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# taz.de -- Haushaltsstreit und Klimapolitik: Hat Lindner etwa recht?
> Was FDP-Finanzminister Christian Lindner sagt, stimmt: Er muss wirklich
> einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen – daran zweifelt niemand
> mehr.
Bild: Na, steigt ihr Blutdruck schon?
Achtung, Triggerwarnung: Die folgende Aussage kann Ihren Blutdruck
hochtreiben und Sie ideologisch verunsichern. Wer noch grün hinter oder vor
den Ohren ist, könnte traumatisiert werden. Meine Aussage lautet:
Christian Lindner hat recht.
Denn vor ein paar Tagen [1][hat Lindner sich geweigert, einen Entwurf für
den Bundeshaushalt 2024 vorzulegen]. Arbeitsverweigerung? Nein,
Pflichtgefühl: Weil er mit „einzelnen Ressorts nicht einig“ sei, könne er
keine Planung vorlegen. Man müsse über die „finanziellen Realitäten“
sprechen. Die „Vorstellungen der Ressorts müssen insgesamt noch einmal
gründlich nach unten korrigiert werden“, er werde „auf jeden Fall die
Schuldenbremse einhalten“ und einen „verfassungskonformen Haushalt
vorlegen“. Schließlich gebe es eine „klar definierte Obergrenze“ und man
müsse jetzt eben endlich mal „mit den vorhandenen Mitteln auskommen“.
Lindner hat recht: Wie soll diese Bundesregierung die Zukunft planen, wenn
die einzelnen Ressorts sich über zentrale Fragen nicht einig sind? Wenn
nicht klar ist, ob der Verkehrsminister das (Klimaschutz-)Gesetz erfüllt
oder ob die Ampelkoalition ihr „zentrales Anliegen“, den Schutz der
natürlichen Lebensgrundlagen, umsetzen will?
Lindner hat recht: Ihn bindet die Schuldenbremse. Unsere Kreditaufnahme bei
der Natur und unseren Kindern ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Die
Hypotheken, die wir täglich durch aussterbende Arten, zu hohen CO2-Ausstoß,
zu viel Plastikmüll, der Versiegelung wichtiger Naturgebiete und zu viel
Gülle im Grundwasser aufnehmen, bedrohen uns und unsere Zukunft.
Lindner hat recht: Wir müssen „die finanziellen Realitäten anerkennen“:
Jedes weitere Zögern bei Arten- und Klimaschutz kostet uns bares Geld:
Entweder durch teure CO2-Lizenzen auf EU-Ebene im „Effort Sharing“ oder
schlicht durch Klimaschäden: 280 bis 900 Milliarden Euro bis 2050 in
Deutschland. Da kann ein Finanzminister schon mal weiche Knie bekommen.
Linder hat recht: Alle Ressorts müssen ihre Vorstellungen beim CO2-Ausstoß
noch einmal gründlich nach unten korrigieren. Vor allem Verkehr,
Wirtschaft, Bauen, Agrar.
Lindner hat recht: Er muss einen verfassungsmäßigen Haushalt vorlegen.
Nämlich einen, der das Klimaschutzgesetz achtet und den Koalitionsvertrag
umsetzt. Eine Planung, die sich an dem grundlegenden Klima-Urteil des
Bundesverfassungsgerichts orientiert, das JETZT viel mehr Anstrengung für
viel weniger CO2 fordert.
Linder hat recht: Es gibt eine „klar definierte Obergrenze“: Das deutsche
CO2-Budget, das in ein paar Jahren erschöpft ist.
Und er hat schon wieder recht, wenn er einfordert, dass wir jetzt alle mal
„mit den vorhandenen Mitteln auskommen“ müssen. Sparsamkeit, Genügsamkeit
und Selbstbeschränkung als Tugenden der Liberalen: Mit den planetaren
Grenzen auszukommen, mit dem nationalen CO2-Budget, mit dem erreichten
Wohlstand, eine Absage ans „Immer mehr und immer größer“.
Lindner weiß gar nicht, WIE recht er hat. Völlig unverständlich, dass seine
FDP derzeit in Umfragen so schlecht dasteht. Wenn er so weitermacht, treibt
er mich zum Äußersten: Meine Stimme für die FDP!
Ich hatte Sie gewarnt.
21 Mar 2023
## LINKS
[1] /Ampel-verschiebt-Haushalts-Eckpunkte/!5921115
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Christian Lindner
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