# taz.de -- Nachtzug Wien-Hamburg: In der Holzklasse | |
> Günstiges Ticket, gesparte Zeit und besserer Fußabdruck. Das macht das | |
> volle Abteil im Nightjet Wien–Hamburg und das Schlafen im Sitzen wieder | |
> gut. | |
Bild: Kann auch Nachtzug: Die Österreichische Bundesbahn | |
Jede Nacht der Woche befährt [1][die Österreichische Bundesbahn (ÖBB)] die | |
Strecke von Wien nach Hamburg über u. a. Nürnberg und Hannover. Tagsüber | |
dauert die Reise etwa neun Stunden mit Umsteigen; bei Nacht zwölfeinhalb | |
ganz ohne Umsteigen. Steigt man abends um 20:11 Uhr in der Stadt an der | |
Donau in den blauen Nightjet ein, erreicht man morgens um kurz vor neun die | |
Stadt an der Elbe. Ausgestattet sind die Waggons mit 6er-Sitzplatzabteilen, | |
Liegewägen mit vier oder sechs Liegen und Schlafwägen mit ein bis drei | |
Betten. Auch Damenabteile gibt es. Beim Liege- und Schlafwagen ist | |
Frühstück inbegriffen. Bucht man rechtzeitig, gibt es Tickets bereits ab 30 | |
Euro für einen Platz im Sitzabteil. | |
Wir haben zwei Sessel im Sitzabteil. Die Holzklasse ist gut gepolstert: Die | |
blauen, breiten Ohrensessel sind kein Himmelbett, aber bequemer als jeder | |
ICE-Sitz, und lassen sich nach hinten kippen. Kennt man die Person | |
gegenüber bzw. ist der gegenüberliegende Sessel frei, können die beiden | |
Sessel in Liegeposition gebracht werden und berühren sich dann in der | |
Mitte. | |
Die Reservierungen sind altmodisch noch mit Papierzetteln am Abteil | |
angesteckt. Als es so scheint, als blieben manche Abteile leer, beginnt | |
eine Reise nach Jerusalem: Alle versuchen sich auf die noch leeren Abteile | |
zu verteilen. Bald kommen jedoch die eigentlich Reisenden doch noch zu | |
ihren Abteilen. Die Reise durch die Gänge geht zurück ins Ausgangsabteil. | |
In unserem Abteil sitzen wir zu fünft. Mit Ausstrecken auf die andere | |
Sitzseite wird es also nichts. Auch der Stauraum über den Sitzen ist zu | |
klein, wenn alle Reisenden mehr als Handgepäck dabeihaben. Zum Glück kann | |
auf den sechsten Sitz ein Rucksack gestellt werden. Die Schaffnerin findet, | |
die Fahrgäste hätten zu große und zu viele Gepäckstücke dabei. Sie hat alle | |
Hände voll zu tun: Kontrolliert Fahrscheine, beruhigt einen aufgebrachten | |
Gast, der seinen Koffer nicht unterbekommt, dirigiert ihn an einen anderen | |
Platz und findet eine Lösung für das Gepäck. Zudem schenkt sie Tee mit | |
Zitrone und Milch sowie Kaffee aus. | |
## Angenehme Arbeitsatmosphäre | |
[2][Wiener Kaffeehaus-Stimmung] kommt dadurch zwar nicht auf, dafür | |
herrscht eine angenehme Arbeitsatmosphäre in unserem Abteil. Drei Laptops | |
sind aufgeklappt. Eine ältere Dame liest auf ihrem E-Reader, ein Mann ein | |
Buch. Immer wieder knistert und raschelt es: Da gönnt sich einer einen | |
Mitternachtssnack, da lutscht eine ein Bonbon, da findet eine ihr Ladekabel | |
nicht, da packt einer Chips aus. Die Luft im Abteil ist ein wenig | |
abgestanden und ein bisschen zu warm. Zwischendurch kommt der Geruch von | |
heißen Kupplungen dazu. | |
Das Licht im Abteil lässt sich dimmen, sodass die einen arbeiten, die | |
anderen schon schlafen können, bevor es ganz ausgeknipst wird. Die Nacht | |
ist angenehm ruhig, der Zug wackelt und ruckelt selten, es gibt keine | |
Durchsagen. Die Toiletten befinden sich im Gang. Alle funktionstüchtig und | |
begehbar. Morgens fühlt man sich ein bisschen zerknittert. Die Sonne geht | |
auf. Die selbe Schaffnerin läuft wieder durch die Gänge. Der neue Tag kann | |
mit dampfendem Kaffee starten. Erstaunlich gut ausgeschlafen kommen wir im | |
Norden Deutschlands an. | |
[3][Die Fahrt mit dem Nachtzug] gibt das Gefühl, weit gereist zu sein. | |
Gleichzeitig ist man einfach durch die Nacht geflogen und hat sich einen | |
Reisetag gespart. Und das alles mit einem kleineren CO2-Fußabdruck, rechnet | |
die ÖBB auf dem Bahnticket vor: So soll pro Person 226,7 Kilogramm CO2 | |
gespart worden sein im Vergleich zur Reise mit dem PKW. | |
8 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Mareike Andert | |
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