Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Iranischer Ex-Kronprinz besucht Israel: Ein Iraner im heiligen Land
> Israel hat den Sohn des gestürzten Schahs empfangen. Der kann sich mit
> dem inszenierten Staatsbesuch genauso schmücken wie die
> Netanjahu-Regierung.
Bild: Im Pahlavi-Fieber: Ministerin Gila Gamliel mit dem Sohn, letzte Woche in …
Berlin taz | Es war ein Besuch der besonderen Art. Natürlich kam der Iraner
Reza Pahlavi, einst Kronprinz des Landes, nicht zum Staatsbesuch nach
Israel. Eine offizielles Amt bekleidet der Sohn des 1979 geschassten Schahs
von Persien ja nicht. Dennoch wurde Pahlavi auf seiner mehrtägigen Reise
durch Israel, die am Wochenende zu Ende ging, sowohl von Präsident Herzog
als auch von Regierungschef Netanjahu und anderen Regierungsmitgliedern
empfangen.
Vor dem Hintergrund, dass das antisemitische Regime in Teheran Israel mit
Vernichtung droht und beide Länder einen Schattenkrieg führen, wäre der
Besuch eine grandiose Schau der Verständigung zweier Erzfeinde gewesen –
wäre Pahlavi denn als Vertreter Irans gekommen. Aber auch so waren die
Bilder des Iraners bemerkenswert, wie er an der Klagemauer betete oder die
Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchte.
„Antisemitismus“, [1][tweetete] der Monarchensohn, „ist nicht nur ein
jüdisches Problem. Es ist ein Problem für die ganze Menschheit.“ Explizit
verurteilte Pahlavi die Leugnung des Holocausts durch die Islamische
Republik sowie „den völkermörderischen Judenhass“. Er verpflichte sich,
schob er hinterher, dass er eine solch skrupellose Gräueltat nie wieder
zuzulassen werde.
## Schlag ins Gesicht
Das war eine interessante Wortwahl, klingt es doch, als würde Pahlavi in
Iran bald die Geschicke des Landes führen. Dabei lebt der 62-Jährige seit
Jahrzehnten in den USA. Er will zwar das iranische Regime durch eine
Demokratie ersetzen, hat sich aber dafür ausgesprochen, dass die
Iraner*innen selbst über die Staatsform entscheiden. Gleichzeitig ist es
kein Geheimnis, dass ein Teil der iranischen Opposition eine
Wiedereinführung der Monarchie mit Pahlavi an der Spitze anstrebt.
Doch die Monarchist*innen sind nur ein Teil der Opposition in Iran, wo
die gesellschaftspolitischen Vorstellungen des Regimes mit den Interessen
weiter Teile der Bevölkerung mittlerweile so weit auseinanderklaffen, dass
viele die Lösung nur noch in einem Regimewechsel sehen. Seit Monaten
protestieren deshalb im In- und Ausland Regimegegner*innen
unterschiedlichster Couleur für ein Ende des Regimes.
Vor dem Hintergrund der Heterogenität der iranischen Opposition war es ein
durchaus riskanter Zug Pahlavis, sich in Israel als Staatsgast zu
inszenieren. Einerseits stärkt der Besuch sein Image als potentielle
Führungsperson der Auslandsopposition. Schon im Februar hatte er eine
Einladung zur Münchner Sicherheitskonferenz angenommen, zu der sonst immer
Vertreter des Regimes geladen waren.
Andererseits hat sich Pahlavi mit dem Israelbesuch angreifbar gemacht,
beteuert er doch, selbst nicht notwendigerweise eine politische Rolle
übernehmen zu wollen, sollten die Mullahs in seiner Heimat tatsächlich
stürzen. Für viele progressive Gegner*innen der Islamischen Republik,
die auch eine Wiedereinführung der Monarchie ablehnen, ist die Israelreise
daher durchaus als Schlag ins Gesicht zu verstehen.
## Ministerin im Pahlavi-Fieber
Tatsächlich [2][verkündete] der Aktivist Hamed Esmaeilion am Freitag, sich
aus der Allianz für Freiheit und Demokratie zurückzuziehen, der auch
Pahlavi angehört. Sie war erst kürzlich als Koalition der
Auslandsopposition gegründet worden, um die Protestbewegung innerhalb Irans
zu stärken. Zwar betonte Esmaeilion, dass er sich nicht wegen des
Israelbesuchs zurückziehe, er [3][nannte] aber Meinungsunterschiede mit
Pahlavi innerhalb der Allianz als Grund.
Auch dass Pahlavi sich ausgerechnet von der rechtesten Regierung empfangen
ließ, die Israel je hatte, lässt aufhorchen. Seit Monaten gehen in Israel
Hunderttausende auf die Straße, weil sie besorgt sind, dass die
rechtsreligiöse Regierung Rechtsstaat und Demokratie gefährdet. Solidarität
mit Israels Protestbewegung aber zeigte der Ex-Kronprinz nicht.
So konnte die Regierung den Besuch ihrerseits ausschlachten, sich mit dem
hohen Gast und mit Friedensbemühungen mit dem Erzfeind schmücken.
Geheimdienstministerin [4][Gila Gamliel hörte gar nicht mehr auf, Fotos und
Videos von sich und Pahlavi zu verbreiten], und sprach denn auch konsequent
nur vom iranischen Kronprinzen – ohne das Wort „ehemalig“.
24 Apr 2023
## LINKS
[1] https://twitter.com/PahlaviReza/status/1648564780863504386?s=20
[2] https://twitter.com/esmaeilion/status/1649513329969229827
[3] https://www.iranintl.com/en/202304233856
[4] https://twitter.com/search?q=%40PahlaviReza%20(from%3AGilaGamliel)&src=…
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
Proteste in Iran
Schwerpunkt Iran
Benjamin Netanjahu
Israel
Proteste in Iran
Proteste in Iran
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Proteste in Iran
Israel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Todesurteil für Deutschen in Iran: Baerbock in der Kritik
In Iran steht die Hinrichtung eines Deutschiraners bevor. Seine Tochter
wirft der Bundesregierung Untätigkeit vor. Auch aus der Opposition kommt
Unmut.
Europarat in Straßburg: Iran-Beauftragter will Zeitenwende
Der Europarat hat einen Berichterstatter für Iran ernannt. Der
Grünenpolitiker Max Lucks will den Finger in die Wunde europäischer
Iranpolitik legen.
75 Jahre Israel: Mit offenen Grenzen
Palästinenser und Israelis, die die Hoffnung auf Frieden nicht aufgeben,
formulierten gemeinsam einen neuen Plan: die Konföderation im Heiligen
Land.
Gedenktag in Israel: Zoff um Gedenken an Gefallene
In Israel ist ein Streit über die Teilnahme von Politiker*innen am
Gedenktag für Gefallene entbrannt. Am Dienstag kam es zu Rangeleien und
Protest.
Todesstrafe in Iran: Zahl der Hinrichtungen stark gestiegen
Im Protestjahr 2022 hat das Regime 582 Todesurteile vollstreckt. Teheran
treibe Hinrichtungen voran, um einzuschüchtern, sagt die NGO Iran Human
Rights.
Netanjahus Verzögerung der Justizreform: Machtvolle Zivilgesellschaft
Nach Massenprotesten hat Israels Ministerpräsident Netanjahu seine geplante
Justizreform verschoben. Das zeigt, dass die Demokratie noch funktioniert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.