# taz.de -- Sorgen wegen der Bankenkrise: Ist unser Erspartes in Gefahr? | |
> Glücklich, wer genug Geld hat, um etwas davon zur Seite zu legen. Nur: Wo | |
> sind die Moneten noch sicher, nun, da Banken ins Trudeln geraten sind? | |
Bild: Zur Zeit ein beliebtes Fotomotiv: Das Bankgebäude der gestrauchelten Cre… | |
Muss man sich Sorgen um hiesige Bankkonten machen? | |
Eher nicht. Die europäische Einlagensicherung, die auch in Deutschland | |
gilt, garantiert laut Bundesbank Schutz für bis zu 100.000 Euro „je | |
Einleger und je Bank“. In Einzelfällen reicht die Garantie bis zu 500.000 | |
Euro. Die meisten privaten Institute „wirken zudem in der freiwilligen | |
Einlagensicherung“ mit, sagt Hilmar Zettler vom Bundesverband deutscher | |
Banken. Diese „schützt private Sparer bis zu einer Höhe von mindestens | |
750.000 Euro“. Die Sparkassen und Volksbanken haben ähnliche zusätzliche | |
Systeme. Kann eine einzelne Bank nicht mehr zahlen, erhalten die | |
Kund:innen ihre Guthaben aus gemeinsamen Sicherungsfonds der Institute | |
erstattet. | |
Was, wenn viele Institute zugleich Probleme bekommen? | |
Falls zu befürchten ist, dass die Schäden die Zahlungsfähigkeit der | |
Sicherungsfonds übersteigen, springt erfahrungsgemäß der Staat ein. Für | |
diesen Fall kann man davon ausgehen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) | |
und Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor die Kameras träten und eine | |
Staatsgarantie für die Guthaben erklären würden – so wie es Angela Merkel | |
und Peer Steinbrück 2008 taten. Ein reicher Staat wie Deutschland ist | |
grundsätzlich in der Lage, sehr große Summen zu mobilisieren. Dieses | |
Versprechen dient dazu, Panik unter Investoren und Privatanlegern zu | |
vermeiden, was in der der Regel auch klappt. 2008, bei der Lehman-Krise, | |
hat es jedenfalls funktioniert. | |
Und was kann oder sollte ich persönlich am besten tun? | |
„Bei Guthaben über 100.000 Euro ist es sinnvoll, das Geld auf mehrere | |
Banken zu verteilen“, sagt die Ökonomin Dorothea Schäfer vom Deutschen | |
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und ergänzt: „Diese Regel sollte | |
man jedoch immer beherzigen, nicht nur jetzt.“ Auf diese Art lassen sich | |
höhere Beträge absichern, weil jedes Institut jeweils 100.00 Euro | |
gewährleistet. Wer Geld bei ausländischen Banken liegen hat, sollte sich | |
genau ansehen, welche Garantien in diesen Fällen gelten. „Die Stiftung | |
Warentest bietet auf ihrer Homepage ein Tool, um herauszufinden, welche | |
Sicherungssysteme für welche Bank zuständig sind und wie hoch die maximale | |
Entschädigungssumme ist“, sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale | |
Nordrhein-Westfalen. | |
Ist es jetzt sinnvoll, größere Geldsummen abzuheben? | |
Wer dies erwägt, muss sich überlegen: Wohin damit? Aus dem Kleiderschrank | |
zu Hause können die Notenbündel geklaut werden. Bei einer anderen Bank ist | |
das Geld wahrscheinlich nicht sicherer als bei der jetzigen. Der Goldpreis | |
schwankt stark, vor deutlichem Wertverlust ist man da auch nicht gefeit. | |
Deutsche Staatsanleihen sind zwar sehr sicher, doch ihr Kurs kann unter den | |
Nennwert sinken, und braucht man das Geld kurzfristig, verkauft man die | |
Anleihen vielleicht mit Verlust. Auch bei Aktien sind Werteinbußen immer | |
einzukalkulieren. So erscheint es fraglich, ob Geldabheben nun eine gute | |
Idee ist. | |
Was ist denn eigentlich in den USA passiert – und was in der Schweiz? | |
Bis Anfang März zogen Kund:innen der Silicon Valley Bank (SVB) im | |
US-Bundesstaat Kalifornien große Beträge von ihren Konten ab – aus | |
unterschiedlichen Gründen. Manche erhofften sich anderswo höhere Zinsen, | |
andere brauchten Geld für ihre Start-up-Firmen. Weil die SVB erhebliche | |
Beträge in langlaufenden, niedrigverzinsten Staatsanleihen angelegt hatte, | |
musste sie einige davon verkaufen, um die Kunden zu bedienen. Bei der | |
Veräußerung machte die Bank Verluste, da der Marktwert der Anleihen gerade | |
unter ihrem Buchwert lag. Als Anleger und Kund:innen davon erfuhren, | |
bekamen sie Angst und räumten ihre SVB-Konten in größerem Stil. [1][Das | |
Institut wurde zahlungsunfähig und von der US-Bankenaufsicht geschlossen.] | |
US-Präsident Joe Biden versprach, dass die Einlagen gesichert seien – nicht | |
nur bei der SVB, sondern auch bei weiteren schwankenden Geldhäusern. | |
Unterdessen hatte die zweitgrößte Schweizer Bank Credit Suisse schon lange | |
Probleme mit ihrem Geschäftsmodell. Im Zuge der US-Turbulenzen sank ihr | |
Aktienkurs so dramatisch, dass das Management [2][Hilfe vom Staat] erbat. | |
Schließlich übernahm die größere schweizerische Bank UBS die notleidende | |
Konkurrentin, um deren Zusammenbruch zu verhindern. | |
Wie stabil sind die deutschen Banken überhaupt? | |
„Aktuelle Sorgen mache ich mir nicht“, sagt DIW-Ökonomin Schäfer, „das | |
deutsche Bankensystem ist stabil.“ Zuvor hatten bereits Bundeskanzler Olaf | |
Scholz (SPD), die staatliche Finanzaufsicht Bafin [3][und die | |
Wirtschaftsweisen] dasselbe erklärt. Tatsächlich sitzen die hiesigen | |
Geldhäuser heute nicht auf großen Mengen fauler Kredite, wie es noch bei | |
der Finanzkrise 2007 und 2008 der Fall war. Auch die staatliche Aufsicht | |
ist besser geworden. „Für Kundinnen und Kunden besteht kein | |
Handlungsbedarf“, erklärt aktuell der Verband der Volks- und | |
Raiffeisenbanken. | |
Wobei man davon ausgehen kann, dass die hiesigen Institute ebenfalls viele | |
langlaufende und niedrigverzinste Staatsanleihen in ihren Büchern haben, | |
deren Marktwert derzeit unter dem Nennwert liegt. Die Sparkassen zum | |
Beispiel schrieben dafür im vergangenen Jahr 7,8 Milliarden Euro ab, die | |
Volksbanken 5,8 Milliarden. Das sind vergleichsweise ungefährliche Beträge. | |
Allerdings: Die gesamte Belastung im deutschen Finanzsektor ist nicht | |
öffentlich. Woher die derzeitige Nervosität – die Angst vor der Angst – im | |
Finanzsektor kommt, erklärt Schäfer so: Würden viele Kund:innen | |
gleichzeitig ihr Geld abziehen, „kann das die Institute zur Realisierung | |
von Verlusten zwingen. Dann erst wird aus einem Risiko eine reale Gefahr.“ | |
Was kann die Politik, was könnte die EZB tun? | |
Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) haben ihre | |
[4][Leitzinsen zuletzt schnell und stark erhöht], um die Inflation zu | |
bekämpfen – und haben damit zu den Problemen beigetragen, unter denen die | |
Banken jetzt ächzen. Neue Staatsanleihen sind beliebter, weil sie höhere | |
Zinsen bieten. Wegen der im Vergleich dazu niedrigeren Zinsen verlieren die | |
alten Papiere zwischendurch aber an Wert. Diesen Effekt könnten die | |
Zentralbanken etwas mildern, indem sie ihre nächsten Zinsschritte kleiner | |
ausfallen lassen. Das würde allerdings die antiinflationäre Wirkung der | |
Geldpolitik wieder einschränken. | |
Fachleute wie die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier schlagen vor, dass die | |
EZB gezielte Stresstests bei den Banken durchführen solle, um deren | |
Anfälligkeit für das Zinsproblem besser einschätzen zu können. Für die | |
Zukunft mag auch helfen, dass die EU-Kommission und nationale Regierungen | |
die Institute zu höheren Kapitalreserven für den Notfall verpflichten. | |
„Das Eigenkapitalpolster im Verhältnis zur Bilanz sollte 5 Prozent | |
betragen, nicht nur 3 Prozent, wie heute vorgeschrieben“, sagt | |
DIW-Expertin Schäfer. | |
24 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /US-Banken-in-Schieflage/!5918725 | |
[2] /Bankenrettung-in-der-Schweiz/!5920058 | |
[3] /Stabile-Finanzmaerkte/!5920353 | |
[4] /Angst-vor-Inflation/!5922435 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
## TAGS | |
Wirtschaftsweisen | |
Banken | |
Finanzmarkt | |
wochentaz | |
Bankenkrise | |
Deutsche Bank | |
Inflation | |
Bankenkrise | |
Wirtschaftsweisen | |
Credit Suisse | |
Credit Suisse | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Finanzaufsicht reagiert auf IT-Probleme: Deutsche Bank bekommt Aufpasser | |
Die Finanzaufsicht BaFin verpasst der Deutschen Bank einen | |
Sonderbeauftragten. Er soll die IT-Probeme bei der Tochter Postbank | |
überwachen. | |
First Republic Bank in den USA: JPMorgan Chase übernimmt Pleitebank | |
Die mittelgroße First Republic Bank ist in den Krisensog von Silicon Valley | |
Bank und Signature Bank geraten. Jetzt gibt es einen rettenden Käufer. | |
Adam Tooze über den Banken-Crash: „Gleichzeitig lebendig und tot“ | |
Die Bankenpolitik steckt im permanenten Krisenmanagement, sagt Ökonom Adam | |
Tooze. Doch eine labile Wirtschaft sei nicht zwangsläufig krisenhaft. | |
Stabile Finanzmärkte: Wirtschaftsweise sind optimistisch | |
Der Sachverständigenrat sieht die Finanzmärkte trotz Turbulenzen nicht in | |
Gefahr. Die Wirtschaft soll wachsen, während die Bankenkrise weiter | |
köchelt. | |
Ende der Bank Credit Suisse: Verkommener Bankensektor | |
Eine neue Finanzkrise droht wohl nicht. Dennoch zeigt der Fall der Credit | |
Suisse ein Grundsatzproblem: die grenzenlose Gier der Bankmanager. | |
Ökonom Fratzscher zu Bankenkrisen: „Es ist nicht so besorgniserregend“ | |
Bankenpleiten in den USA, Rettung einer Credit Suisse: Marcel Fratzscher, | |
Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, erklärt die Lage. |