen Fußball – und der
verleiht ihren Angeboten Seriosität, [5][ähnlich dem Sportswashing bei der
Fußball-WM in Katar].
Dass die Anbieter oft die Ziffer 8 in ihren Namen integrieren, ist kein
Zufall. Auch wenn gerade bei Mainz 05 die 88 auf den Ärmeln so manchen
Linken skeptisch an Nazi-Codes denken lassen dürfte, die Erklärung ist
harmlos: auf Chinesisch klingt „8“ etwa so ähnlich wie „viel Geld machen…
Das kommt gut an. Auch im europäischen Fußball.
Hinweis: In einer früheren Version des Artikels stand, 16 von 18
Bundesligisten würden von privaten Wettunternehmen gesponsert. Das trifft
nicht zu. Nur der SC Freiburg hat aktuell keinen Werbepartner aus der
privaten Wettbranche. Wir haben die entsprechende Stelle angepasst.
7 Apr 2023
## LINKS
[1] /Fussball-Grossklubs-in-Rheinland-Pfalz/!5753264
[2] /Wettanbieter-im-Fussball/!5745881
[3] /Sportwetten-in-Berlin/!5630821
[4] /Neuer-Staatsvertrag-zu-Gluecksspielen/!5667650
[5] /Sportswashing-beim-Fussball/!5910367
## AUTOREN
David Muschenich
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