# taz.de -- Netanjahus Verzögerung der Justizreform: Machtvolle Zivilgesellsch… | |
> Nach Massenprotesten hat Israels Ministerpräsident Netanjahu seine | |
> geplante Justizreform verschoben. Das zeigt, dass die Demokratie noch | |
> funktioniert. | |
Bild: Demonstration gegen die Pläne der Regierung von Premierminister Netanjah… | |
Ausgerechnet Israel zeigt der Welt, wie Demokratie funktioniert. Seit | |
Wochen warnen die KritikerInnen vor einer Schwächung der Justiz, einer | |
Staatskrise, vor dem Ende der Gewaltenteilung und dem Ende der Demokratie. | |
Massenproteste, Streiks und nicht zuletzt demonstratives Unbehagen der | |
westlichen Verbündeten zwingen die Regierung zur Kapitulation. | |
Zwar ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, [1][von lediglich einer | |
Verzögerungstaktik ist die Rede.] Und doch zeigt sich schon heute, dass | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu und seine in Teilen rechtsextremen | |
Koalitionspartner, wie sich der Wortlaut in deutschen Medien ganz recht | |
zunehmend durchsetzt, mit ihren für Israels Demokratie fatalen Plänen nicht | |
durchkommen werden. Nicht ob, sondern nur noch wann, ist die Frage, wird | |
Netanjahu, dem Engvertraute und kritische Beobachter eine rasant | |
schwindende Zurechnungsfähigkeit nachsagen, die weiße Flagge hissen. | |
Besonders bitter für ihn ist es, auf internationaler Bühne so heftig | |
gescholten zu werden. Netanjahu fängt sich heftigste Rügen ein. Sogar in | |
Washington will ihn aktuell niemand in Empfang nehmen. Das Gegenteil war | |
vermutlich sein Plan, als er Mitte März die Reise nach Berlin antrat. Ihm | |
dort den Besuch komplett auszuschlagen, ging nicht. | |
Innenpolitisch brachte der [2][Rausschmiss von Verteidigungsminister Joav | |
Gallant], der aus Sorge um Israels Sicherheit dazu aufrief, von der | |
geplanten Justizreform abzulassen, das Fass zum Überlaufen. Für Netanjahu | |
war dieser „Verrat“ Grund genug, ihn umgehend zu entlassen. In der | |
Bevölkerung kam das nicht gut an. Mit dem Rausschmiss des konservativen | |
Verteidigungsministers wuchs der Kreis der Unwilligen dramatisch an. Dem | |
Likud, der Partei Netanjahus, bricht die Basis weg. Die Hoffnung richtet | |
sich jetzt auf die PolitikerInnen, die im Auftrag des Likud in der Knesset, | |
dem Parlament Israels, sitzen. Wie lange noch werden sie ihrem Chef die | |
Treue halten? | |
## Große Mehrheit, die nicht auf Demokratie verzichten wollen | |
Der Generalstreik, auch am Ben-Gurion-Flughafen, steht für die [3][große | |
Mehrheit der israelischen BürgerInnen, die nicht gewillt sind, auf | |
Demokratie zu verzichten]. Und sie zeigt, welche Macht die | |
Zivilgesellschaft hat. „Dies ist nicht Iran“, heißt es auf Protestschildern | |
in Tel Aviv und Jerusalem. | |
Die GegnerInnen der Justizreformen lassen die blau-weißen Flaggen wehen. Es | |
sind PatriotInnen, die sich in weiten Teilen mit der Besatzung längst | |
abgefunden haben, sie möglicherweise gar begrüßen. Und das obschon die | |
Besatzung zentraler Grund für die aktuelle Krise ist. Sie mögen | |
BesatzerInnen sein und bleiben doch der Demokratie treu. Widersprüchlich? | |
Vielleicht. Politische Haltungen sind eben nicht immer logisch. | |
31 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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